Bsp 3: Genehmigung, 185 Abs. 2 BGB

23. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

Studentin S ist eifersüchtig auf ihre Freundin F. F hat ein neues Videospiel und gibt damit an. S stiehlt F das Videospiel. Schnell merkt S aber, das ihr das Spiel keinen Spaß macht und verkauft es deswegen an die gutgläubige E weiter. F fordert den Veräußerungserlös von S.

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Einordnung des Falls

Bsp 3: Genehmigung, 185 Abs. 2 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Möglicherweise kann F den durch den Verkauf erzielten Erlös von S herausverlangen (§ 816 Abs. 1 S. 1 BGB).

Ja!

Ein Anspruch aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB ist gegeben, wenn eine (1) Verfügung (2) eines Nichtberechtigten vorliegt. Diese Verfügung muss (3) gegenüber dem Berechtigten wirksam sein. Hierbei kann sich eine Wirksamkeit der Verfügung ausschließlich aus einem gutgläubigen Erwerb des Verfügungsempfängers (§§ 929 S. 1, 932 BGB) oder aus einer Genehmigung (§ 185 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 BGB) der Verfügung durch den Berechtigten ergeben.
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2. Eine wirksame Verfügung ergibt sich aus einem gutgläubigen Eigentumserwerb der E von S (§§ 929 S. 1, 932 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Der gutgläubige Erwerb ist ausgeschlossen, wenn die Sache abhandengekommen ist (§ 935 BGB). Eine Sache ist abhandengekommen, wenn sie etwa dem Eigentümer gestohlen worden ist und verloren gegangen ist (§ 935 Abs. 1 S. 1 BGB). S hat das Videospiel F gestohlen. Damit ist es F abhandengekommen. Ein gutgläubiger Erwerb der E kommt nicht in Betracht.

3. F hat die Veräußerung des Videospiels von S an E genehmigt (§ 185 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Eine ausdrückliche Genehmigung liegt nicht vor. Allerdings kann eine solche auch konkludent erfolgen. Dies ist im Wege der Auslegung zu ermitteln (§§ 133, 157 BGB). F hat nur im Falle einer wirksamen Verfügung einen Anspruch auf Herausgabe des erlangten Erlöses gegen S. Es ist deshalb davon auszugehen, dass F die Veräußerung von S an E genehmigen möchte. Dies hat sie konkludent durch das Fordern des Erlöses getan. Die Genehmigung wirkt auf den Zeitpunkt der Verfügung zurück, also ex tunc. Eine Einwilligung ist eine Zustimmung vor Vornahme des Geschäfts. Die Genehmigung ist eine Zustimmung nach der Vornahme. Die Zustimmung ist der Oberbegriff.

4. F hat einen Anspruch auf Herausgabe des Veräußerungserlöses gegen S aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB.

Ja!

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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

QUIG

QuiGonTim

8.12.2023, 14:13:42

Liebes Jurafuchs-Team, ihr schreibt in einem Vertiefungshinweis, das die Genehmigung ex tunc wirke. Woraus ergibt sich dies? Der Wortlaut des § 185 Abs. 1 S. 1 BGB („… wird wirksam, wenn …) legt doch eher eine Wirkung ex nunc nahe.

Bubbles

Bubbles

8.12.2023, 14:40:01

Das ordnet § 184 Abs. 1 an

LELEE

Leo Lee

9.12.2023, 20:47:33

Hallo QuiGonTim, wie Bubbles zutreffend anmerkt, ergibt sich diese ex-tunc-Wirkung aus dem Wortlaut „Genehmigung“, was wiederum auf den § 184 I verweist, da hier die Genehmigung geregelt/definiert ist. D.h., dass die Verfügung dann wirksam wird, wenn u.a. genehmigt wird. Und weil die Genehmigung eben ex tunc wirkt, ist auch das Wirksamwerden auf diesen Zeitpunkt zurückzu“fingieren“, weshalb auch diese Verfügung durch die Genehmigung „ex tunc“ wirksam wird. Hierzu kann ich die Lektüre von MüKo-BGB 9. Auflage, Bayreuther § 185 Rn. 42 empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

QUIG

QuiGonTim

22.1.2024, 16:54:30

Liebes Jurafuchs-Team, ihr startet viele Fälle mit einer Art Obersatz (im Zivilrecht regelmäßig: …könnten einen Anspruch aus § X/Y-Vertrag haben. In zivilrechtlichen Klausuren kommt es jedoch nicht zuletzt auf die Wahl der richtigen Anspruchsgrundlage an. Dies wird im vorliegenden Fall besonders gut deutlich, da manche vielleicht nicht sofort an § 816 gedacht hätten. Daher möchte ich anregen, dass ihr den Obersatz nicht mithilfe einer Ja/Nein-Frage, sondern mit einer Multiple-Choice-Aufgabe bildet. Dies regt noch mehr zum eigenständigen Nachdenken über die richtige Anspruchsgrundlage an.

Wendelin Neubert

Wendelin Neubert

30.7.2024, 14:06:06

Danke für Deinen super Input @[QuiGonTim](133054). Damit rennst Du bei uns offene Türen ein! Allerdings können wir das technisch aktuell noch nicht innerhalb einer Aufgabe abbilden, also wir können nicht innerhalb ein und derselben Aufgabe die verschiedenen Lernmodule wechseln. Das wird aber kommen. Und dann werden wir auch die Abfrage der Anspruchsgrundlage variieren. Die Idee mit einer Multiple-Choice-Aufgabe finden wir gut. Wir würden das aber am Liebsten abbilden mit einer Freitext-Aufgabe: „Wie lautet die Anspruchsgrundlage?“ Und dann müssen die Nutzer:innen eigenständig nachdenken, gut überlegen und in das Freitextfeld ihre individuelle Antwort eingeben, die dann von Foxxy ausgewertet wird. Wir bitten noch um ein bisschen Geduld! Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team

SCH

Schrobl

3.10.2024, 11:16:39

Hier sollte man meiner Meinung nach zumindest in einem Vertiefungshinweis darauf eingehen, dass umstritten ist, ob man allein in der Geltendmachung des Anspruchs eine

konkludent

e Genehmigung der Verfügung sehen kann. Dies ist vor dem Hintergrund prekär, dass der ursprüngliche Eigentümer durch die Genehmigung sein Wahlrecht verliert, gegen wen er vorgeht.

FW

FW

5.11.2024, 22:51:26

Warum wird das bei eurer Übersicht als Problem eingeordnet? Ich finde im SV jetzt kein Problem, dass man nicht durch saubere Subsumtion lösen könnte.


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