§ 315d Abs. 5 StGB: Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen


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T nimmt an einem illegalen Straßenrennen teil. Er vertraut zwar darauf, dass niemand zu Schaden kommt, nimmt konkrete Gefährdungen aber billigend in Kauf. Da er die Kontrolle verliert, rast er in eine Menschenmenge. 20 Menschen erleiden einfache Gesundheitsschädigungen.

Einordnung des Falls

§ 315d Abs. 5 StGB: Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. § 315d StGB normiert in § 315d Abs. 5 StGB eine Erfolgsqualifikation.

Genau, so ist das!

315d Abs. 5 StGB enthält eine Erfolgsqualifikation und schützt kumulativ die Sicherheit des Straßenverkehrs und daneben Leib und Leben bestimmter natürlicher Personen. § 315d Abs. 5 StGB ist erfüllt, wenn der Täter in den Fällen des § 315d Abs. 2 StGB, also durch eine vorsätzlich begangene Tat nach § 315d Abs. 1 Nr. 2 oder 3 StGB, die zu einem vom Vorsatz umfassten Gefahrerfolg geführt hat, wenigstens fahrlässig (§ 18 StGB) den Tod oder eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht hat. Zwischen der Tat nach § 315d Abs. 2 StGB und der schweren Folge muss ein Gefahrverwirklichungszusammenhang bestehen.

2. T hat den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 315d Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 StGB verwirklicht.

Ja, in der Tat!

Es liegt ein nicht erlaubtes Kfz-Rennen vor, das sich im öffentlichen Straßenverkehr ereignete. An diesem hat T als Kfz-Führer teilgenommen (§ 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB). Konkret gefährdet - sogar verletzt - wurden 20 andere Menschen. Ferner hat sich in diesem Gefahrerfolg das für ein illegales Kfz-Rennen typische Risiko niedergeschlagen (§ 315d Abs. 2 StGB). T handelte hinsichtlich § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB vorsätzlich. Da er zudem konkrete Gefährdungen billigend in Kauf nahm, besaß er auch den nötigen Gefährdungsvorsatz. Mithin ist der Tatbestand von § 315d Abs. 2 StGB erfüllt. Damit ist ein tauglicher Anknüpfungspunkt für die Erfolgsqualifikation des § 315d Abs. 5 StGB gegeben.

3. Es ist ein qualifizierender Erfolg eingetreten (§ 315d Abs. 5 StGB).

Ja!

§ 315d Abs. 5 setzt als Erfolg voraus den Tod oder eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen. Strittig ist, ab wann eine große Zahl vorliegt. Trotz unterschiedlicher Lebensbereiche dürfte die Auslegung zu § 306b Abs. 1 StGB entsprechend gelten. Dort nimmt die Rspr. eine große Zahl von Menschen bei „jedenfalls 14 Personen“ an, während in der Lit. meist Zahlen zwischen vier und 20 Menschen genannt werden. Niemand ist gestorben, auch ist keine schwere Gesundheitsschädigung eingetreten. Jedoch haben sich 20 Menschen verletzt, was nach allen Ansichten eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen darstellt.

4. Auch die sonstigen Voraussetzungen des § 315d Abs. 5 StGB sind erfüllt, nämlich Kausalität, Gefahrverwirklichungszusammenhang und (wenigstens) fahrlässige Herbeiführung des qualifizierenden Erfolges.

Genau, so ist das!

Ursächlich im Sinne einer conditio sine qua non für den Eintritt des qualifizierenden Erfolges war die Teilnahme des T als Kfz-Führer an dem illegalen Straßenrennen (Kausalität). Auch hat sich im qualifizierenden Erfolg gerade die dem Grundtatbestand anhaftende eigentümliche Gefahr niedergeschlagen (Gefahrverwirklichungszusammenhang). Schließlich handelte T bezüglich des qualifizierenden Erfolges fahrlässig (§ 18 StGB), denn bei verbotenen Kfz-Rennen fällt allein durch die Teilnahme allen Kfz-Führern ein grob verkehrswidriger Sorgfaltspflichtverstoß zur Last. Insbesondere war die Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen auch objektiv vorhersehbar.

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HGWrepresent

HGWrepresent

28.11.2022, 20:39:57

Die Frage, ob der objektive und subjektive TB des §315d I Nr. 2, II erfüllt ist, ist nur semi gutbetuchte beantworten, weil die Formulierung „Vertrauen auf Ausbleiben der Gefahr“ und „billigend in Kauf nehmend“ einmal bewusste Fahrlässigkeit und einmal bedingten Vorsatz implizieren. Daher ambivalent.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

1.12.2022, 12:30:45

Hallo HGWrepresent, die Konstellation ist in der Tat verwirrend. Dies hängt damit zusammen, dass es sich bei dem Delikt um eine Erfolgs-Farhlässigkeits-Kombination handelt, bei der der Erfolg der Eintritt einer konkreten Gefährdung darstellt. Bezüglich des Gefährdungserfolgs muss Vorsatz vorliegen. Die Qualifikation lässt hingegen Fahrlässigkeit ausreichen. Die zwei unterschiedlichen inneren Einstellungen des T haben also unterschiedliche Anknüpfungspunkte. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

DIAA

Diaa

29.9.2023, 11:10:46

Wieso wird hier einen fahrlässig verursachten Tod angenommen und unter Abs. 5 subsumiert, aber im ersten Fall wurde dies abgelehnt, obwohl der Tod fahrlässig verursacht wurde?

MEP

Mephisto

18.6.2024, 14:59:49

Weil die Erfolgsqualifikation in Absatz 5 sich ausdrücklich nur auf Absatz 2 bezieht, der im subjektiven Tatbestand einen Gefährdungsvorsatz voraussetzt. Damit scheidet Absatz 4 aus.


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