+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Paparazzo Z fotografiert heimlich Prinzessin C beim Einkauf auf dem Wochenmarkt mit ihren Kindern. Er lässt diese Fotos ohne Einwilligung der C in einem Magazin abdrucken. C wehrt sich hiergegen vor Gericht.

Einordnung des Falls

Caroline von Monaco II

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 9 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Z beruft sich vor Gericht auf §§ 22, 23 KUG. Das Gericht hat im Rahmen der Auslegung und Anwendung dieser Vorschriften die Grundrechte von C und Z zu beachten.

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Ja, in der Tat!

Die Grundrechte sind nicht nur Abwehrrechte gegen den Staat, sondern sind Ausdruck der objektiven Werteordnung des GG. Nach der Theorie der mittelbaren Drittwirkung sind daher auch zwischen Privaten zu berücksichtigen. Insbesondere bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe hat eine Abwägung der betroffenen Grundrechte stattzufinden. §§ 22, 23 KUG enthalten unbestimmte Rechtsbegriffe. Bei der Anwendung der Vorschriften können unterschiedliche Grundrechtsbeeinträchtigungen stattfinden. Die Grundrechte der betroffenen C und Z sind deshalb bei Auslegung und Anwendung von §§ 22, 23 KUG von dem Gericht zu berücksichtigen und abzuwägen.

2. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährt der C Einflussmöglichkeiten bezüglich der Veröffentlichung von Darstellungen über ihre eigene Person.

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Ja!

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG enthält ein Recht am eigenen Bild. Dies gewährleistet dem Einzelnen Einflussmöglichkeiten, soweit es um die Anfertigung und Verwendung von Darstellungen seiner Person durch andere geht. Als natürliche Person kann sich C auf ihr Recht am eigenen Bild aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG berufen. Diese gewährt ihr Einflussmöglichkeiten bezüglich der Veröffentlichung von Darstellungen über ihre eigene Person.

3. Aufgrund ihrer Berühmtheit gilt das Recht am eigenen Bild für C nur abgeschwächt.

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Nein, das ist nicht der Fall!

Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gilt zunächst unabhängig davon, ob der Grundrechtsträger eine Person des öffentlichen Lebens ist. Besteht ein besonderes öffentliches Interesse an einer Person, kann dies aber gegebenenfalls einen Eingriff in das Recht am eigenen Bild - z.B. im Hinblick auf die Pressefreiheit - rechtfertigen. Ihre Berühmtheit macht C zwar zu einer Person des öffentlichen Lebens, an der ein erhöhtes öffentliches Interesse besteht. Dies ändert aber nichts daran, dass auch C den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) genießt. Cs Recht am eigenen Bild gilt somit nicht abgeschwächt, nur weil sie berühmt ist.

4. Z behauptet, C habe als Person der Zeitgeschichte gem. § 23 KUG Veröffentlichungen von Darstellungen ihrer Person zu dulden. Das Gericht hat bei der Auslegung der Vorschrift die Pressefreiheit des Z zu beachten.

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Ja, in der Tat!

Das Gericht muss die Pressefreiheit des Z nur beachten, wenn sie auch die Veröffentlichungen des Z über C erfasst. Die Pressefreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG dient der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung. Von dieser meinungsbildenden Funktion kann die unterhaltende Berichterstattung über prominente Personen nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Sie ist deshalb auch vom Schutzbereich der Pressefreiheit umfasst. Bei den Veröffentlichungen des Z über C handelt es sich um unterhaltende Berichterstattung über eine Prominente. Diese ist somit von der Pressefreiheit erfasst und damit auch von Gericht zu beachten.

5. C hält entgegen, dass sie wegen Betroffenheit ihrer Privatsphäre ein "berechtigtes Interesse" gem. § 23 II KUG gegen die Veröffentlichungen hat. Cs Recht auf Privatsphäre schützt sie (teilweise) vor der Anfertigung von Darstellungen über ihre eigene Person.

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Ja!

