Öffentliches Recht

VwGO

Anfechtungsklage

Vorverfahren, Widerspruch (§§ 68ff. VwGO): Frist zum Erheben eines Widerspruchs - Erhebung bei der Widerspruchsbehörde

Vorverfahren, Widerspruch (§§ 68ff. VwGO): Frist zum Erheben eines Widerspruchs - Erhebung bei der Widerspruchsbehörde

6. Februar 2025

11 Kommentare

4,7(20.990 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wird am 01.08. ein belastender Verwaltungsakt des Ordnungsamts bekannt gegeben. Gegen diesen erhebt A bei der zuständigen Widerspruchsbehörde am 01.09. Widerspruch. Diese meint, nur die Ausgangsbehörde sei zuständig, und weist den Widerspruch als unzulässig ab. A erhebt am 02.09. Widerspruch beim Ordnungsamt.

Diesen Fall lösen 86,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Vorverfahren, Widerspruch (§§ 68ff. VwGO): Frist zum Erheben eines Widerspruchs - Erhebung bei der Widerspruchsbehörde

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Widerspruchsfrist begann am 01.08.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Fristlauf beginnt mit dem Tag, der auf das Ereignis folgt, durch das die Frist in Gang gesetzt wird (§ 187 Abs. 1 BGB). Das Ereignis ist die Bekanntgabe des Verwaltungsakts (§ 70 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die Frist beginnt somit am Tag nach der Bekanntgabe. Da die Bekanntgabe am 01.08. erfolgte, begann die Frist am 02.08.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Die Frist endete am 02.09. Der Widerspruch des A beim Ordnungsamt war somit fristgemäß (§ 70 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Nein, das trifft nicht zu!

Die Frist endet mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche bzw. des letzten Monats der Frist, welcher dem Tag entspricht, in den das Ereignis des Fristbeginns fällt (§ 188 Abs. 2 BGB). Mit anderen Worten: Bei der Monatsfrist entspricht der Tag des Fristendes dem Tag, an dem das die Frist auslösende Ereignis stattfand. Das die Frist auslösende Ereignis (der Verwaltungsakt) erfolgte am 01.08. Daher endete die Monatsfrist (§ 70 Abs. 1 S. 1 VwGO) am 01.09. um 24 Uhr. A hat erst am 02.09. Widerspruch beim Ordnungsamt erhoben. Dieser Widerspruch ist verfristet. Der Widerspruch bei der Widerspruchsbehörde hingegen wäre fristgemäß.

3. Der Beginn und das Ende der Widerspruchsfrist (§ 70 Abs. 1 S. 1 VwGO) berechnen sich unter Heranziehung der §§ 187ff. BGB.

Ja!

Nach welchen Vorschriften sich die Fristberechnung richtet, ist umstritten. Eine Ansicht zieht §§ 79, 31 Abs. 1 VwVfG heran, eine andere § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO. Die Frage kann jedoch offen bleiben, da beide Ansichten Vorschriften für maßgeblich halten, die für die Fristberechnung letztlich auf die §§ 187ff. BGB verweisen.

4. Die Erhebung des Widerspruchs bei der Widerspruchsbehörde genügt den Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Widerspruch.

Genau, so ist das!

§ 70 Abs. 1 VwGO regelt Anforderungen an Form und Frist des Widerspruchs: Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts bei der Ausgangsbehörde zu erheben (§ 70 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die Frist wird auch durch Erhebung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat (Widerspruchsbehörde), gewahrt (§ 70 Abs. 1 S. 2 VwGO). Damit war auch die Erhebung des Widerspruchs bei der Widerspruchsbehörde am 01.09. ordnungsgemäß. Der Widerspruch war somit auch fristgemäß.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SK

Skinnynorris

9.1.2021, 12:44:15

Also wäre eine theoretische Klage des A hier zulässig, obwohl A den

Widerspruch

bei der

Widerspruch

sbehörde eingelegt hat ?

Hannah B.

Hannah B.

28.5.2021, 14:43:19

Hallo, Skinnynorris! Das ist korrekt. Auch wenn der

Widerspruch

bei der

Widerspruch

sbehörde erhoben wurde, ist die Frist gewahrt. Das ergibt sich aus § 70 Abs. 1 S. 2 VwGO. Beste Grüße Hannah - für das

Jurafuchs

-Team

AN

Anonym

7.3.2022, 01:15:54

In Berlin ist die Ausgangs- und die

Widerspruch

sbehörde identisch. Darf dennoch ein Hinweis in einer (Examens-)Klausur auf diesen Fall gemacht werden?

VIC

Victor

7.3.2022, 08:02:40

Dann stellt sich das Problem ja gar nicht bzw. es kommt auf die Regelung gar nicht an. Ich würde es weggelassen um eine gute Schwerpunktsetzung zu demonstrieren.

AN

Anonym

7.3.2022, 13:20:42

Vielen Dank.

AN

Anonym

9.3.2022, 13:53:10

Hallo, ich habe noch eine Frage. Gibt es Besonderheiten bei der Fristberechnung im Monat Februar, da dieser ja nie volle 30 Tage hat...? Ich wünsche einen schönen Tag.

🦊²

🦊²

11.10.2022, 15:56:26

Hi, ich habe eine Verständnisfrage zur Architektur Ausgangsbehörde /

Widerspruch

sbehörde. Für das Vorverfahren ist ja ausweislich des

§ 70 VwGO

die Ausgangsbehörde zuständig. Wenn man als Beispiel gegen einen belastenden VA einen

Widerspruch

erhebt und die Ausgangsbehörde keine Abhilfe leistet, so wird § 73 I 1 VwGO relevant. An dieser Stelle ist dann regelmäßig nach § 73 I 2 Nr.1 die

Widerspruch

sbehörde zuständig. Meine Frage ist nun: Kann die im genannten Beispiel zuständige

Widerspruch

sbehörde sowohl einen negativ

Widerspruch

sbescheid erlassen, als auch entgegen der Ausgangsbehörde im Rahmen des

Widerspruch

sbescheid positiv bescheiden, in diesem Fall dann den belastenden VA aufheben? Also prüft die

Widerspruch

sbehörde im Rahmen von § 73 I 1 die Recht- und Zweckmäßigkeit? Dann kontrolliert quasi die Ausgangsbehörde als auch die

Widerspruch

sbehörde auf Recht- und Zweckmäßigkeit? Und das bloße "Nicht Abhilfe leisten" der Ausgangsbehörde als solches ist kein VA, sondern nur die Brücke zur

Widerspruch

sbehörde die dann eben jenen

Widerspruch

sbescheid (VA) erlässt? Liebe Grüße 🦊²


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community

Weitere für Dich ausgwählte Fälle

Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen