+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

G aus Hamburg hat eine Forderung gegen S aus Berlin (€3.000). S bestreitet nicht, dass er die Summe schon längst an die G hätte zahlen müssen. Trotz Fristsetzung zahlt S aber nicht.

Einordnung des Falls

Zuständigkeit in Manhnverfahren

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Über das gerichtliche Mahnverfahren (§ 688ff. ZPO) kann G ihre Forderung ohne Klageerhebung und ohne Urteil vollstrecken.

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Ja, in der Tat!

Das gerichtliche Mahnverfahren (§§ 688ff. ZPO) dient der vereinfachten Durchsetzung von voraussichtlich unstreitigen Geldforderungen. Der Anspruch darf zudem nicht von einer Gegenleistung abhängig sein, die noch nicht erbracht wurde (§ 688 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Auf Antrag des Gläubigers stellt das zuständige Mahngericht dem Schuldner einen Mahnbescheid zu. Sofern der Schuldner nicht fristgerecht Widerspruch einlegt, wird die Forderung vollstreckbar, indem das Zentrale Mahngericht auf Antrag des Gläubigers Vollstreckungsbescheid erlässt.

2. Mahnverfahren können bei jedem Amtsgericht geführt werden.

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Nein!

Grundsätzlich werden Mahnverfahren vor den Amtsgerichten geführt (§ 689 Abs. 1 S. 1 ZPO). Allerdings ermächtigt § 689 Abs. 3 ZPO die Landesregierungen, zentrale Mahngerichte einzurichten. Davon haben alle Bundesländer Gebrauch gemacht. Zum Teil sind sogenannte Gemeinsame Mahngerichte sogar für mehrere Bundesländer zuständig, so etwa das Amtsgericht Hamburg-Altona für die Mahnverfahren von Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern.

3. G kann den Erlass eines Mahnbescheids beim Amtsgericht Wedding als zentralem Mahngericht Berlin-Brandenburg beantragen.

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Nein, das ist nicht der Fall!

Nach § 689 Abs. 2 S. 1 ZPO ist für Personen mit Sitz im Inland grundsätzlich das Amtsgericht am allgemeinen Gerichtsstand des Antragstellers (nicht: des Schuldners) ausschließlich zuständig. Da in allen Bundesländern zentrale Mahngerichte eingerichtet sind, ist jedoch das Amtsgericht zuständig, welchem die Mahnverfahren für den Wohnsitz des Antragstellers (nicht: des Schuldners) zugewiesen wurden. G kann somit das Mahnverfahren beim Amtsgericht Hamburg-Altona führen.

4. G kann den Erlass eines Mahnbescheids beim Amtsgericht Hamburg-Altona beantragen.

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Ja, in der Tat!

Nach § 689 Abs. 2 S. 1 ZPO wäre für Personen mit Sitz im Inland grundsätzlich das Amtsgericht am allgemeinen Gerichtsstand des Antragstellers ausschließlich zuständig. Da in allen Bundesländern zentrale Mahngerichte eingerichtet sind, ist jedoch das Amtsgericht zuständig, welchem die Mahnverfahren für den Wohnsitz des Antragstellers zugewiesen wurden. G kann somit das Mahnverfahren beim Amtsgericht Hamburg-Altona führen.

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bibu knows best

18.6.2022, 08:29:23

Ich finde die erste Frage hinsichtlich des Punktes "ohne Klageerhebung" nicht ganz korrekt. Die Beantragung des Mahnbescheides steht doch der Erhebung der Klage gleich oder habe ich das falsch verstanden ? Wenn der Schuldner Widerspruch einlegt, wird der Anspruch ja nur noch "begründet".

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

20.6.2022, 12:45:54

Hallo bibu knows best, hier muss man etwas differenzieren. Nach § 696 Abs. 1 S. 1 ZPO führt der rechtzeitige Widerspruch dazu, dass das Mahngericht die Sache abgibt an das zuständige Streitgericht. Dort wird dann in der Tat das Verfahren streitig geführt. Wird dagegen kein Widerspruch erhoben, so erlässt das Mahngericht auf Antrag einen Vollstreckungsbescheid (§ 699 Abs. 1 S. 1 ZPO). Einer Klage bedarf es hierfür nicht. Insofern ist der Mahnantrag hier nicht mit der Klageerhebung gleichzustellen, da es nicht zwangsläufig auf ein Klageverfahren hinauslaufen muss. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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