Gefälschte Abtretungserklärungen
4. Juli 2025
19 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Briefhypothekar H möchte die Hypothek, die er von A erworben hat, übertragen. Daher bringt H Brief und Abtretungserklärung des A zum Notar, um sie beglaubigen zu lassen. Dessen Mitarbeiter M fälscht nicht erkennbar eine auf ihn lautende Abtretungserklärung des H samt Beglaubigung und überträgt die Hypothek an G.
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Einordnung des Falls
Gefälschte Abtretungserklärungen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die öffentliche Beglaubigung der Abtretungserklärung des A ist Wirksamkeitsvoraussetzung für den Zweiterwerb der Briefhypothek.
Nein, das trifft nicht zu!
2. G hat die Hypothek nach §§ 398, 1154, 1153 BGB von M erworben.
Nein!
3. Eine ununterbrochene Kette öffentlich beglaubigter Abtretungserklärungen (§ 1155 BGB) liegt aufgrund der Fälschung des M nicht vor.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. G hat die Hypothek gutgläubig nach §§ 398, 1154, 1153, 1155 S. 1 BGB erworben.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

M0NAC0
3.11.2021, 14:13:09
Verstehe ich es richtig, dass in Fällen der
Briefhypothekein
Abhandenkommenden gutgläubigen Erwerb nicht ähnlich wie § 935 BGB „verhindert“?

Lukas_Mengestu
3.11.2021, 17:47:53
Hallo Jonathan, in der Tat findet § 935 BGB keine Anwendung. Sofern die
Briefhypothekaber abhandenkommt, kann sie für kraftlos erklärt werden (§ 1162 BGB). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
divenir
26.6.2022, 16:47:04
Ich meine nicht, dass die sog. Gutglaubensschutztheorie herrschend ist. Ich denke, dass ist hier deutlich umstrittener, als so dargestellt. Vielleicht kann das nochmal gecheckt werden? :)

Nora Mommsen
7.7.2022, 19:02:12
Hallo divenir, danke für deine Anmerkung. Die Frage ist in der Tat umstritten, allerdings ist es durchaus herrschende Meinung, dass der gute Glaube hier schützenswert ist, siehe auch MüKoBGB/Lieder BGB § 1155 Rn. 11, RGZ 85, 58 (60 f.); 86, 262 (263); 93, 41 (43 f.); OLG Hamburg Recht 1913 Nr. 1606; BeckOK BGB/Rohe Rn. 9. Anders sieht es beispielsweise das OLG Braunschweig (OLGZ 1983, 219 (220 f.), sowie Herrler in Palandt, Rn. 4. In der Klausur kannst du - wie meistens - mit entsprechender Argumentation auch die andere Ansicht vertreten. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Blotgrim
20.4.2024, 11:06:18
Also Wellenhofer bezeichnet die andere Ansicht als herrschend (§ 27 RN. 49 38. Auflage). Ich fände es deswegen vielleicht auch besser zwei Fragen von dem Typ zu machen "nach Ansicht hat liegt ein
gutgläubiger Erwerbvor" und "nach Ansicht B liegt kein
gutgläubiger Erwerbvor" und die jeweiligen Antworten dann einfach mit Argumenten zu unterfüttern. Gerade, da ich die Argumentation von Wellenhofer nicht gerade unüberzeugend finde
Flohm
29.10.2024, 11:55:52
Schade, dass der Streit hier nicht dargestellt wird!

juramen
11.5.2023, 12:19:16
Wenn die zweite Frage lautet ob G die Hypothek erworben hat, dann ist die Antwort ja prinzipiell dennoch ja, weil er sie gutgläubig erworben hat... Vielleicht könnte man präzisieren, dass zu diesem Zeitpunkt noch nicht der gutgläubige sondern der normale Erwerb gemeint ist?

Lukas_Mengestu
16.5.2023, 14:08:00
Hallo juramen, das ist hier in der Tat etwas tricky! Die Abgrenzung ergibt sich aus den zitierten Vorschriften. In der ersten Frage fehlt § 1155 S. 1 BGB, weswegen es hier zunächst um den berechtigten Erwerb geht. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Wolli
23.5.2024, 15:35:43
Auch wenn der dingliche Mangel hier vielleicht über §§1155 überwunden werden könnte, so müsste M doch auch Inhaber/ Verfügungsberechtigt in Bezug auf die gesicherte Forderung sein. Dies ist nicht der Fall und könnte nur über §1138 überwunden werden. Habe ich etwas übersehen?
okalinkk
17.6.2025, 09:38:55
Sehe ich auch so!
benjaminmeister
13.3.2025, 17:53:16
Wenn man davon ausgeht, dass A weiterhin als Inhaber der Hypothek im Grundbuch steht, reicht es nicht aus, dass der Mitarbeiter nur die gefälschte Abtretungserklärung des H and ihn (M) öffentlich beglaubigt. MMn. fehlt dann im Sachverhalt, dass der Mitarbeiter auch die Abtretungserklärung des A an H beglaubigt hat (oder das zumindest auch fälscht). Ansonsten wäre nämlich keine ausreichende Legitimationskette gegeben. Wenn man davon ausgeht, dass H vorher aber auch im Grundbuch als Inhaber der Hypothek eingetragen wurde, dann bräuchte es diese Fälschung der Beglaubigung A-H nicht. Das fehlt im Sachverhalt aber ebenfalls. Weiterhin ist die Frage bzgl. der Fälschung zu streng gestellt. Offensichtlich existiert ein Streitstand, so dass man die Frage nicht pauschal beantworten kann. Hier wäre eine Differenzierung oder zumindest ein Hinweis danach, welche Ansicht zugrunde gelegt wird, wünschenswert. In der letzten Frage fehlt auch § 892 in der Normenkette. Weil hinsichtlich der Forderung die Berechtigung fehlt, müsste man wahrscheinlich auch noch § 1138 Var. 1 nennen.
benjaminmeister
13.3.2025, 18:21:52
Im ersten Antworttext steht auch, dass es beim gutgläubigen Zweiterwerb auch immer der Beglaubigung des § 1155 braucht. Das ist in seiner Absolutheit ebenfalls nicht richtig, da der
Rechtsscheinfür den Zweiterwerb sich auch bei der
Briefhypothekaus dem Grundbuch ergeben kann, wenn der Übertragende dort als Hypothekeninhaber eingetragen ist und der Brief (ohne beglaubigte Abtretungserklärungen) nichts anderes sagt.

Kathi
8.4.2025, 13:48:44
ist dies dann auch ein Fall der forderungsentkleideten Hypothek? M hat demnach nur die Hypothek gutgläubig erworben, aber nicht die Forderung? Was würde daraus folgen? Hätte einer von Beiden einen Rückübertragungsanspruch?
Paul Hendewerk
5.5.2025, 17:01:19
Habe ich mich auch gefragt!