Zivilrecht
BGB Allgemeiner Teil
Anfechtung der Willenserklärung
Konkurrenz c.ic. & Mängelgewährleistung („Seegrundstück“)
Konkurrenz c.ic. & Mängelgewährleistung („Seegrundstück“)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K kauft von V formwirksam (§ 311b Abs. 1 BGB) ein "Seegrundstück". Nach dem Einzug bemerkt K, dass das Grundstück keinen direkten Seezugang besitzt. Zwischen Grundstück und See liegt ein im Eigentum der Gemeinde G stehender Wanderweg, den G nicht zu übereignen bereit ist.
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Einordnung des Falls
Konkurrenz c.ic. & Mängelgewährleistung („Seegrundstück“)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Das Grundstück ist mangelhaft, weil es keinen direkten Seezugang besitzt (§ 434 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 1 BGB).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. K kann Nacherfüllung verlangen (§§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
3. K kann vom Kaufvertrag zurücktreten und den Kaufpreis zurückverlangen (§§ 346 Abs. 1, 437 Nr. 2, 323 Abs. 1, 326 Abs. 5 BGB).
Ja!
4. K unterlag beim Kauf des Grundstücks einem Eigenschaftsirrtum, weil er sich über das Vorliegen eines direkten Seezugangs irrte (§ 119 Abs. 2 BGB).
Genau, so ist das!
5. K kann seine Willenserklärung gerichtet auf Abschluss des Kaufvertrages anfechten (§§ 142 Abs. 1, 119 Abs. 2 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
6. K hat neben kaufrechtlicher Gewährleistung einen Schadensersatzanspruch aus vorvertraglicher Pflichtverletzung (cic, §§ 280ff i.V.m. 311 Abs. 2 BGB).
Nein!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
136er
21.10.2020, 11:51:01
Könnte man nicht sagen, K kann die
Nachlieferungzwar verlangen, aber V kann sie Verweigern, weil sie ihm nicht möglich ist?
Niklas
22.10.2020, 17:40:48
Das wäre nicht ganz korrekt: Der
Nacherfüllungsanspruchgem. §§437 Nr., 439 I BGB erlischt gem. §275 I BGB. Der Anspruch ist somit untergegangen/erloschen. Anders wäre dies, wenn die Leistung z.B. aufgrund von §275 II BGB unmöglich geworden wäre. Hierbei handelt es sich um eine Einrede, auf die sich der Andere erst berufen müsste. Ich hoffe ich konnte helfen!😊
Isabell
13.1.2021, 19:46:23
Für die letzte Frage fehlt mir die Angabe im Sachverhalt, wie es zu der Bezeichnung "Seegrundstück" gekommen ist? Ist K da einfach von ausgegangen? Hat V es so angeboten obwohl er wusste, dass das nicht stimmt? Ist V davon ausgegangen, dass es stimmt? Und rein aus Interesse: liegt hier objektiv tatsächlich kein Seegrundstück vor?
Tigerwitsch
18.2.2021, 18:43:57
Zur letzten Frage: Wenn ich es richtig verstehe, ist c.i.c. ausgeschlossen im Hinblick auf die 437ff. BGB, sofern V nur fahrlässig handelte. Wieso handelte V vorliegend fahrlässig und nicht vorsätzlich? (er musste doch davon ausgehen, dass der Zugang zum See nicht unmittelbar bestand)
Lorbeerbekränzte🦩
13.3.2021, 17:04:35
Sehe ich genauso 🙈
Lukas_Mengestu
20.12.2021, 12:43:42
Hallo ihr beiden, in der Tat wusste V natürlich was er verkauft hat. Die Fahrlässigkeit bezieht sich dabei aber nicht auf seine Kenntnis des Grundstücks, sondern die Frage, ob er verpflichtet gewesen wäre, Irrtümer des K über Lage und Begrenzung des Kaufgrundstücks durch entsprechende Aufklärung vorzubeugen. Im Hinblick auf fahrlässige Angaben oder Nichtangaben des Verkäufers ist aber nur das Mängelgewährleistungsrecht anzuwenden. Die Anfechtung ist hier ausgeschlossen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
QuiGonTim
7.3.2022, 08:44:18
Ließe sich zur Begründung des Vorrangs der kaufrechtlichen Mängelhaftung auch der Grundsatz „pacta sunt servanda“ anführen? Zwar führen die Ausübung sowohl Anfechtungs- als auch des
Rücktrittsrechts zur Vernichtung des Vertrags. Da aber der Rücktritt den Vertrag ex nunc unwirksam macht, während die Anfechtung ex tunc wirkt, ist die Ausübung des
Rücktrittsrechts die gegenüber dem Vertrag schonendere Variante.
Lukas_Mengestu
7.3.2022, 16:03:28
Hi QuiGonTim, so richtig passt der Grundsatz der Vertragstreue hier letztlich nicht, denn wie Du ja schon richtig einwendest, handelt es sich ja in beiden Fällen um Lösungsmöglichkeiten und damit eine Durchbrechung dieses Grundsatzes. Maßgeblich ist insoweit vor allem die ratio, dass der Gesetzgeber ein spezifisches Regime zur Lösung vom Kaufvertrag bei Sachmängeln entwickelt hat und von dieser gesetzgeberischen Konzeption nicht abgewichen werden soll. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Lea
29.8.2023, 11:22:19
Ist die Lösung gleich gelagert, wenn es sich zum Beispiel um den Fall handelt, dass das Grundstück kleiner ist, als eigentlich vereinbart?