Spontanes Stöbern

3. Dezember 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

G stellt sich im Geschäft des A während eines Regenschauers unter. Spontan entschließt er sich zum Stöbern. Sodann wird er von einem umstürzenden Regal, das das ansonsten sehr sorgfältige Personal P des A nicht ordnungsgemäß gesichert hat, verletzt.

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Einordnung des Falls

Spontanes Stöbern

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. G hat einen vertraglichen Schadensersatzanspruch gegen A.

Nein, das ist nicht der Fall!

Dafür müsste ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen sein. Unabhängig davon, ob bereits das Auslegen der Ware ein Angebot des A ist oder es sich bloß um eine Aufforderung zur Angebotsabgabe handelt, die erst durch das Vorlegen an der Kasse durch erfolgt, hatte G sich bisher nur umgesehen. Daher ist nach beiden Ansichten noch kein Kaufvertrag (§ 433 BGB) zwischen A und G zustande gekommen. Vertragliche Schadensersatzansprüche scheiden aus.
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2. G hat einen vorvertraglichen Schadensersatzanspruch gegen A (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 2, 241 Abs. 2 BGB).

Ja, in der Tat!

Auch wenn G das Geschäft zu geschäftsfremden Zwecken betreten hat, hat er sich sodann über das Angebot der Waren des A informiert. Ab diesem Zeitpunkt ist ein vorvertragliches Schuldverhältnis entstanden, sodass die Absichten beim ursprünglichen Betreten irrelevant sind. A trifft die Pflicht, Sorge zu tragen, dass seine Kunden nicht verletzt werden. A hat diese Pflicht nicht verletzt. Jedoch wird P als Erfüllungsgehilfe des A in dessen Pflichtenkreis mit Wissen und Wollen tätig, sodass A die fahrlässige Pflichtverletzung des P zugerechnet wird (§ 278 S. 1 Alt. 2 BGB). G kann seine Heilbehandlungskosten nach § 249 Abs. 2 BGB ersetzt verlangen.

3. G hat einen deliktischen Schadensersatzanspruch gegen A (§ 823 Abs. 1 BGB).

Nein!

Dazu müsste A (1) ein absolut geschütztes Recht des G (2) schuldhaft, (3) kausal und (4) rechtswidrig verletzt haben, wodurch G ein (5) kausaler Schaden entstanden sein müsste. Zwar wurde Gs Leib verletzt. Allerdings nicht durch eine Verletzungshandlung des A. Hier hat nicht A, sondern P das Regal nicht ordnungsgemäß gesichert. Fremdes Verschulden wird im Deliktsrecht grundsätzlich nicht zugerechnet. Die Zurechnungsnorm des § 278 BGB greift hier nicht.

4. G hat einen deliktischen Schadensersatzanspruch gegen A aus § 831 Abs. 1 S. 1 BGB.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Schadenersatzanspruch aus § 831 Abs. 1 S. 1 BGB setzt voraus: (1) eine unerlaubte Handlung, (2) des Verrichtungsgehilfen, (3) bei Ausführung der Verrichtung (4) und keine Exkulpation des Geschäftsherrn und (5) einen kausalen Schaden. P ist als Verrichtungsgehilfe des A weisungsgebunden mit Wissen und Wollen im Pflichtenkreis des A tätig. P verletzte den Leib des G. Allerdings hat A den P sorgfältig ausgesucht und überwacht, dass sich A erfolgreich exkulpieren kann (§ 831 Abs. 1 S. 2 BGB). Deliktische Ansprüche gegen A scheiden aus.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Tigerwitsch

Tigerwitsch

24.5.2021, 18:00:11

Könnte man bei der dritten Frage („G hat einen vorvertraglichen Anspruch gegen A (Normen)“ in die Normenkette den

§ 278 BGB

einfügen? Ansonsten ist es mE etwas verwirrend, da man uU denkt, es kommt bei der Frage nur um das isolierte Handeln des A (aber eben nicht um die Zurechnung des Handelns des P auf A nach

§ 278 BGB

) an.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

22.12.2021, 17:53:10

Hallo Tigerwitsch, vielen Dank für den Hinweis. Bei der Anspruchsgrundlage ist es indes nicht üblich, den

§ 278 BGB

mitzuzitieren. Aus diesem Grund haben wir auch hier davon Abstand genommen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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