Sendungsbeschlagnahme/Paket

20. April 2025

4 Kommentare

4,7(2.238 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Das Sondereinsatzkommando (SEK) ist durch die Vernehmung des Zeugen Z einer heißen Spur auf der Fährte. Es besteht dringender Tatverdacht, dass der Kriminelle K in mehreren Teilsendungen automatische Waffen und Kokain versendet. Das SEK beschlagnahmt im Verteilzentrum der Deutschen Post mehrere Pakete.

Diesen Fall lösen 75,4 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Sendungsbeschlagnahme/Paket

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die vertrauliche Versendung von Paketen ist durch das Postgeheimnis aus Art. 10 GG geschützt.

Ja!

Art. 10 GG normiert sowohl das Brief-, Post- als auch das Telekommunikationsgeheimnis und ermöglicht so die vertrauliche Kommunikation zwischen Bürgern. Das Postgeheimnis schützt die Vertraulichkeit von körperlichen Transport- und Kommunikationsvorgängen, die durch einen (Post-)Dienstleister abgewickelt werden. Erfasst sind alle Arten von Sendungen. Kern des Schutzbereichs ist die Verpflichtung des Dienstleisters, hinsichtlich der ihm anvertrauten Sendungen Stillschweigen gegenüber Dritten zu wahren.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Ein Eingriff in das Postgeheimnis setzt voraus, dass Angestellte eines Postunternehmens den Schutzgehalt von Art. 10 GG berühren.

Nein, das ist nicht der Fall!

Verpflichtet, Art. 10 GG zu achten, also grundrechtsverpflichtet, ist der Staat und seine Stellen. Art. 10 GG enthält jedoch auch die staatliche Schutzverpflichtung, durch den Erlass von Regelungen sicherzustellen, dass Private den Schutzumfang von Art. 10 GG achten. Die Einhaltung des Postgeheimnisses, welches sich an die Mitarbeiter von Postdienstleistern richtet, wird mit der Verankerung des Postgeheimnisses im Postgesetz (PostG) sichergestellt. Ein Eingriff in den Schutzbereich von Art. 10 GG kann also durch staatliche Akteure als auch durch Mitarbeiter von Post-Dienstleistern erfolgen.

3. Ein Eingriff in den Schutzbereich von Ks Postgeheimnis liegt dadurch vor, dass das SEK die von ihm versendeten Pakete beschlagnahmt.

Ja, in der Tat!

Ein Eingriff in den Schutzbereich von Art. 10 GG liegt vor, wenn ein Grundrechtsverpflichteter das Recht der individuellen privaten Kommunikation beeinträchtigt. Dies ist beim Postgeheimnis insbesondere dann der Fall, wenn Postsendungen abgefangen oder geöffnet werden bzw. auf Sendedaten zugegriffen wird. Das SEK ist als Teil der Exekutive grundrechtsverpflichtet und muss den Schutzgehalt von Art. 10 GG achten. Dadurch, dass das SEK die Pakete des K beschlagnahmt, liegt ein Eingriff in den Schutzbereich des Postgeheimnisses aus Art. 10 GG vor.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

HockHex

HockHex

23.10.2024, 17:21:06

Irgendwie verstehe ich die Konstruktion nicht so ganz, dass nun - wie in der Aufgabe beschrieben - auch private Postdienstleister an das Postgeheimnis gebunden sind. Wie kann denn der Staat durch einfachgesetzliche Ausgestaltung (durch das PostG) aufgurnd seiner objektiven Schutzpglicht Private unmittelbar binden? Ginge das nicht vielmehr über eine

mittelbare Drittwirkung

(z.B. über das PostG oder § 202 StGB)? Oder wie habe ich es zu verstehen, wenn hier davon die Rede ist, dass auch Postdienstleister an Art. 10 I GG gebunden sind?

David S.

David S.

12.11.2024, 13:37:54

Zu differenzieren ist nach m.E. danach, ob es sich bei dem Postdienstleister um einen staatlichen oder privaten Postdienstleister handelt. Demnach ist er entweder Grundrechtsverpflichteter oder lediglich mittelbar über die Vorschriften der §§ 39 ff. PostG an das Postgeheimnis gebunden. Finde auch, dass diese Differenzierung in diesem Kapitel bei einigen Aufgaben nicht ganz klar wird.

Skra8

Skra8

20.2.2025, 16:27:43

Hi zusammen, handelt es sich um einen staatlichen Kommunikationsdienstleister, ist dieser gemäß Art. 1 Abs. 3 GG unmittelbar an die Rechte aus Art. 10 Abs. 1 GG gebunden. Handelt es sich um einen privaten Dienstleister, gibt es zwei wesentliche Konstellationen: 1.

Mittelbare Drittwirkung

des Art. 10 Abs. 1 GG Die

mittelbare Drittwirkung

der Grundrechte auf den Dienstleister: Hier ist denkbar, dass Art. 10 Abs. 1 GG auf den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Rahmen von § 823 Abs. 1 BGB ausstrahlt und der Dienstleister sich aufgrund dieser Ausstrahlung schadenersatzpflichtig macht (BGH JZ 1990, 754 [755]). 2. Staatliche Schutzpflicht zur Regulierung Die aus Art. 10 Abs. 1 GG resultierende staatliche Schutzpflicht verpflichtet den Staat, private Postdienstleister so zu regulieren, dass sie nicht in die Vertraulichkeit der Kommunikation ihrer Kunden eingreifen (BVerfGE 106, 28 [37]). Letztere Konstellation stellt gerade keine mittelbare Bindung an Art. 10 Abs. 1 GG dar, sondern lediglich die direkte Bindung eines Privaten an geltendes (einfaches) Recht. Vielleicht hilft diese Einordnung?

OKA

okalinkk

14.3.2025, 11:10:54

@[Skra8](184520) danke dir für deine Einordnung. Ich verstehe nun aber immer noch nicht, wie man hier im Fall von einem Eingriff eines Privaten sprechen kann?


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen