+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Zwillinge K und B streiten sich um das letzte existierende Exemplar ihrer Abizeitung. Sie hat keine materielle Bedeutung, für beide aber einen hohen Erinnerungswert. Schon vor Zustellung der Klage war die Zeitung unauffindbar. K und B streiten noch über die Prozesskosten.

Einordnung des Falls

Wegfall des Klageanlasses

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K kann nur mit Zustimmung des B erreichen, dass der Rechtsstreit ohne Urteil beendet wird.

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Nein, das ist nicht der Fall!

Bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung kann der Kläger die Klage auch ohne Zustimmung des Beklagten zurücknehmen (§ 269 Abs. 1 ZPO). Durch die Rücknahme wird der Prozess beendet und die Rechtshängigkeit rückwirkend beseitigt. Das Gericht muss lediglich noch eine Kostenentscheidung treffen.

2. Gemäß § 269 Abs. 4 ZPO beschließt das Gericht, wem die Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden.

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Ja!

Es ergeht ein Beschluss, gegen den die sofortige Beschwerde möglich ist (§ 269 Abs. 4 S. 1, Abs. 5 ZPO). Auch wenn die Klage noch nicht zugestellt worden ist, werden die Parteien als Kläger und Beklagter bezeichnet. Im Kopfteil des Beschlusses steht nicht „Im Namen des Volkes“, wie es bei Urteilen vorgeschrieben ist (§ 311 Abs. 1 ZPO). Der Tenor lautet: „Die Kosten des Rechtsstreits hat (…) zu tragen.“

3. Nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO kann K erreichen, dass B die Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden.

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Ja, in der Tat!

Grundsätzlich trägt der Kläger die Kosten des Rechtsstreits (§ 269 Abs. 3 S. 2 ZPO). Dies gilt nicht, wenn der Anlass zur Klage vor Rechtshängigkeit, also Zustellung an B, weggefallen ist (§ 269 Abs. 3 S. 3 ZPO). Damit kann K eine Kostenentscheidung nach billigem Ermessen erreichen, ähnlich wie im Fall des § 91a ZPO. Diese fällt zu Ks Gunsten aus, wenn (1) B Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und (2) ohne Wegfall des Klageanlasses antragsgemäß verurteilt worden wäre. Hat K ohne Verschulden erst nach Einreichung der Klage vom Verschwinden der Zeitung erfahren, ist es billig, dem Beklagten die Kosten aufzuerlegen.

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