Strafbare Vortat - Grundfall
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Beamtin B nimmt von Unternehmerin U eine teure Uhr entgegen. B soll U im Gegenzug rasch eine Baugenehmigung erteilen. Als Behördenleiter L stutzig wird und die Vorgänge untersucht, behauptet Bs Kollegin K, sie habe B die Uhr geschenkt. Sie will erreichen, dass B die Uhr behalten kann.
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Einordnung des Falls
Strafbare Vortat - Grundfall
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. B hat sich der Vorteilsannahme strafbar gemacht haben, indem sie die Uhr entgegen nahm (§ 331 Abs. 1 StGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. § 331 StGB schützt das Vertrauen der Allgemeinheit in die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes und ist mithin kein Vermögensdelikt. Kann § 331 StGB trotzdem eine taugliche Vortat der Begünstigung nach § 257 StGB sein?
Ja!
3. K hat sich wegen § 257 Abs. 1 StGB strafbar gemacht, indem sie zu L sagte, die Uhr habe ursprünglich ihr gehört und sie habe die Uhr B geschenkt.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Juraddicted
17.10.2024, 20:45:10
"Nur" Straftaten nach dem StGB oder kommt auch OwiG oder europäische Normen in Betracht? Vielen Dank :)
Timurso
17.10.2024, 21:03:59
Ordnungswidrigkeiten sind keine Taten im Sinne des StGB. Das zeigt bereits eindeutig der Wortlaut des OWiG, der im Gegensatz zum StGB im allgemeinen Teil gerade nicht von Taten spricht. EU-Normen sind in aller Regel strafrechtlich irrelevant, da die EU grds. keine Gesetzgebungskompetenz im Bereich des Strafrechts hat. Hättest du ein konkretes Beispiel für eine EU-Norm, die du dir in diesem Kontext vorstellen kannst?
Juraddicted
17.10.2024, 21:45:39
Super, vielen Dank für die Erklärung! :) Wie Du völlig richtig gesagt hast, wird das in § 11 StGB auch explizit genannt.. Wegen der EU: Ich hatte das gelesen: "Mit der am 19. Mai 2024 in Kraft getretenen Richtlinie (EU) 2024/1226 zur Definition von Straftatbeständen und Sanktionen bei Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union („RL 2024/1226“) setzt die EU neue Maßstäbe für die strafrechtliche Verfolgung und Bestrafung von Verstößen gegen restriktive Maßnahmen („Sanktionen“) der Union. Die Kompetenzen der EU im Bereich des Strafrechts sind zwar grundsätzlich auf einige Bereiche besonders schwerer grenzüberschreitender Kriminalität wie etwa Terrorismus,
Geldwäscheoder Korruption begrenzt. Der Rat kann jedoch durch Beschluss weitere Bereiche in die Liste der „EU-Straftatbestände“ aufnehmen. Ein solcher Beschluss wurde im November 2022 für Verstöße gegen EU-Sanktionen gefasst. (...)" [NOERR] Deswegen habe ich mich gefragt, ob es da zu Konstellationen kommen kann?
Timurso
18.10.2024, 07:02:14
Da Richtlinien in keinem Fall zu Lasten des Bürgers unmittelbar anwendbar sind, sind diese irrelevant. Es kommt höchstens das deutsche Umsetzungsgesetz in Betracht, was wiederum ganz normal Strafnormen enthalten kann. Die Frage, ob die Vortat sich auch (unmittelbar) aus EU-Recht ergeben kann, würde sich nur stellen, wenn die Strafbarkeit in einer Verordnung normiert wäre.