Strafrecht
BT 1: Totschlag, Mord, Körperverletzung u.a.
Körperverletzung mit Todesfolge, § 227 StGB
Unmittelbarkeitszusammenhang - Schlag mit geladener Pistole
Unmittelbarkeitszusammenhang - Schlag mit geladener Pistole
19. Februar 2025
14 Kommentare
4,7 ★ (31.644 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T schlägt O – ohne Tötungsvorsatz – mit einer geladenen Pistole auf den Kopf, sodass sich ein blauer Fleck bildet. Unbeabsichtigt löst sich ein Schuss. O verstirbt an dieser Schussverletzung.
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Einordnung des Falls
Unmittelbarkeitszusammenhang - Schlag mit geladener Pistole
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T könnte sich wegen einer Körperverletzung mit Todesfolge strafbar gemacht haben. Setzt der Tatbestand von § 227 Abs. 1 StGB zunächst eine vorsätzliche Körperverletzung voraus?
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Kann man Ts Schlag mit der Pistole wegdenken, ohne dass Os Tod in der konkreten Gestalt entfällt?
Nein, das trifft nicht zu!
3. § 227 Abs. 1 StGB setzt zudem voraus, dass der Tod des Opfers gerade auf dem spezifischen Unrecht der Körperverletzung beruht (= spezifischer Gefahrzusammenhang). „spezifischen Gefahrzusammenhang“ voraus: Der Tod des Opfers muss also auf dem spezifischen Unrecht der Körperverletzung beruhen.
Ja!
4. Der vorsätzlich herbeigeführten Körperverletzungserfolg (blauer Fleck am Hinterkopf) führte zum Tod des O.
Nein, das ist nicht der Fall!
5. Die Rechtsprechung bejaht den tatbestandsspezifischen Gefahrzusammenhang bereits dann, wenn der Tod aus der spezifischen Gefahr der Körperverletzungshandlung resultiert.
Ja, in der Tat!
6. T handelte im Hinblick auf die schwere Folge zumindest fahrlässig (§ 18 StGB).
Ja!
7. Indem T den O mit der Pistole schlägt, fügt T dem O eine einfache Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) zu.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Finalda
2.10.2023, 16:58:02
Wird die Unterscheidung beim
Unmittelbarkeitszusammenhangzwischen Körperverletzungserfolg und -handlung nur bei § 227 vorgenommen? Bedeutet das, dass beim
Unmittelbarkeitszusammenhangim Rahmen des § 226 auch an Erfolg und Handlung angeknüpft wird oder nur an den Erfolg? Ist quasi die Anknüpfung an Erfolg und Handlung im
Unmittelbarkeitszusammenhangder Grundsatz und nur im Rahmen des § 227 wollen manche davon abweichen oder ist der allgemeine Grundsatz, dass nur auf den Erfolg geschaut wird und im Rahmen des § 227 die Rechtsprechung hier eine Ausnahme mit der Anknüpfung an Erfolg und Handlung vornimmt?
Leo Lee
8.10.2023, 10:52:23
Hallo Finalda, in der Tat wird nur bei
§ 227 StGBeine Unterscheidung (die sogleich im Streitstand mündet) vorgenommen. Dies ist der
Tatsachege
schuldet, dass
§ 227 StGBschlicht auf die „Körperverletzung“ i.S.d. §§ 223 bis 226a StGB verweist. Allerdings beinhalten §§ 223 bis
226 StGBauch den § 223 II StGB, also die Versuchsvariante (wo es eben nur eine Handlung, jedoch keinen Erfolg gibt). D.h. diese Unterscheidung gibt es nur dann, wenn kein Erfolg vorliegt, sondern nur eine Handlung; also nur im Fall des erfolgsqualifizierten Versuchs i.R.d.
