Strafrecht
Examensrelevante Rechtsprechung SR
BT 1: Totschlag, Mord, Körperverletzung, u.a.
Beschuhter Fuß als gefährliches Werkzeug
Beschuhter Fuß als gefährliches Werkzeug
13. Mai 2025
4 Kommentare
4,8 ★ (16.218 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T und O streiten sich. Dabei schlägt T den O, sodass dieser hinfällt. Als O sich wieder aufrichten will, tritt T ihm mit Anlauf ins Gesicht. T trägt dabei einen Turnschuh mit weicher Sohle. O bleibt kurzzeitig bewusstlos liegen.
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Einordnung des Falls
Beschuhter Fuß als gefährliches Werkzeug
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Indem T O ins Gesicht getreten hat, hat T den O körperlich misshandelt (§ 223 Abs. 1 StGB).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. T könnte diese Körperverletzung auch „mittels eines anderen gefährlichen Werkzeuges“ i.S.d. § 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 StGB begangen haben.
Ja, in der Tat!
3. Ein „beschuhter Fuß“ ist stets ein gefährliches Werkzeug i.S.d. § 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 StGB.
Nein!
4. Reicht Ts Tritt mit seinem Turnschuh aus, um die Anforderungen an das Tatbestandsmerkmal des gefährlichen Werkzeugs zu erfüllen (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 StGB)?
Genau, so ist das!
5. T hat die Körperverletzung an O auch „mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung“ (§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB) begangen.
Ja, in der Tat!
6. T hat sich wegen einer gefährlichen Körperverletzung strafbar gemacht (§§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB)
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Meisterr
4.9.2024, 16:31:53
Hallo, ich finde die Erklärung, warum jetzt gerade der Turnschuh per se die Annahme des gef. Werkzeugs rechtfertigt, etwas dünn. Die Ausführungen "(...) mit welcher Heftigkeit und gegen welchen Körperteils des O (...)" hat ja mit dem Schuh als Werkzeug nichts zu tun. Die Gefährlichkeit muss ja gerade durch die
Beschaffenheitdes Turnschuhs´ erhöht werden. Dass sich die besondere Gefährlichkeit des beschuhtes Fußes daraus ergibt, dass er dem O mit Anlauf ins Gesicht tritt, hat mE nach auch wenig mit der Eigenschaft des Schuhs zu tun un mehr mit der Art und Weise der Handlung des T. Ist das die genau Argumentation auch des BGH? Viele Grüße
jess11O
11.9.2024, 16:48:05
Ich habe es gerade nachgelesen und das ist tatsächlich die Argumentation. Der BGH führt lediglich aus, dass es auf das betroffene Körperteil und die Wucht des Tritts ankommt, ob es sich beidem weichbesohlten Schuh um ein gefährliches Werkzeug handelt. Ich finde das macht auch Sinn, weil es bei der Gefährlichkeit ja gerade auch auf die spezifische
Verwendungankommt.
Vincent
3.2.2025, 15:03:38
Ich werde daraus immernoch nicht so richtig schlau. Schließlich ist das gefährliche Element erst einmal der Fuß und die damit verbundene Muskelkraft. Diese Gefahr wird etwa durch einen Stahlkappenschuh erhöht, durch einen Schuh welcher eine weiche Sohle hat jedoch nicht. Ansonsten könnte man ja auch zu dem Ergebnis kommen, dass eine extrem dicke Pantoffel, welche den Tritt eher dämpft als verstärkt, ein gefährliches Werkzeug darstellt, wenn der Tritt gegen den Kopf geht. Dies führt meines Erachtens nach zu unbilligen Ergebnissen.
Rechtsanwalt B. Trüger
11.4.2025, 13:51:32
Hi @[Vincent](211990) Ich war zunächst auch etwas verwirrt über die Argumentation. Wenn man sich allerdings einmal die Definition des gef. Werkzeugs anschaut, passt auch die Argumentation denke ich. „Ein gefährliches Werkzeug ist jeder Gegenstand, der unter Berücksichtigung seiner
Beschaffenheitund der Art seiner Benutzung konkret geeignet ist, erhebliche körperliche Verletzungen beim Angegriffenen hervorzurufen.“ Das Element „Art seiner Benutzung konkret“ wäre hier im Fall ja das Ausholen und treten gegen den Kopf. Aufgrund de Tatsache, dass er eben durch das Ausholen mehr Schwung geholt und damit stärker zutreten konnte lässt mMn dieses „Gefahrpotential“ erheblich erhöhen. Hätte er ausgeholt und lediglich gegen das Bein getreten, wäre das Vorliegen des gef. Werkzeugs wohl zu verneinen gewesen. Um es an einem anderen Fall mal darzustellen: Wenn A auf den B mit einem Baseballschläger einschlägt liegt sehr wahrscheinlich ein gef. Werkzeug vor. A holt Schwung und kann so sehr viel Kraft entfalten und seine gesamte Stärke nutzen. Wenn A allerdings den B „lediglich“ einen Stoß mit dem Baseballschläger gibt, ist das ganze nicht mehr so eindeutig mMn. A kann niemals so viel Kraft aufwenden wie beim Schlagen. D.h., dass im Ergebnis (Einzelfallabhängig) nach der der Art der Nutzung konkret, der Stoß nicht unbedingt geeignet ist erhebliche Körperverletzungen beim B hervorzurufen, während es beim Schlag wohl zu bejahen wäre, auch wenn derartige Baseballschläger weiterhin ein Baseballschläger bleibt. Ich hoffe das hilft dir weiter :)