+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Störenfried S tritt beim lokalen Weinfest öfters strafrechtlich in Erscheinung. Um Störungen beim diesjährigen Fest zu verhindern, schickt Polizeikommissar P ein „Gefährderanschreiben“ an S. Darin wird auf polizeirechtliche Konsequenzen bei einem Fehlverhalten aufmerksam gemacht.

Einordnung des Falls

Abgrenzung: Regelung - reiner Hinweis

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Gefährderanschreiben ist eine "hoheitliche Maßnahme" (§ 35 S. 1 VwvfG).

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Ja!

Eine hoheitliche Maßnahme ist jedes einseitige öffentlich-rechtliche Handeln im Über-/ Unterordnungs-Verhältnis. Keine hoheitliche Maßnahme ist der öffentlich-rechtliche Vertrag oder privatrechtliches Verwaltungshandeln.Das Gefährderanschreiben ist eine einseitige Maßnahme auf Grundlage des Ordnungsrechts, die die Polizei im Über-/Unterordnungsverhältnis gegenüber dem Bürger erlässt. Eine hoheitliche Maßnahme liegt vor. Ist dies der Fall, ist auch die Voraussetzung „auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts“ erfüllt.

2. Das Gefährderanschreiben ist die Maßnahme "einer Behörde" (§ 35 S. 1 VwVfG).

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Genau, so ist das!

Eine Behörde ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt (§ 1 Abs. 4 VwVfG).Hier hat die Polizei in Person des Polizeikommissars P, mithin eine Behörde gehandelt.

3. Das Gefährderanschreiben enthält eine "Regelung" (§ 35 S. 1 VwVfG).

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Nein, das trifft nicht zu!

Eine Maßnahme besitzt Regelungscharakter, wenn sie darauf gerichtet ist, eine verbindliche Rechtsfolge zu setzen, d.h. unmittelbar Rechte und Pflichten des Betroffenen zu begründen, zu ändern, aufzuheben, festzustellen oder zu verneinen. Maßnahmen mit Regelungscharakter sind abzugrenzen von schlichtem Verwaltungshandeln, Auskünften und anderen Maßnahmen, die keine Rechtsfolge setzen. Das Gefährderanschreiben begründet oder ändert keine Rechte oder Pflichten, sondern zielt lediglich auf die Herbeiführung eines tatsächlichen Erfolgs. Ihm kommt allein Hinweis- bzw. Empfehlungscharakter zu. Es fehlt am Regelungscharakter. Ein Verwaltungsakt (§ 35 S. 1 VwVfG) liegt nicht vor.

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SE

Seli76

16.2.2020, 01:33:01

Heißt das nicht „öfter“ statt „öfters“

DE

Demahbln

2.3.2020, 01:16:26

Des öfteren oder öfters ...... beides geht. Immer öfter .....

SE

Seli76

2.3.2020, 20:14:47

Ok danke und sorry 😅

Isabell

Isabell

17.5.2020, 18:05:22

Mich irritiert das auch immer. Es ist aber tatsächlich richtig. Es wird nur nicht überall gebraucht. War eine spannende Unterhaltung mit einer Germanistin 🙂

DE

Der_Sonntag

19.5.2020, 11:01:42

Im Hochdeutschen heißt es öfter und nicht öfters, siehe auch duden

juramen

juramen

4.12.2023, 15:15:11

Könnte man hier nicht argumentieren, dass es sich um eine Regelung handelt, da der Brief nochmals für den Empfänger feststellt, dass er sich ordnungsgemäß zu verhalten habe?

SE

se.si.sc

4.12.2023, 16:22:49

Einen VA wird man hier kaum annehmen können. Regelungswirkung bestünde ja nur, wenn bestimmte Rechte und/oder Pflichten aus dem Schreiben folgen würden. Das ist hier eindeutig nicht der Fall, die Rechtslage ist vor Erhalt des Schreibens exakt identisch zur Lage nach dem Schreiben. Dass der Empfänger sich rechtskonform ("ordnungsgemäß") zu verhalten hat, gilt ohnehin und auch schon unabhängig vom Gefährderanschreiben. Das Schreiben weist so gesehen lediglich implizit darauf hin, dass man als Empfänger unter besonderer Beobachtung steht. Man legt dem Empfänger also nahe, ein bestimmtes Verhalten zu zeigen oder zu unterlassen, rechtliche Konsequenzen iSe Verwaltungsakts folgen daraus aber (noch!) nicht.


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