Zivilrecht

Kreditsicherungsrecht

(Gutgläubiger) Erwerb von Forderung und Sicherung durch Dritte

Gutgläubiger Wegerwerb des Anwartschaftsrecht am Sicherungseigentum

Gutgläubiger Wegerwerb des Anwartschaftsrecht am Sicherungseigentum

24. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Zur Sicherung einer Kreditforderung übereignet S dem G eine Kette. S darf die Kette behalten. Sie vereinbaren, dass das Eigentum bei vollständiger Kaufpreiszahlung automatisch an S zurückfällt. G übereignet zwischenzeitlich dem gutgläubigen Dritten D die Kette unter Abtretung des Herausgabeanspruchs gegen S.

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Einordnung des Falls

Gutgläubiger Wegerwerb des Anwartschaftsrecht am Sicherungseigentum

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S steht ein Anwartschaftsrecht zu.

Ja, in der Tat!

Das Anwartschaftsrecht ist im BGB nicht ausdrücklich geregelt. Ein Anwartschaftsrecht liegt vor, wenn bei einem mehraktigen Entstehungstatbestand eines Rechtsgeschäfts so viele Voraussetzungen für den Erwerb des Vollrechts erfüllt sind, dass eine gesicherte Rechtsposition des Erwerbers besteht, die der Veräußerer nicht mehr durch einseitige Erklärung verhindern kann. S und G haben die dingliche Einigung der Eigentumsübertragung an G (§ 929 S. 1 BGB) unter die auflösende Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung gestellt (§ 158 Abs. 2 BGB). Im Falle des Bedingungseinritts fällt das Eigentum automatisch an S zurück. G kann dies nicht einseitig verhindern, sodass ein Anwartschaftsrecht der S besteht.
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2. Die Vereinbarung der auflösenden Bedingung wirkt nur relativ gegenüber G.

Nein!

Durch die Zahlung als auflösende Bedingung wird aus dem Anwartschaftsrecht (wieder) Volleigentum. Es erfolgt also eine Rückübereignung auf den Sicherungsgeber unter der Bedingung, dass dieser die zu sichernde Forderung erfüllt. Dass die auflösende Bedingung auch gegen einen Dritten wirkt, ergibt sich aus der Wirkung des § 161 Abs. 2, 1 BGB. Der Dritte erwirbt zwar das Volleigentum an dem Sicherungseigentum. Die Verfügung wird aber in dem Moment unwirksam, in dem die Bedingung (vollständige Zahlung) eintritt.

3. Das Anwartschaftsrecht ist durch die Übereignung auf den gutgläubigen D untergegangen (§ 161 Abs. 3 i.V.m. § 936 Abs. 3 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Auf das Anwartschaftsrecht finden die §§ 932ff. BGB Anwendung (§ 161 Abs. 3 BGB). Ein Nichtberechtigter kann nach diesen Vorschriften sogar das Eigentum des Berechtigten wegerwerbem. Erst recht muss es deshalb möglich sein, das Anwartschaftsrecht als bloß wesensgleiches Minus untergehen zu lassen. Nach § 936 Abs. 3 BGB erlöschen Rechte eines Dritter durch den gutgläubigen Erwerb nicht, wenn der Berechtigte die Sache im unmittelbaren Besitz hat (§ 936 Abs. 3 i.V.m. § 931 BGB). Hier war S noch unmittelbarer Fremdbesitzer. Er stand also dem Eigentum näher, als der gutgläubige D. D kann deshalb kein Eigentum erwerben. Wäre S nicht im Besitz der Kette gewesen, wäre dagegen ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb möglich gewesen.

4. Wenn S das Darlehen vollständig an G zurückzahlt, wird sie automatisch Eigentümerin der Kette (§ 161 Abs. 2, 1 BGB).

Ja, in der Tat!

§ 161 BGB schützt den bedingt Berechtigten. Verfügungen, die der Eigentümer während der Schwebezeit trifft, werden mit Bedingungseintritt unwirksam, soweit diese die Rechte des Erwerbs vereiteln oder beschränken würden. S‘ Anwartschaftsrecht erstarkt mit vollständiger Zahlung zu einem Vollrecht, also dem Eigentum an der Kette. Vor Bedingungseintritt, also in der Schwebezeit, hat D Eigentum erworben (§§ 929 S.1, 931 BGB). Dieser Eigentumserwerb würde also die Wirkung des Anwartschaftsrechts vereiteln. Die Verfügung an D ist deshalb unwirksam. S wird mit vollständiger Zahlung Eigentümerin.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

timstöckler

timstöckler

20.7.2023, 14:31:14

Besser wäre in der Subsumtion zu schreiben, dass der Dritte D nicht lastenfreies Eigentum erwirbt, vgl. § 936 Abs. 3 BGB. Mit einem AWR belastet Eigentum an der Kette erlangt er dennoch gemäß §§ 929 S. 1, 931.


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