+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K und V schließen einen Kaufvertrag über einen antiken Schreibtisch. Bei Kaufvertragsschluss vereinbaren sie, einen Eigentumsvorbehalt. Bei Übergabe des Schreibtischs wird der Eigentumsvorbehalt nicht mehr erwähnt.

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Einordnung des Falls

§ 449 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ein Eigentumsvorbehalt kann immer nur gleichzeitig auf schuldrechtlicher und dinglicher Ebene vereinbart werden.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Eigentumsvorbehalt kann sowohl auf schuldrechtlicher Ebene, als auch auf dinglicher Ebene gesondert vereinbart werden. Ist er nur im schuldrechtlichen Geschäft vereinbart, kann die Vermutungsregel des § 449 Abs. 1 BGB eingreifen. Jedoch kann der Eigentumsvorbehalt auch ohne schuldrechtliche Vereinbarung erst auf dinglicher Ebene vereinbart werden.
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2. Nach § 449 Abs. 1 BGB ist hier davon auszugehen, dass K und V auch auf dinglicher Ebene einen Eigentumsvorbehalt vereinbart haben.

Ja, in der Tat!

§ 449 Abs. 1 enthält eine Vermutungsregelung: Ist auf schuldrechtlicher Ebene ein Eigentumsvorbehalt vereinbart, so ist im Zweifel (Vermutung) davon auszugehen, dass auch die dingliche Einigung aufschiebend bedingt erfolgen soll. Hier haben K und V im Kaufvertrag einen Eigentumsvorbehalt vereinbart. Da keine Anhaltspunkte bestehen, die die Vermutung des § 449 Abs. 1 BGB, widerlegen, ist davon auszugehen, dass die Einigung aufschiebend bedingt erfolgte.

3. Mit Kaufpreiszahlung erlangt K Eigentum an dem Schreibtisch.

Ja!

Die Übereignung nach § 929 S. 1 BGB setzt voraus: (1) Einigung, (2) Übergabe, (3) Einigsein bei Übergabe, (4) Berechtigung des Veräußerers. K und V haben die dingliche Einigung unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung erklärt. Mit Kaufpreiszahlung wird die Einigung damit unbedingt. V hat K den Schreibtisch auch übergeben. V war auch verfügungsbefugt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

BENED

Benedikt

21.8.2023, 09:06:22

Wie würde sich denn ein rein schuldrechtlicher Eigentumsvorbehalt auswirken. Ich kann mir darunter nicht wirklich etwas vorstellen.

LELEE

Leo Lee

23.8.2023, 11:24:47

Hallo Benedikt, ein rein schuldrechtlich vereinbarter Eigentumsvorbehalt wirkt sich auf der schuldrechtlichen Ebene dahingehend aus, dass die Pflicht aus § 433 I 1 BGB (eigentlich auf Übergabe und

ÜberEIGNUNG

) sich dahingehend verändert, dass der Schuldner (Verkäufer) nunmehr "lediglich" dazu verpflichtet ist, die Sache zu übergeben und AUFSCHIEBEND zu übereignen. D.h., der Käufer kann gem. §§ 433 I 1 i.V.m. 449 I BGB die Verschaffung des vorbehaltenen Eigentums verlangen (neben der Besitzverschaffung) aus dem Vertrag. Auf der dinglichen Ebene - wegen des Abstraktionsprinzips - hat der Vertrag an sich natürlich keine direkten Auswirkungen, allerdings wird I. Ein solcher Eigentumsvorbehalt vermutet (was sich dann auf der dinglichen Ebene auswirkt bei der Einigung, wo gem. §§ 929 1, 158 I BGB das Eigentum nicht komplett übertragen wird) und II. Eine Verpflichtung (wie oben erwähnt) auf die

Übereignung

unter Vorbehalt gem. §§ 929 1, 158 I BGB begründet. Hierzu kann ich dir die Lektüre von MüKo-BGB, 8. Auflage, Westermann § 449 Rn. 23 f. sehr empfehlen :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo


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