Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Versuch und Rücktritt

Versuch der Erfolgsqualifikation - Strafbarkeit des Versuchs 2

Versuch der Erfolgsqualifikation - Strafbarkeit des Versuchs 2

18. April 2025

6 Kommentare

4,7(12.748 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
Tags
Klassisches Klausurproblem

T möchte O aussetzen (§ 221 Abs. 1 StGB) und ihn dadurch versterben lassen. O überlebt, da ein Dritter ihn rettet. Der Aussetzungsgefahrerfolg ist zu keinem Zeitpunkt eingetreten.

Diesen Fall lösen 79,1 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Versuch der Erfolgsqualifikation - Strafbarkeit des Versuchs 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Versuch einer Aussetzung (§ 221 Abs. 1 StGB) ist strafbar.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (§ 23 Abs. 1 StGB). Die Aussetzung ist weder ein Verbrechen noch ist die Versuchsstrafbarkeit durch das Gesetz angeordnet.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Der Versuch einer Aussetzung mit Todesfolge (§ 221 Abs. 3 StGB) ist nach herrschender Meinung strafbar.

Ja, in der Tat!

Die herrschende Meinung bejaht die Versuchsstrafbarkeit einer Erfolgsqualifikation auch dann, wenn das Grunddelikt für sich nicht im Versuch strafbar ist. Sowohl Grunddelikt als auch Erfolgsqualifikation sind im Versuch stecken geblieben. Lediglich die Erfolgsqualifikation, die Aussetzung mit Todesfolge (§ 221 Abs. 3 StGB), ist ein Verbrechen, sodass eine Versuchsstrafbarkeit in Betracht kommt.

3. Eine Minderansicht lehnt eine Strafbarkeit des Versuchs ab.

Ja!

Eine Mindermeinung lehnt eine Strafbarkeit des Versuchs in der vorliegenden Konstellation ab, da die Strafbarkeit der Erfolgsqualifikation voraussetze, dass eine Tat vorliege (§ 18 StGB). Damit ist gemeint, dass bereits eine strafbare Handlung vorliegen muss. § 18 StGB wirkt also nicht strafbegründend, sondern nur strafschärfend. Eine Erfolgsqualifikation setze daher auch bei Vorsatz ein strafbares (Versuchs-)Grunddelikt voraus. Die herrschende Meinung setzt dem entgegen, dass § 18 StGB nur beinhalte, dass wenigstens Fahrlässigkeit hinsichtlich der schweren Folge vorliegen muss und kein Vorsatz erforderlich ist. Ein Ausschluss für die Versuchsstrafbarkeit wegen Vorsatzes ist damit nicht Inhalt der Norm.

4. Der Täter kann auch eine Erfolgsqualifikation versuchen.

Genau, so ist das!

Eine Erfolgsqualifikation ist auch vorsätzlich möglich. Bei einer Erfolgsqualifikation ist mindestens Fahrlässigkeit erforderlich (§ 18 StGB), sodass Vorsatz ebenfalls möglich ist. Bei § 226 Abs. 2 StGB ist z.B. ausdrücklich auch Absicht und Wissen erforderlich. Ein Versuch ist daher möglich.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Swagni

Swagni

23.2.2024, 15:27:32

warum bezieht sich die Erklärung im letzten Text auf 226, wenn sich der Fall um 221 III dreht?

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

20.12.2024, 11:16:43

Hallo @[Swagni](185428), § 226 II StGB dient hier der systematischen Argumentation. Er verdeutlicht, dass Erfolgsqualifikationen auch vorsätzlich verwirklicht werden können, konkret im Fall des § 226 II StGB sogar absichtlich/wissentlich. Das wiederum können wir dann auf § 221 III StGB übertragen, der ebenfalls eine Erfolgsqualifikation ist. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

G0d0fMischief

G0d0fMischief

2.11.2024, 16:04:22

In einer vorherigen Aufgabe habt ihr damit argumentiert, dass wenn ein der Versuch eines Grunddelikts straflos ist, ein

Versuch der Erfolgsqualifikation

nicht möglich ist, da § 18 StGB eine Tat voraussetzt und dies durch mangels versuchten Grunddelikts nicht möglich ist. Ich bin nur nicht sicher, ob es so gemeint war, dass wenn der Versuch des Grunddelikts straflos ist, auch keine Strafe wegen leichtfertigen Eintritts der schweren Folge erfolgen kann (also bei grob fahrlässigem Handeln). Könntet ihr das vielleicht nochmal in einem Infotext erläutern?

Michi K

Michi K

14.11.2024, 11:04:04

Bei

Versuch der Erfolgsqualifikation

2 wird als hM genannt, dass eine Strafbarkeit nicht in Betracht kommt. Hier jetzt andersrum. Was ist jetzt nach eurer Ansicht hM?


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community

Weitere für Dich ausgwählte Fälle

Jurafuchs

Versuch der Erfolgsqualifikation - Strafbarkeit des Versuchs 3

T möchte O solange nachstellen (§ 238 Abs. 1 StGB), bis dieser sich das Leben nimmt. Daher bestellt er mehrere Waren an die Adresse von O und droht O mehrfach über SMS. Die Bestellungen bei der Amazon App und die SMS werden jedoch von T aufgrund eines technischen Fehlers nie von seinem Handy abgesendet.

Fall lesen

Jurafuchs

Versuch der Erfolgsqualifikation - Strafbarkeit des Versuchs 4

T möchte den 17-jährigen Sohn von O entführen und dabei töten. Der Sohn flieht jedoch, wobei er sich auf der Flucht schwer verletzt und verstirbt.

Fall lesen

Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen