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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Polizist P schleust über das Internet Spähsoftware auf den Heim-Computer der O, die es ihm ermöglicht, sämtliche Daten auf Os Computer auszulesen. O bekommt davon nichts mit.

Einordnung des Falls

Online-Durchsuchung – Grundrechte

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Einschleusen der Spähsoftware durch P auf Os Computer greift in den sachlichen Schutzbereich des Telekommunikationsgeheimnisses (Art. 10 Abs. 1 GG) ein.

Nein!

Das Brief-, Post- und Telekommunikationsgeheimnis (Art. 10 Abs. 1 GG) schützt die Vertraulichkeit der individuellen Kommunikation. Es soll den vor der Öffentlichkeit verborgenen Austausch von Nachrichten, Gedanken und Meinungen vor staatlichem Zugriff schützen. Der Schutzbereich beschränkt sich jedoch auf den Vorgang der Kommunikation, da dieser durch unbefugten Zugriff besonders gefährdet ist. Ist der Kommunikationsvorgang abgeschlossen, endet der Schutz des Art. 10 Abs. 1 GG. Die Spähsoftware soll Daten der O auslesen, die nach Abschluss des Kommunikationsvorgangs auf dem Computer der O gespeichert sind.

2. Weil der Computer in Os Wohnung steht, stellt das Einschleusen der Spähsoftware über das Internet einen Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) dar.

Nein, das ist nicht der Fall!

Art. 13 Abs. 1 GG schützt die räumliche Privatsphäre. Betritt die Polizei zur Installation von Spähsoftware auf einem Computer die Wohnung, liegt ein Eingriff in Art. 13 Abs. 1 GG vor. Damit vergleichbar sei es nach einer Ansicht, wenn Spähsoftware über das Internet auf Heim-Computer aufgespielt wird. Anders das BVerfG: Bei der sog. Online-Durchsuchung finde der Eingriff unabhängig vom Standort des infiltrierten Systems statt (RdNr. 194). Es hänge vom Zufall ab, ob sich das System in einer Wohnung befinde oder nicht. Auch überwinde der Staat keine Vorkehrungen zum Schutz der räumlichen Privatsphäre. P schleust die Spähsoftware über das Internet ein. Es liegt kein Eingriff in Art. 13 Abs. 1 GG vor.

3. Das Einschleusen der Spähsoftware durch P Os Computer greift allein in den Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit der O (Art. 2 Abs. 1 GG) ein.

Nein, das trifft nicht zu!

BVerfG: Das Einschleusen von Spähsoftware über das Internet sei ein Eingriff in das spezielle Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme (RdNr. 166). Es sei eine Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG). Grund: Informationstechnische Systeme ermöglichen einen umfassenden Einblick in wesentliche Teile der persönlichen Lebensgestaltung. Sie erinnern an Wohnungen und bedürfen eines ähnlichen Schutzes, werden aber überall benutzt. Ein Eingriff in das spezielle Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) sowie in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) liegt vor.

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Rüsselrecht 🐘

Rüsselrecht 🐘

4.1.2021, 09:57:20

Ahoi 🙂 Die Lösung „Die Aussage stimmt nicht“ (Aussage: Das Einschleusen der Spähsoftware greift in den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG ein) widerspricht der (korrekten) Erklärung, nach der ein staatlicher Zugriff auf das informationstechnische System insgesamt ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellt. Korrekt wäre die Antwort, dass die Aussage stimmt.

Marilena

Marilena

5.1.2021, 17:29:48

Hallo Fantomaus, danke für Deinen Hinweis! Wir haben die Aufgabe gerade geprüft und halten sie so für richtig. In der Aussage steht, das Einschleusen der Software greife allein in den Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit ein (Art. 2 Abs. 1 GG). Diese Aussage stimmt nicht, da ein Eingriff in das spezielle Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG) vorliegt.

Rüsselrecht 🐘

Rüsselrecht 🐘

5.1.2021, 17:35:09

Eine leicht zu übersehende „Fangfrage“ also 😏 Man sollte also genau lesen. Danke Dir ☺️

Marilena

Marilena

5.1.2021, 17:44:35

Klar, gern geschehen. Ja so kann man es sehen.😊

QUIG

QuiGonTim

15.3.2022, 15:22:16

Wäre das Telekommunikationsgeheimnis betroffen, wenn mittels der Spähsoftware auf dem Computer gespeicherte E-Mails gelesen würden? Ist dabei zwischen gelesenen und ungelesenen E-Mails zu unterscheiden?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

17.3.2022, 13:51:44

Hallo QuiGonTim, auch bei den E-Mail ist der Transportvorgang abgeschlossen (unabhängig davon, ob sie gelesen wurden oder nicht). Damit ist das Telekommunikationsgeheimnis nicht betroffen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Christopher M.

Christopher M.

21.5.2024, 11:42:16

Liebes Jurafuchsteam, kann eine solche Spähsoftware nicht auf direkte "live" Kommunikation abhören? Also zum Beispiel einen Skypecall oder Zoomsitzung? Dies würde ja die aktuelle Kommunikation betreffen, und somit vom sachlichen Schutzbereich enthalten. Liebe Grüße aus der HU

Maximilian Puschmann

Maximilian Puschmann

27.5.2024, 11:33:20

Hallo Christopher M., Das siehst du richtig. Diese Ausnahme macht auch die Rechtsprechung. Hierzu ausführlich, wann der „laufende Kommunkationsvorgang“ beendet ist und die Daten final auf dem Endgerät des Nutzers gespeichert sind und damit nicht mehr von Art. 10 I GG erfasst sind: BeckOK GG/Ogorek, 57. Ed. 15.1.2024, GG Art. 10 Rn. 45 Viele Grüße  Max – für das Jurafuchs-Team

FW

FW

17.7.2024, 14:33:30

Hallo, Wäre der Schutzbereich des Art. 13 I GG eröffnet, sofern die Spähsoftware die Fähigkeit hat, die Kamera und das Mikrofon beliebig einzuschalten? Hierbei hat die Polizei ja ähnlichen Einblick in die Wohnung wie bei einem körperlichen Betreten.


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