Nichtberechtigter verfügt über Forderung

11. Juli 2025

3 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B hat eine Forderung gegen A. Zur Sicherung dieser Forderung tritt A an B eine Forderung ab, die A wiederum gegen C hat. A und B vereinbaren, dass die Forderung gegen C wieder an A zurückfällt, sobald A seine Schuld gegenüber B beglichen hat. Kurz bevor A vollständig an B zahlt, tritt B die Forderung gegen C an D ab.

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Einordnung des Falls

Nichtberechtigter verfügt über Forderung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B hat die Forderung gegen C zunächst wirksam an D abgetreten.

Genau, so ist das!

Voraussetzungen einer Abtretung sind (1) das Vorliegen eines Vertrags, (2) das Bestehen der Forderung, (3) die Übertragbarkeit der Forderung und (4) die Bestimmbarkeit der Forderung. B und D haben die Abtretung der bestehenden und hinreichend bestimmten Forderung gegen C vereinbart. Zum Zeitpunkt der Abtretung stand diese auch noch dem B zu und war übertragbar. B konnte die Forderung also abtreten. Ob er die Forderung auch abtreten durfte, richtet sich maßgeblich nach der schuldrechtlichen Vereinbarung zwischen B und A, insbesondere dem Sicherungsvertrag.
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2. Konnte D die Forderung aber gutgläubig erwerben (§ 161 Abs. 3 BGB)?

Nein, das trifft nicht zu!

Aus dem Umkehrschluss des § 405 BGB folgt, dass ein gutgläubiger Forderungserwerb grds. nicht möglich ist. Forderungen fehlt es – anders als beweglichen Sachen und Grundstücksrechten – an einem Rechtsscheinträger. Eng begrenzte Ausnahmen ergeben sich aus § 405 BGB. Der Sicherungszweck der Sicherungszession hat sich durch die vollständige Zahlung der B erledigt, sodass die auflösende Bedingung eingetreten ist. D war dadurch nicht mehr Inhaber der Forderung. Er verfügte also als Nichtberechtigter. Der Ausnahmefall des § 405 BGB liegt nicht vor. Ein gutgläubiger Forderungserwerb war also nicht möglich. § 405 BGB schließt bei verbrieften Forderungen zugunsten des Zessionars den Einwand der Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts aufgrund des Vorliegens eines Scheingeschäfts (§ 117 Abs. 1 BGB) aus.

3. Mit der Zahlung an B fällt die Forderung gegen C automatisch wieder von B an A zurück (§ 158 Abs. 2 BGB)

Nein!

Mit der vollständigen Zahlung an B ist zwar die zwischen A und B vereinbarte auflösende Bedingung eingetreten (§ 158 Abs. 2 BGB). Zu diesem Zeitpunkt war B allerdings schon gar nicht mehr Forderungsinhaber, also kann die Forderung gegen C auch nicht ohne Weiteres nach § 158 Abs. 2 BGB wieder von B an A zurückfallen.

4. Die Abtretung des B an D wird jedoch durch die Zahlung des A an B unwirksam (§ 161 Abs. 2 BGB).

Genau, so ist das!

Verfügungen während der Schwebezeit regelt § 161 BGB. Verfügungen desjenigen, dessen Recht mit dem Eintritt der Bedingung endigt, sind im Falle des Eintritts der Bedingung insoweit unwirksam, als sie die von der Bedingung abhängige Wirkung vereiteln oder beeinträchtigen würden (§ 161 Abs. 2, Abs. 1 S. 1 BGB). B ist derjenige, dessen Recht mit Eintritt der Bedingung durch den Rückfall der Forderung an A endigt. Die Abtretung durch B würde diesen Rückfall an A verhindern, sie wird daher durch Zahlung des A an B unwirksam (§ 161 Abs. 2, Abs. 1 S. 1 BGB).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

G0d0fMischief

G0d0fMischief

20.1.2025, 17:45:40

Falls noch jemand Probleme hatte: Aufgrund der

Sicherungszession

(= Abtretung einer Forderung UM eine andere Forderung abzusichern) hat der

Zedent

(hier A) ein

Anwartschaftsrecht

an der, an B abgetretenen Forderung erlangt. Denn gem. § 161 II BGB gilt § 161 I BGB auch in Fällen, in denen die Verfügung über ein Recht mit EINTRITT der AUFLÖSENDEN BEDINGUNG (vgl. § 158 II BGB) eintritt. Dadurch, dass A seine

Schuld

beglichen hat ist die Verfügung von B an D gem. § 161 II, I BGB unwirksam.

Was m

ich jetzt nur dennoch stutzig macht, ist der Wortlaut des

§ 161 BGB

nach dem über einen Gegenstand verfügt werden muss. Abs. 2 spricht zwar nur von einem Recht, sodass es hier unproblematisch ist. Nur was ist wenn die

Sicherungszession

unter der aufschiebenden Bedingung erfolgt? Also genau anders herum? Z.B. indem ein

Rechtskauf

stattfindet? Ist der Begriff Gegenstand untechnisch zu verstehen (wahrscheinlich ja, da der Gesetzgeber ja bei Sachen von körperlichen Gegenständen spricht, Rechte und Forderungen also wahrscheinlich aus Sicht des Gesetzgebers damit wahrscheinlich unkörperliche Gegenstände sind).

BEN

benjaminmeister

19.3.2025, 17:41:06

Also eigentlich ist die Anwendung von § 161 hier falsch (auch in der Aufgabe). Die Abtretung erfolgte gerade nicht während der Schwebezeit der Bedingung, sondern nach vollständiger Begleichung der

Schuld

. Zu dem Zeitpunkt war B überhaupt gar kein Inhaber der Forderung mehr.

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

24.6.2025, 13:15:20

Hallo @[G0d0fMischief](217996), vielen dank für Deinen Hinweis. @[benjaminmeister](216712) hat hier zunächst völlig Recht, der Fall ging in der bisherigen Fassung nicht ganz auf. Wir haben ihn jetzt deswegen umstrukturiert, B tritt jetzt noch während der Schwebezeit die Forderung ab, also noch vor Zahlung des A. Damit wird dann

§ 161 BGB

relevant. Bei dieser Gelegnheit haben wir unsere Erläuterungen auch etwas präzisiert und umfangreicher gefasst, sodass das Ganze jetzt hoffentlich klarer sein sollte. Was Deinen zweiten Absatz angeht, G0d0fMischief: In der Tat kann man hier aufgrund des unterschiedlichen Wortlauts des § 161 I 1 und II BGB stutzen. Nach meiner kurzen Recherche soll damit aber iE kein Unterschied verbunden sein, Forderungen werden jedenfalls auch von § 161 I 1 BGB erfasst. BeckOK-BGB/Rövekamp, 74. Ed, Stand 1.5.2025, § 161 Rn 4 betont die "entsprechende Anwendbarkeit" (analoge?) bei Erlass einer abgetretenen Forderung. Andere, zB BeckOGK-BGB/Reymann, Stand 1.4.2025, § 161 Rn 31 sprechen nur allgemein vom selben Vefügungsgegenstand: "Es muss also über denselben Gegenstand, dasselbe Recht oder dieselbe Forderung verfügt werden." Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team


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