+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
S bietet sein Sonnenstudio vorschriftswidrig auch Minderjährigen an. Da S wiederholt aufgefallen ist, erhält S am 01.03. von der Behörde B ein Schreiben (das mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehen ist), in dem B den Betrieb untersagt (§ 35 Abs. 1 S. 1 GewO). S will sich wehren und legt am 02.04. bei B Widerspruch ein.
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Einordnung des Falls
Grundfall: Frist zur Einlegung des Widerspruchs (§ 70 VwGO)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet. Ist der Anfechtungswiderspruch (§ 68 Abs. 1 S. 1 VwGO) statthaft?
Ja!
Die Statthaftigkeit des Widerspruchs ergibt sich aus § 68 VwGO. Gemäß § 68 Abs. 1 S. 1 VwGO ist vor Erhebung der Anfechtungsklage ein Widerspruchsverfahren durchzuführen. Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) ist wiederum statthaft, wenn der Kläger die Aufhebung eines Verwaltungsakts begehrt (vgl. § 88 VwGO). S will sich gegen die Untersagungsverfügung (= Verwaltungsakt) wehren. Statthaft ist daher die Anfechtungsklage und somit auch der Anfechtungswiderspruch gemäß § 68 Abs. 1 S. 1 VwGO.
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2. S kann gegen die Untersagungsverfügung zeitlich unbegrenzt Widerspruch erheben.
Nein, das ist nicht der Fall!
Der Widerspruchsführer muss gemäß § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO den Widerspruch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe (siehe § 41 Abs. 1 VwVfG) erheben. Hält der Widerspruchsführer die Frist nicht ein, so wird der erlassene Verwaltungsakt bestandskräftig und somit unanfechtbar. Das bedeutet, dass der Widerspruchsführer nicht mehr mit Rechtsmitteln gegen den Verwaltungsakt vorgehen kann.
3. Der Beginn und das Ende der Widerspruchsfrist aus § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO berechnen sich unter Heranziehung der §§ 187 ff. BGB.
Ja, in der Tat!
Wegen der Sonderstellung des Widerspruchsverfahrens „zwischen“ dem Verwaltungsverfahren und dem gerichtlichen Verfahren, ist umstritten, nach welchen Vorschriften sich die Fristberechnung der Widerspruchsfrist aus § 70 VwGO richtet. Eine Ansicht zieht §§ 79, 31 Abs. 1 VwVfG heran, eine andere § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO. Die Frage kann jedoch offen bleiben, da beide Ansichten Vorschriften für maßgeblich halten, die für die Fristberechnung letztlich auf die §§ 187 ff. BGB verweisen.
4. Die Widerspruchsfrist begann am 01.03.
Nein!
Gemäß § 187 Abs. 1 BGB beginnt der Fristlauf mit dem Tag, der auf das Ereignis folgt, durch das die Frist in Gang gesetzt wird. Das Ereignis ist hier die Bekanntgabe des Verwaltungsakts (§ 70 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die Frist beginnt somit am Tag nach der Bekanntgabe. Da die Bekanntgabe gegenüber S am 01.03. erfolgte, begann die Frist am 02.03.
5. Die Frist endete am 01.04. Der Widerspruch des S war somit verfristet (§ 70 Abs. 1 S. 1 VwGO).
Genau, so ist das!
Gemäß § 188 Abs. 2 BGB endet die Frist mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche bzw. des letzten Monats der Frist, welcher dem Tag entspricht, in den das Ereignis des Fristbeginns fällt. Bei der Monatsfrist entspricht mithin der Tag des Fristendes dem Tag, an dem das die Frist auslösende Ereignis (= Bekanntgabe) stattfand. Da dies am 01.03. erfolgte, endete die Monatsfrist des § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO am 01.04., 24 Uhr. S hat aber erst am 02.04 Widerspruch eingelegt. Der Widerspruch ist verfristet und damit unzulässig.