§ 227 StGB. Bei
§ 226 StGBbedeutet dies also, dass wenn der schwere Erfolg eingetreten ist, die Unterscheidung irrelevant ist. Liegt hingegen nur eine
versuchte schwere Körperverletzungvor (§ 226 ist ein Verbrechen und ist somit immer strafbar!), so ist wiederum dieser Streit zu führen. Beachte i.Ü. noch, dass diese Streitigkeit bei anderen Qualifikationstatbeständen keine Rolle spielt. Bei § 251 StGB etwa ist eindeutig, dass nicht durch die
Wegnahmebei Raub, sondern gerade durch die qualifizierte Handlung (Gewalt) die Todesfolge herbeigeführt werden muss (ansonsten hätte der Gesetzgeber auch den Diebstahl mit Todesfolge normiert). Hierzu kann ich die Lektüre von Fischer StGB 67. Auflage, § 227 Rn. 3a ff. empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Emil
8.7.2024, 13:52:26
Handelt es sich bei dem Schlag mit einer Pistole nicht neben der einfachen Körperverletzung auch um eine gefährliche Körperverletzung? Dann würde man doch Nr.2 und dann auch Nr.5 aufgrund einer abstrakten Gefahrenlage bejahen. Wie würde man die gefährliche Körperverletzung als Qualifikation des § 223 dann in das Schema des § 227 integrieren?
judith
8.7.2024, 20:18:52
Das Konkurrenzverhältnis von
§ 227 StGBzu §
224 StGBist umstritten. Nach einer Ansicht verdrängt
§ 227 StGBden §
224 StGB, nach der Gegenansicht stehen §§ 224 und
227 StGBgrundsätzlich in
Tateinheit. Die Rechtsprechung nimmt jedenfalls mit Bezug auf § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB (gemeinschaftliche Begehung) eine
Konsumtiondurch
§ 227 StGBan, wenn die Gefahr für das Leben des Opfers gerade durch das gemeinschaftliche Zusammenwirken verursacht wurde14. Erst Recht ist eine
Konsumtiondes § 224 Abs. 1 Nr. 5 (das Leben gefährdende Behandlung) durch
§ 227 StGBanzunehmen.
jomolino
11.10.2024, 16:50:38
Wie genau beachte ich das allerdings in der Prüfung? Beziehe ich mich dennoch auf das qualifizierte Grunddelikt wenn ich dann den
§227prüfe? Die
Konsumtionbespreche ich ja nur im Rahmen der Konkurrenzen. ?
Tinki
10.12.2024, 14:57:41
würde mich auch interessieren!

G0d0fMischief
29.11.2024, 10:21:06
Wie ist das Verhältnis der Körperverletzung mit Todesfolge (und dem
Raub mit Todesfolge) zu den Tötungsdelikten? Eine Körperverletzung mit Todesfolge verwirklicht sich doch „automatisch“ durch Verwirklichung eines Tötungsdelikts. Ist diese dann in unproblematischen Fällen in einem Satz zu bejahen und tritt dann ggfs. auf Konkurrenzebene im Wege materieller Subsidiarität zurück?
Amelie7
2.12.2024, 19:00:07
Soweit ich weiß bleiben nur bei der fahrlässigen Tötung die erfolgsqualifizierten Delikte aus Klarstellungsgründen daneben stehen, oder?
Magnum
10.12.2024, 10:55:43
Hallo liebes Jurafuchs-Team, ich fände es sehr schön, wenn hier auch die Gegenmeinung (dass der Tod an den KV-Erfolg anknüpfen muss) angebracht würde sowie die verschiedenen Argumente zur sprache kämen. In einer Klausur würde das von uns ja vermutlich auch erwartet werden. Liebe Grüße!

Linne_Karlotta_
18.12.2024, 17:47:48
Hallo Magnum, vielen Dank für Deinen Vorschlag! Wir haben ihn notiert und werden in einer der nächsten Redaktionssitzungen prüfen, inwiefern wir hierzu unsere Lerninhalte entsprechend anpassen bzw. noch weitere Aufgaben mit aufnehmen können. Beste Grüße, Linne_Karlotta_, für das Jurafuchs-Team