Referendariat
Die Revisionsklausur im Assessorexamen
Begründetheit I: Vorliegen der Verfahrensvoraussetzungen
Einführungsfall: Formwirksamkeit eines Online-Strafantrags
Einführungsfall: Formwirksamkeit eines Online-Strafantrags
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A beleidigt einen Mitarbeiter des Jobcenters. Dessen Dienstvorgesetzte erstattet daraufhin elektronisch Strafanzeige und Strafantrag bei der „Onlinewache“ der Polizei Sachsen. A wird nach einem halben Jahr erstinstanzlich verurteilt und will sich hiergegen mit der Revision wehren.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Einführungsfall: Formwirksamkeit eines Online-Strafantrags
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Revision ist begründet, wenn das Urteil auf dem Fehlen einer Verfahrensvoraussetzung, einer verfahrensrechtlichen oder einer sachlichrechtlichen Gesetzesverletzung beruht.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Das Revisionsgericht muss das Fehlen von Verfahrensvoraussetzungen nur prüfen, wenn A dies rügt (§ 344 Abs. 2 StPO).
Nein!
3. Das Fehlen eines notwendigen Strafantrags stellt ein Verfahrenshindernis dar.
Genau, so ist das!
4. Kann für die Anklage der Beleidigung (§ 185 StGB) ein fehlender Strafantrag durch die Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses ersetzt werden?
Nein, das trifft nicht zu!
5. Konnte der Strafantrag hier nur durch den Verletzten gestellt werden?
Nein!
6. Nach hM hat die Dienstvorgesetzte formwirksam Strafantrag gestellt.
Nein, das ist nicht der Fall!
7. Vertritt man, dass auch bei einem Online-Strafantrag Klarheit über die Identität des Antragsstellers erlangt werden kann, hat die Dienstvorgesetzte einen formwirksamen Strafantrag gestellt.
Ja, in der Tat!
8. Das Fehlen von Verfahrensvoraussetzungen hat stets die Einstellung des Verfahrens zur Folge.
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
alexisa
24.11.2023, 08:18:19
Ist es richtig, dass hier das Fehlen der Verfahrensvoraussetzung nicht behebbar wäre und somit das Urteil im Rahmen der Revision auszuheben wäre (wenn man der h.M. folgt, dass der Online-Antrag nicht genügt)?
Fischerino
10.12.2023, 13:33:13
ich denke hierfür fehlen noch ein paar Angaben im Sachverhalt. Theoretisch könnte der Strafantrag ja noch nachgeholt werden. Aber ansonsten dürfte Aufhebung + Einstellung zu tenorieren sein :)
jurafuchsles
3.1.2024, 10:27:43
Ich dachte der Strafantrag kann eben nicht im Verfahren nachgeholt werden (Anklagebehörde ist die StA und die Frist zur Stellung des Antrags sollte regelmäßig auch abgelaufen sein). Die StA sollte deswegen bei relativen
Antragsdelikten auch immer schauen, dass das öffentliche Interesse bejaht wird (auch falls der Antrag zurückgenommen wird).
Lukas_Mengestu
14.3.2024, 11:04:13
Hallo zusammen, vielen Dank für die gute Nachfrage! In der Tat wäre es grundsätzlich denkbar, dass ein
fehlender Strafantragnoch nachgeholt wird, aber eben nur, solange die dreimonatige
Antragsfrist(§ 77b StGB) läuft. Da die Verhandlung in der Regel deutlich später terminiert wird, ist dies dann regelmäßig zu spät. Ohne fehlenden Strafantrag wird die
Staatsanwaltschaftdeswegen zumindest bei absoluten
Antragsdelikten von einer Anklageerhebung absehen bzw. das Gericht die Hauptverhandlung schon gar nicht eröffnen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team