Zivilrechtliche Nebengebiete
Arbeitsrecht
Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis
Betriebliche Übung – später eintretender Arbeitnehmer
Betriebliche Übung – später eintretender Arbeitnehmer
17. Februar 2025
5 Kommentare
4,8 ★ (11.439 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Fünf Jahre in Folge hat U hat ihren Mitarbeitern €250 Weihnachtsgeld gezahlt. Der Wortlaut der Arbeitsverträge sieht dies nicht vor. Aufgrund der Covid-19-Krise unterlässt U im November 2021 die Auszahlung. Die im Oktober neu eingestellte Arbeitnehmerin A besteht dennoch auf ihr erstes Weihnachtsgeld.
Diesen Fall lösen 70,5 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Betriebliche Übung – später eintretender Arbeitnehmer
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Gegenüber der alten Belegschaft hat U eine betriebliche Übung auf Auszahlung des Weihnachtsgeldes begründet.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Darf U der A das Weihnachtsgeld verweigern?
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Nach der (herrschenden) Vertragstheorie ist es ausgeschlossen, dass sich neu eintretende Arbeitnehmer auf eine bestehende betriebliche Übung berufen.
Nein!
4. Nach der Vertrauenstheorie ist es ausgeschlossen, dass sich neu eintretende Arbeitnehmer auf eine bestehende betriebliche Übung berufen.
Nein, das ist nicht der Fall!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

la reina de los gatos
29.4.2024, 21:25:15
Wie kann es sein, dass eine betriebliche Übung auch dann insofern Fortbestand hat, als dass der Betrag auch in Ausnahmejahren bei (wenn vorhanden) extremen wirtschaftlichen Einbußen ausbezahlt werden muss, wie z.B. aufgrund von Covid-19? Sollte da nach der Vertrauenstheorie nicht das erweckte Vertrauen fehlen - bzw. die Nichtauszahlung mit § 242 BGB vereinbar sein? Auch bei der Vertragstheorie, da bestünde doch die Möglichkeit, sich auf eine
Störung der Geschäftsgrundlageo.ä. zu berufen.

Lukas_Mengestu
30.4.2024, 08:39:48
Hi la reina de los gatos, vielleicht wird es klarer, wenn Du das Weihnachtsgeld hier mit dem normalen Arbeitslohn ersetzt. Auch in Krisenzeiten kann der Arbeitgeber den nicht ohne weiteres unter Verweis auf die Krise einseitig kürzen. Vielmehr bedarf es einer entsprechenden (kollektiven) Vereinbarung (z.B. im Hinblick auf Kurzarbeit). Nichts anderes gilt insoweit für Ansprüche aus betrieblicher Übung. Allein eine schlechte wirtschaftliche Lage berechtigen den Arbeitgeber hier nicht zu einseitig beschlossenen Kürzungen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

G0d0fMischief
15.1.2025, 11:28:21
@[la reina de los gatos](238333) Ergänzend zu de, was @[Lukas_Mengestu](136780) geschrieben hat: Für den Arbeitnehmer macht es ja schlichtweg keinen Unterschied, ob es sich um Weihnachtsgeld oder „normalen" Lohn handelt. Entscheidend ist für ihn, dass er damit rechnet, dass er im Dezember den Geldbetrag X (Lohn + „Weihnachtsgeld“) bekommt und er sich darauf wirtschaftlich einstellt.