Zulässigkeit von Listenwahlplätzen

23. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Heute in der Vorlesung hat Lawra (L) gelernt, was die Unmittelbarkeit der Wahl bedeutet. L schaut sich das Wahlsystem in Deutschland an und fragt sich, ob die Ausgestaltung mit dem Grundsatz der Unmittelbarkeit vereinbar ist.

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Einordnung des Falls

Zulässigkeit von Listenwahlplätzen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Unmittelbarkeit der Wahl besagt zum einen, dass keine Wahlpersonen zwischen Volk und Parlament geschaltet werden dürfen. Gibt es in Deutschland solche Wahlpersonen?

Nein!

Die Unmittelbarkeit der Wahl (Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG) bedeutet, dass die Stimmabgabe der Wahlberechtigten sich auf die zu entsendenden Vertreter des Parlaments selbst beziehen muss. Es dürfen keine Wahlpersonen, Stellvertretende oder andere Instanzen dazwischen geschalten werden. In Deutschland geben die Wahlberechtigten ihre Erststimme direkt für einen Kandidaten ab, die Zweitstimme für die Landesliste einer Partei. In beiden Fällen erfolgt die Wahl unmittelbar. Wahlpersonen gibt es z.B. bei der Präsidentschaftswahl in den USA. Hier spricht man von einer mittelbaren Wahl. Mittelbare Wahlen gab es z.B. auch in Preußen bis 1918 und in Finnland bis 1988.
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2. Unmittelbarkeit der Wahl bedeutet auch, dass die Wählenden vor dem Wahlakt erkennen müssen, wer sich um ein Mandat bewirbt.

Genau, so ist das!

Die Unmittelbarkeit der Wahl (Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG) bedeutet einerseits, dass (1) die Stimmabgabe der Wahlberechtigten sich auf die zu entsendenden Vertreter des Parlaments selbst beziehen muss. Der Grundsatz bedeutet darüberhinaus auch, dass (2) die Wählenden vor dem Wahlakt erkennen müssen, wer sich um ein Mandat bewirbt und (3) wie sich die Stimmabgabe darauf auswirkt.

3. Bei der Abgabe der Erststimme für einen bestimmten Kandidaten ist die Unmittelbarkeit der Wahl unproblematisch gewahrt.

Ja, in der Tat!

Nach dem Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl muss für den Wählenden erkennbar sein, für wen er seine Stimme abgibt und wie sich diese Stimme auswirkt. Mit der Erststimme wählen die Wahlberechtigten einen konkreten Kandidaten eines Wahlkreises (§ 6 BWahlG). Es ist daher erkennbar, wer gewählt wird und dass sich die Stimme dahingehend auswirkt, dass der Kandidat eine Stimme mehr im Vergleich zu den anderen Kandidaten im Wahlkreis erhält. Die Wahl eines Wahlkreiskandidaten wird den Anforderungen der Unmittelbarkeit der Wahl unproblematisch gerecht. Dies war besonders nach dem alten Wahlrecht eindeutig: Ein gewähltes Direktmandat zog immer in den Bundestag ein. Aber auch nach der Wahlrechtsreform dürfte die Unmittelbarkeit der Wahl bzgl. der Erststimme gewahrt sein.

4. Die Wahl einer Landesliste (Zweitstimme) wird dem Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl nur dann gerecht, wenn die Zusammensetzung der Liste und die Reihenfolge der Bewerber vor der Wahl feststehen.

Ja!

Nach dem Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl muss für den Wählenden erkennbar sein, für wen er seine Stimme abgibt und wie sich diese Stimme auswirkt. Die Entscheidung über die Zusammensetzung der Landeslisten muss im Vorfeld der Wahl getroffen werden (§§ 27, 28 Abs. 1 BWahlG). Weiterhin ist die festgelegte Reihenfolge unabänderlich (vgl. § 4 BWahlG). Es ist für die Wählenden daher vor der Wahl auf in Bezug auf ihre Zweitstimme nachvollziehbar, wie sich ihre Stimme auf das Wahlergebnis auswirkt, auch wenn dies nicht so offensichtlich ist, wie bei der Erststimme. Die Wahl einer Landesliste ist mit dem Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl vereinbar.
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