Strafrecht
BT 6: Urkundsdelikte u.a.
Urkundenfälschung (§ 267 StGB)
Erkennbarkeit des Ausstellers – Bierdeckel
Erkennbarkeit des Ausstellers – Bierdeckel
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Gastwirtin G verteilt in ihrer Kneipe für jedes Getränk auf einem Bierdeckel Striche. Anhand des Deckels rechnet G am Ende ab. T hat sechs Alster getrunken, aber nur Geld für zwei Alster dabei. Sie kratzt vier Striche vom Deckel weg. Unter dessen Vorlage zahlt T zwei Alster.
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Einordnung des Falls
Erkennbarkeit des Ausstellers – Bierdeckel
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Eine Strafbarkeit der T wegen Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 StGB) setzt voraus, dass der Bierdeckel eine Urkunde ist.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Bierdeckel ist eine verkörperte menschliche Gedankenerklärung.
Ja!
3. Der Bierdeckel ist zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet.
Genau, so ist das!
4. Der Bierdeckel ist zum Beweis im Rechtsverkehr bestimmt.
Ja, in der Tat!
5. Der Bierdeckel lässt seinen Aussteller erkennen.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Lena88
8.12.2022, 10:39:14
Dies verstehe ich nicht: ist denn die Verkehrssitte in Gaststätten nicht gerade ein Umstand außerhalb der Urkunde? Am Bierdeckel selbst ist ja nicht einmal zu erkennen, aus welcher Gaststätte er stammt… das scheint mir über ‚für Eingeweihte erkennbar‘ hinaus auf ‚von Eingeweihten vorausgesetzt‘ zu zu gehen.
Nora Mommsen
8.12.2022, 17:55:05
Hallo Lena88, Früher wurde verlangt, dass der gedankliche Inhalt einer Urkunde sich vollständig aus dieser selbst ergeben müsse. Richtig ist zwar, dass sich mittels der Urkunde selbst die Existenz einer Erklärung beweisen lassen muss. Aber ebenso wie der Urheber einer Erklärung sich Abkürzungen bedienen kann, können auch solche Zeichen Urkundeneigenschaft begründen, die „nicht selbst sprechen“, aber mittels besonderer Auslegungsbehelfe eine Gedankenäußerung ihres Urhebers vermitteln. Nicht entscheidend, ist dass jeder ohne weiteres die Zeichen versteht, sondern dass die Beteiligten sich über die Bedeutung verständigt haben. Wenn es also üblich ist, dass Striche getrunkene Getränke repräsentieren, reicht der Strich als rechtserhebliche Erklärung aus. Die Umstände dürfen durchaus miteinbezogen werden, nur darf sich das Vorliegen einer Erklärung selber nicht erst im Zusammenhang mit etwas anderem ergeben. So kann zum Beispiel ein anonymer Brief ggfs. mittels Schriftvergleichung von Experten einer Person zugeordnet werden, dennoch ergibt sich die Urheberschaft nicht für die Beteiligten aus der Urkunde. Anders wenn jemand mit seinem Spitznahmen gezeichnet hat, z.B. Keule. Dieser mag nur wenigen Eingeweihten bekannt sein, sodass die Urheberschaft nur unter Zuhilfenahme dieser Tradition der Gruppe zu ermitteln ist. Aber für die Beteiligten ist die Urheberschaft erkennbar. Viele Grüße, Nora – für das Jurafuchs-Team
Lorenz
8.7.2024, 16:15:07
Ist wirklich der Bierdeckel die Urkunde, oder sind es nicht eher die Striche?
judith
8.7.2024, 16:34:11
Die Gedankenerklärung bedarf zusätzlich noch der Verkörperung in einem dauerhaften Medium. Die striche selbst, sind der bloße Gedanke. Der Bierdeckel als solches der körperliche Erklärungsträger, der zur Begründung der unmittelbaren Rechtswirkung des Gedankeninhalts erforderlich ist.