Gefälschte Abtretungserklärungen


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Klassisches Klausurproblem

Briefhypothekar H möchte die Hypothek, die er von A erworben hat, übertragen. Daher bringt H Brief und Abtretungserklärung des A zum Notar, um sie beglaubigen zu lassen. Dessen Mitarbeiter M fälscht nicht erkennbar eine auf ihn lautende Abtretungserklärung des H samt Beglaubigung und überträgt die Hypothek an G.

Einordnung des Falls

Gefälschte Abtretungserklärungen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die öffentliche Beglaubigung der Abtretungserklärung des A ist Wirksamkeitsvoraussetzung für den Zweiterwerb der Briefhypothek.

Nein, das trifft nicht zu!

Die öffentliche Beglaubigung der Abtretungserklärung des A ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung für den ordentlichen Zeiterwerb der Briefhypothek nach §§ 398, 1154, 1153 BGB . Die öffentliche Beglaubigung ist aber dann nach § 1155 BGB notwendig, wenn ein regulärer Zweiterwerb scheitert und der Erwerber sich auf gutgläubigen Zeiterwerb beruft.

2. G hat die Hypothek nach §§ 398, 1154, 1153 BGB von M erworben.

Nein!

Der Erwerb der Briefhypothek nach §§ 398, 1154, 1153 BGB setzt voraus: (1) Einigung über Abtretung, (2) in der Form des §§ 1154 Abs. 1 oder 2 BGB, (3) Übergabe des Hypothekenbriefs, (4) Abtretbarkeit der gesicherten Forderung, (5) Verfügungsberechtigung. G und M haben sich über die Abtretung der hypothekarisch gesicherten Forderung geeinigt. Dies erfolgte schriftlich in der Form des § 1154 Abs. 1 BGB. M hat G auch den Hypothekenbrief übergeben. Die Forderung war abtretbar. M war jedoch nicht verfügungsbefugt.

3. Eine ununterbrochene Kette öffentlich beglaubigter Abtretungserklärungen (§ 1155 BGB) liegt aufgrund der Fälschung des M nicht vor.

Nein, das ist nicht der Fall!

Maßgeblich ist hier, ob § 1155 BGB für die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs voraussetzt, dass eine Abtretung wirklich erfolgt sein muss, oder ob der äußere Schein der Echtheit der Abtretungserklärungen genügt. Nach der herrschenden Auffassung reicht bereits der äußere Schein der Echtheit der Abtretungserklärung aus. Begründet wird dies mit dem Verkehrsschutz und der Aufrechterhaltung der Verkehrsfähigkeit der Hypothek. Die andere Auffassung fordert das tatsächliche Vorliegen der Abtretung und beruft sich dabei auf den Wortlaut des § 1155 BGB sowie auf das Schutzbedürfnis des wahren Hypothekengläubigers, der eine gefälschte Erklärung nicht gegen sich gelten lassen müsse.

4. G hat die Hypothek gutgläubig nach §§ 398, 1154, 1153, 1155 S. 1 BGB erworben.

Ja, in der Tat!

Der gutgläubige Zweiterwerb der Briefhypothek setzt voraus: (1) Erwerb durch Rechtsgeschäft, (2) Zedent ist im Besitz des Hypothekenbriefs, (3) Ununterbrochene Kette öffentlich beglaubigter Abtretungserklärungen, die auf eingetragenen Hypothekar zurückführt, (4) Kein Widerspruch im Grundbuch, (5) Kein Unrichtigkeitsvermerk im Hypothekenbrief, (6) Gutgläubigkeit des Zessionars. Die Voraussetzungen (1) und (2) liegen vor. Weiterhin liegt nach der hier vertretenen Auffassung trotz der Fälschung des M eine ununterbrochene Kette öffentlich beglaubigter Abtretungserklärungen vor, die auf den eingetragenen Hypothekar A zurückführt. Ein Widerspruch im Grundbuch oder ein Unrichtigkeitsvermerk im Hypothekenbrief existiert nicht. G war ferner gutgläubig.

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JM

Johnny Monaco

3.11.2021, 14:13:09

Verstehe ich es richtig, dass in Fällen der

Briefhypothek

ein Abhandenkommen den gutgläubigen Erwerb nicht ähnlich wie § 935 BGB „verhindert“?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

3.11.2021, 17:47:53

Hallo Jonathan, in der Tat findet § 935 BGB keine Anwendung. Sofern die

Briefhypothek

aber abhandenkommt, kann sie für kraftlos erklärt werden (§ 1162 BGB). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

DI

divenir

26.6.2022, 16:47:04

Ich meine nicht, dass die sog. Gutglaubensschutztheorie herrschend ist. Ich denke, dass ist hier deutlich umstrittener, als so dargestellt. Vielleicht kann das nochmal gecheckt werden? :)

Nora Mommsen

Nora Mommsen

7.7.2022, 19:02:12

Hallo divenir, danke für deine Anmerkung. Die Frage ist in der Tat umstritten, allerdings ist es durchaus herrschende Meinung, dass der gute Glaube hier schützenswert ist, siehe auch MüKoBGB/Lieder BGB § 1155 Rn. 11, RGZ 85, 58 (60 f.); 86, 262 (263); 93, 41 (43 f.); OLG Hamburg Recht 1913 Nr. 1606; BeckOK BGB/Rohe Rn. 9. Anders sieht es beispielsweise das OLG Braunschweig (OLGZ 1983, 219 (220 f.), sowie Herrler in Palandt, Rn. 4. In der Klausur kannst du - wie meistens - mit entsprechender Argumentation auch die andere Ansicht vertreten. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

BL

Blotgrim

20.4.2024, 11:06:18

Also Wellenhofer bezeichnet die andere Ansicht als herrschend (§ 27 RN. 49 38. Auflage). Ich fände es deswegen vielleicht auch besser zwei Fragen von dem Typ zu machen "nach Ansicht hat liegt ein gutgläubiger Erwerb vor" und "nach Ansicht B liegt kein gutgläubiger Erwerb vor" und die jeweiligen Antworten dann einfach mit Argumenten zu unterfüttern. Gerade, da ich die Argumentation von Wellenhofer nicht gerade unüberzeugend finde

juramen

juramen

11.5.2023, 12:19:16

Wenn die zweite Frage lautet ob G die Hypothek erworben hat, dann ist die Antwort ja prinzipiell dennoch ja, weil er sie gutgläubig erworben hat... Vielleicht könnte man präzisieren, dass zu diesem Zeitpunkt noch nicht der gutgläubige sondern der normale Erwerb gemeint ist?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

16.5.2023, 14:08:00

Hallo juramen, das ist hier in der Tat etwas tricky! Die Abgrenzung ergibt sich aus den zitierten Vorschriften. In der ersten Frage fehlt § 1155 S. 1 BGB, weswegen es hier zunächst um den berechtigten Erwerb geht. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

WO

Wolli

23.5.2024, 15:35:43

Auch wenn der dingliche Mangel hier vielleicht über §§1155 überwunden werden könnte, so müsste M doch auch Inhaber/ Verfügungsberechtigt in Bezug auf die gesicherte Forderung sein. Dies ist nicht der Fall und könnte nur über §1138 überwunden werden. Habe ich etwas übersehen?


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