Spontanes Stöbern

21. November 2024

4,6(30.709 mal geöffnet in Jurafuchs)

[...Wird geladen]

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

G stellt sich im Geschäft des A während eines Regenschauers unter. Spontan entschließt er sich zum Stöbern. Sodann wird er von einem umstürzenden Regal, das das ansonsten sehr sorgfältige Personal P des A nicht ordnungsgemäß gesichert hat, verletzt.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen

Einordnung des Falls

Spontanes Stöbern

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. G hat einen vertraglichen Schadensersatzanspruch gegen A.

Nein, das ist nicht der Fall!

Dafür müsste ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen sein. Unabhängig davon, ob bereits das Auslegen der Ware ein Angebot des A ist oder es sich bloß um eine Aufforderung zur Angebotsabgabe handelt, die erst durch das Vorlegen an der Kasse durch erfolgt, hatte G sich bisher nur umgesehen. Daher ist nach beiden Ansichten noch kein Kaufvertrag (§ 433 BGB) zwischen A und G zustande gekommen. Vertragliche Schadensersatzansprüche scheiden aus.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. G hat einen vorvertraglichen Schadensersatzanspruch gegen A (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 2, 241 Abs. 2 BGB).

Ja, in der Tat!

Auch wenn G das Geschäft zu geschäftsfremden Zwecken betreten hat, hat er sich sodann über das Angebot der Waren des A informiert. Ab diesem Zeitpunkt ist ein vorvertragliches Schuldverhältnis entstanden, sodass die Absichten beim ursprünglichen Betreten irrelevant sind. A trifft die Pflicht, Sorge zu tragen, dass seine Kunden nicht verletzt werden. A hat diese Pflicht nicht verletzt. Jedoch wird P als Erfüllungsgehilfe des A in dessen Pflichtenkreis mit Wissen und Wollen tätig, sodass A die fahrlässige Pflichtverletzung des P zugerechnet wird (§ 278 S. 1 Alt. 2 BGB). G kann seine Heilbehandlungskosten nach § 249 Abs. 2 BGB ersetzt verlangen.

3. G hat einen deliktischen Schadensersatzanspruch gegen A (§ 823 Abs. 1 BGB).

Nein!

Dazu müsste A (1) ein absolut geschütztes Recht des G (2) schuldhaft, (3) kausal und (4) rechtswidrig verletzt haben, wodurch G ein (5) kausaler Schaden entstanden sein müsste. Zwar wurde Gs Leib verletzt. Allerdings nicht durch eine Verletzungshandlung des A. Hier hat nicht A, sondern P das Regal nicht ordnungsgemäß gesichert. Fremdes Verschulden wird im Deliktsrecht grundsätzlich nicht zugerechnet. Die Zurechnungsnorm des § 278 BGB greift hier nicht.

4. G hat einen deliktischen Schadensersatzanspruch gegen A aus § 831 Abs. 1 S. 1 BGB.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Schadenersatzanspruch aus § 831 Abs. 1 S. 1 BGB setzt voraus: (1) eine unerlaubte Handlung, (2) des Verrichtungsgehilfen, (3) bei Ausführung der Verrichtung (4) und keine Exkulpation des Geschäftsherrn und (5) einen kausalen Schaden. P ist als Verrichtungsgehilfe des A weisungsgebunden mit Wissen und Wollen im Pflichtenkreis des A tätig. P verletzte den Leib des G. Allerdings hat A den P sorgfältig ausgesucht und überwacht, dass sich A erfolgreich exkulpieren kann (§ 831 Abs. 1 S. 2 BGB). Deliktische Ansprüche gegen A scheiden aus.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Weitere für Dich ausgwählte Fälle

Jurafuchs

Entstehung III: Ähnliche geschäftliche Kontakte, ohne Vertrag

Unternehmer U soll für A ein Projekt durchführen. U fragt die Bank B, ob das Projekt finanziell abgesichert ist, was B bestätigt. Die Verhandlungen waren aber noch nicht abgeschlossen. Nach Aufnahme der Arbeiten verweigert B dem A dennoch den Kredit. U erleidet einen hohen Vermögensschaden.

Fall lesen

Kind rutscht im Supermarkt auf Salatblatt aus und stürzt. Putzkraft des Supermarkts hat das Blatt nicht weggeräumt.

Der Salatblattfall (BGHZ 66, 51)

Der Salatblattfall ist ein absoluter Klassiker im BGB / Schuldrecht, den alle Student:innen und Praktiker:innen kennen sollten. Der BGH hat ihn bereits 1976 entschieden. Dennoch ist der Fall heute noch richtungsweisend. Der BGH musste sich u.a. mit der Frage auseinandersetzen, ob sich zwei zentrale zivilrechtliche Rechtsfiguren – die „culpa in contrahendo“ (Verschulden bei Vertragsverhandlungen) und der „Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter“ (VSD) – kombinieren lassen.

Fall lesen

Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen