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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

V vermietet M ab 1.5.2021 eine Wohnung am Bodensee. Da M diese nur am Wochenende braucht, beschließt er - ohne V zu informieren - sie unter der Woche unterzuvermieten. Als V davon erfährt, fordert er M unter Androhung der fristlosen Kündigung auf, dies zu unterlassen. M setzt die Vermietung dennoch fort. Daraufhin kündigt V unter Verweis auf die Untervermietung außerordentlich mit Schreiben vom 31.07.2021. V verlangt von M Herausgabe der Wohnung.

Einordnung des Falls

Teil 1: außerordentliche Kündigung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V hat einen Anspruch gegen M auf Herausgabe der Wohnung, wenn das Mietverhältnis durch den Ausspruch der fristlosen Kündigung beendet worden ist (§ 546 Abs. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Der Mieter ist verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben (§ 546 Abs. 1 BGB). Das Mietverhältnis endet entweder nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit (befristetes Mietverhältnis) oder durch Kündigung der Mietvertragsparteien. Bei der außerordentlichen (fristlosen) Kündigung endet das Mietverhältnis sofort ohne Abwarten einer Kündigungsfrist. Die außerordentliche Kündigung setzt (1) eine wirksame Kündigungserklärung und (2) einen Kündigungsgrund voraus.

2. Hat V die Kündigung formgerecht erklärt (§ 568 Abs. 1 BGB)?

Ja, in der Tat!

Die Kündigung eines Wohnraummietvertrages muss schriftlich i.S.d. § 126 BGB erfolgen (§568 Abs. 1 BGB). Zudem bedarf die außerordentliche Kündigung der Angabe des wichtigen Grundes (§ 569 Abs. 4 BGB).V hat die Kündigungserklärung selbst unterzeichnet und darin auch die unberechtigte Untervermietung als Kündigungsgrund angegeben.

3. Die Untervermietung stellt eine unbefugte Überlassung an Dritte dar (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB).

Ja!

Die Gebrauchsüberlassung erfolgt unbefugt, wenn der Mieter dazu nach dem Mietvertrag nicht berechtigt ist oder wenn er die vertraglich notwendige Einwilligung des Vermieters nicht eingeholt hat. Dritter ist zunächst jede Person, die nicht Partei des Mietvertrags ist.M hatte keine Erlaubnis zur Untervermietung und diese trotzdem an Dritte überlassen.Mit Blick auf Art. 6 GG zählt die Familie des Mieters nicht als „Dritter“.

4. Die unbefugte Überlassung an Dritte berechtigt stets zur außerordentlichen Kündigung (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Jede Partei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen (§ 543 Abs. 1 S. 1 BGB). Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände nicht zugemutet werden kann an dem Mietverhältnis weiter festzuhalten. Der Gesetzgeber hat in §543 Abs. 2 BGB einige Regelbeispiele aufgeführt. Die unbefugte Überlassung an Dritte berechtigt nur dann zur außerordentlichen Kündigung, wenn dadurch die Rechte des Vermieters erheblich verletzt werden (§543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB). Daran fehlt es jedenfalls dann, wenn zugunsten des Mieters ein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung zur Untervermietung besteht.

5. M hatte einen gesetzlichen Anspruch darauf, dass V der Untervermietung zustimmt (§ 553 Abs. S. 1 BGB), weshalb V trotz unbefugter Untervermietung nicht zur außerordentlichen Kündigung berechtigt war (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Ein Anspruch auf Zustimmung zur Untervermietung besteht, wenn der Mieter (1) nur einen Teil des Wohnraums einem Dritten überlassen will und er hieran (2) ein berechtigtes Interesse hat.M hat nicht nur einen Teil des Wohnraums, sondern die ganze Wohnung untervermietet. Für die Zustimmung zur kompletten Untervermietung besteht - ungeachtet eines berechtigten Interesses - kein gesetzlicher Anspruch (vgl. § 553 Abs. 1 S. 1 BGB). Auch mietvertraglich hatte sich V nicht zur Zustimmung verpflichtet. Vor diesem Hintergrund stellt die Untervermietung eine erhebliche Verletzung von Vs Interessen dar.

6. V hat M vor Ausspruch der Kündigung abgemahnt. Liegt somit ein wirksamer Kündigungsgrund vor (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 1 BGB)?

Ja!

Besteht der wichtige Grund, der zur Kündigung berechtigen soll, in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung nach § 543 Abs. 3 S. 1 BGB grundsätzlich nur nach erfolglosem Ablauf einer angemessenen Abhilfefrist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig.Nachdem V von der Untervermietung erfahren hat, hat er M aufgefordert, diese einzustellen und ihn auch auf die Konsequenzen eines erneuten Verstoßes hingewiesen.Die Vorschrift dient dazu, (1) den Kündigungsgegner zu warnen, dass sein vertragswidriges Verhalten nicht mehr hingenommen wird, und (2) ihm Gelegenheit zu geben, sein Verhalten zu ändern

7. V hat einen Anspruch auf Rückgabe der Wohnung aus § 546 Abs. 1 BGB.

Genau, so ist das!

Der Mieter ist verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben (§ 546 Abs. 1 BGB)V hat das Mietverhältnis durch den Ausspruch der außerordentlichen Kündigung wirksam beendet. Ihm steht deshalb aus § 546 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Rückgabe der Wohnung zu.

8. V steht auch ein Anspruch auf Herausgabe der Wohnung aus § 985 BGB zu.

Ja, in der Tat!

Der Vindikationsanspruch aus § 985 BGB setzt voraus, dass (1) der Anspruchsteller Eigentümer und (2) der Anspruchsgegner Besitzer (3) ohne Recht zum Besitz (§ 986 BGB) ist.V ist Eigentümer der Wohnung. M hat diese in Besitz. Da das Mietverhältnis beendet ist, steht M auch kein Besitzrecht mehr zu.Hier kannst Du Dich in der Klausur sehr knapp halten!

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LEFT

leftgod

27.12.2023, 15:19:22

Der Sachverhalt oder die Lösungsfragen wären nach dem Urteil d. BGH v. 13.09.23 (VIII ZR 109/22) nun wohl anzupassen. So liegt die Überlassung eines „Teils“ der Wohnung iSd § 553 I S. 1 BGB auch vor, wenn die ganze Wohnung untervermietet wird, der Mieter aber seine persönlichen Gegenstände in der Wohnung belässt. So liegt der Fall hier, nachdem nur wochentags die Wohnung untervermietet wird. Die erforderliche vollst. Gewahrsamsaufgabe liegt dagegen nicht vor.

VALA

Vanilla Latte

4.6.2024, 02:16:04

Die Lösung ist leider falsch. Nach neueren Entscheidungen des BGH reicht sogar ein Schrank mit persönlichem Hab und Gut für eine Wohnraumüberlassung und berechtigtes Interesse.


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