Das Recht auf Privatsphäre ist ein Gewährleistungsgehalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gem. Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG. Es schützt bestimmte Lebensbereiche des Einzelnen grundsätzlich gegen Zugriffe von außen. Da bestimmte Lebensbereiche der C komplett vor Zugriffen von außen geschützt sind, ist sie innerhalb dieser Lebensbereiche auch vor der Anfertigung von Darstellungen über ihre eigene Person geschützt.

6. C kann sich im Rahmen der Veröffentlichung der Fotos nur auf ihre Privatsphäre berufen, soweit sie auch ansonsten ihr Privatleben vor Berichterstattung verschließt.

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Genau, so ist das!

Der Privatsphärenschutz aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ist nicht im Interesse einer Kommerzialisierung der eigenen Person gewährleistet. Zwar ist niemand an einer solchen Öffnung privater Bereiche gehindert. Er kann sich dann aber nicht gleichzeitig auf den öffentlichkeitsabgewandten Privatsphärenschutz berufen. Soweit C auch ansonsten ihr Privatleben aus Kommerzialisierungsgründen für Berichterstattung öffnet, schließt dies somit einen Privatsphärenschutz aus.

7. Aktivitäten der C in ihrer häuslichen Umgebung sind vor der Kontrolle anderer gem. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützt.

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Ja, in der Tat!

Der Schutz der Privatsphäre (gem. Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1) gewährt dem Einzelnen unter anderem einen räumlichen Bereich, in welchem er sich frei von der Kontrolle anderer entfalten kann. Der häusliche Bereich stellt anerkanntermaßen eine solche geschützte Sphäre dar. Soweit sich die C in ihrer häuslichen Umgebung befindet, bewegt sie sich in einem durch die Privatsphäre geschützten räumlichen Bereich. Die Aktivitäten der C innerhalb dieser Räumlichkeiten sind somit gem. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG vor der Kontrolle anderer geschützt.

8. Der räumliche Bereich des Wochenmarkts fällt in die Privatsphäre der C.

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Nein!

Zwar wäre die freie Entfaltung der Persönlichkeit erheblich behindert, wenn der Einzelne nur im eigenen Haus der öffentlichen Neugier entgehen könnte. Der Schutz der Privatsphäre geht somit auch über den häuslichen Bereich hinaus. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob der Einzelne eine Situation vorfindet, in welcher er davon ausgehen darf, sich in einer Abgeschiedenheit von der Öffentlichkeit zu befinden. An Plätzen, an denen sich der Einzelne unter vielen Menschen befindet, kann per se keine Abgeschiedenheit von der Öffentlichkeit vorgefunden werden. Ein solcher ist auch der Wochenmarkt. Dessen Bereich fällt somit nicht in die Privatsphäre der C.

9. Der Besuch des Wochenmarktes durch C ist aber auch bei fehlender räumlicher Abgeschiedenheit durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützt, weil sie ihre Kinder dabeihat.

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Genau, so ist das!

Kinder bedürfen eines besonderen Schutzes ihrer Persönlichkeit, weil sie sich erst zu eigenverantwortlichen Personen entwickeln müssen. Der Schutzgehalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts erfährt insofern im Rahmen der spezifischen elterlichen Hinwendung eine Verstärkung durch Art. 6 Abs. 1 und 2 GG. Eine solche spezifische elterliche Hinwendung der C zu ihren Kindern liegt hier vor, da die Kinder mit der C gemeinsam den Markt besuchen. Ein Schutz des Wochenmarktbesuchs besteht deshalb, obwohl es an den Voraussetzungen der örtlichen Abgeschiedenheit fehlt. Streng genommen, hat das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung offengelassen, ob auch im konkreten Fall eine Schutzbereichsverstärkung durch Art. 6 Abs. 1 und 2 GG vorlag. Dennoch nahm das Gericht einen Verstoß gegen die Grundrechte der C vor, da das betreffende Gericht eine solche Schutzbereichsverstärkung gar nicht erst in Erwägung gezogen hatte.

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