Keine verschuldensunabhängige Haftung eines Recyclingunternehmens oder des Grundstückseigentümers bei Detonation einer Weltkriegsbombe
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
B betreibt ein Recyclingunternehmen. Mitarbeiter M zerkleinert mit einem Bagger auf dem Grundstück des B ein Stück Beton, in das ein von außen nicht sichtbarer Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg eingeschlossen ist. Die Bombe explodiert und richtet Schäden auf dem Nachbargrundstück des K an.
Einordnung des Falls
Keine verschuldensunabhängige Haftung eines Recyclingunternehmens oder des Grundstückseigentümers bei Detonation einer Weltkriegsbombe
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K hat gegen B einen Schadensersatzanspruch, wenn B die Sprengstoffexplosion mindestens fahrlässig verursacht hat (§ 823 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 308 Abs. 1, Abs. 5 StGB, "Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion").
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Ja!
2. B hat fahrlässig gehandelt, weil er vor der Zerkleinerung keine Untersuchung der Betonstücke angeordnet hat.
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Nein, das ist nicht der Fall!
3. K hat gegen B einen Schadensersatzanspruch aus § 831 BGB.
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Nein, das trifft nicht zu!
4. K hat gegen B einen Ausgleichsanspruch aus § 906 Abs. 2 S. 2 BGB.
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Nein!
5. K steht gegen B ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB zu, wenn das Risiko der Explosion eines Blindgängers in der Grundstücksnutzung durch B angelegt ist.
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Genau, so ist das!
6. Die Explosion eines Blindgängers ist ein typisches Risiko der Nutzung eines Grundstücks durch ein Recyclingunternehmen, das "normalen" Bauschutt verarbeitet.
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Nein, das trifft nicht zu!
Fundstellen
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gelöscht
13.5.2020, 01:33:51
Ich verstehe den Text wohl nicht richtig. Wenn der Nachbar keinen Schadensanspruch hat, wer zahlt denn die Schäden die auf dem Nachbarsgrundstück entstanden sind? Muss das jetzt der Nachbar selbst bezahlen?
gelöscht
14.5.2020, 07:12:13
Hallo John, dass der Entsorger nicht für ein allgemeines Risiko haften sollte leuchtet ein. Für den Schaden des Nachbarn könnten kommunale, landes- oder auch bundesrechtliche Regelungen zum Schadenausgleich greifen. Dies bedarf jedoch einer konkreten Betrachtung des Einzelfalls. VG

Praetor
16.5.2020, 18:31:23
Ohne jetzt Detailkenntnisse zu haben: Meines Wissens erfordern Tiefbauarbeiten in bombardierten Gebieten ein Gutachten in Bezug auf Blindgänger. Wäre das dann nicht ein Fall von DSL des Gutachtenerstellers? Oder meinst @Marcus du das mit den öffentlich-rechtlichen Normen 😅
gelöscht
28.5.2020, 19:44:10
@John: An die DSL hatte ich so noch gar nicht gedacht. Möglich, dass das auch geht. Ich dachte eher an so etwas wie den kommunalen Schadenausgleich. Hier hat sich ja ein gesellschaftliches Risiko verwirklicht. Daher hielte ich es für interessengerecht, wenn die Gesellschaft in diesem Fall dafür aufkäme. Aus eigener Erfahrung in anderem Zusammenhang, weiß ich, dass sowas möglich ist ☺
Elisabeth
4.6.2020, 16:11:47
Müssen Gebäude nicht Pflicht versichert werden? Ich schätze die Versicherung wird dem Nachbarn was gezahlt haben und möchte durch abgetretenes Recht Regress fordern. Wenn dass der „Grundsatz“ ist, finde ich es etwas schwierig von einer zufälligen Schadensverlagerung zu sprechen. Wenn man sich vorsätzlich nicht Pflicht versichert, hat man die Kosten für Schäden seines Eigentums zu tragen. Auch verstehe ich den SV so, dass seitens des Bauunternehmers kein Verschulden vorlag, also selbst ein Gutachter die Bombe nicht hätte entdecken müssen. D.h. Ein „Anspruch ohne Schaden“ des Hauseigentümers gegen den unterstellten Gutachter/Bauunternehmer gem. §§280 I, 241 II würde Mangels Vertretenmüssen gar nicht entstanden sein.