Abgrenzung "mittelbare Stellvertretung" (Strohmann)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Der wohlhabende Kunstliebhaber K möchte ein Werk des Künstlers B ersteigern lassen. Da er den Neid seiner Kunstfreunde fürchtet, möchte er den Erwerb geheim halten und beauftragt seinen Lakaien L mit der Ersteigerung. Die „Auslagen“ würde K dem L im Nachhinein erstatten.
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Einordnung des Falls
Abgrenzung "mittelbare Stellvertretung" (Strohmann)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. B kann von K Zahlung des Kaufpreises verlangen (§ 433 Abs. 2 BGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. B kann von L Zahlung des Kaufpreises verlangen (§ 433 Abs. 2 BGB).
Ja, in der Tat!
3. K kann von L Herausgabe und Übereignung des Kunstwerks verlangen (§ 667 BGB).
Ja!
4. L kann von K Erstattung des Kaufpreises verlangen (§ 670 BGB).
Genau, so ist das!
5. Bei der „mittelbaren Stellvertretung“ trägt der Stellvertreter das Insolvenzrisiko des Geschäftsherren.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
GingerCharme
1.12.2021, 21:44:08
Nur eine kleine Verständnis-Rückfrage, hier liegt eine
mittelbare Stellvertretungvor, weil L sagt "ich handle im Auftrag von K" - dies stellt kein Handeln im Namen des K dar, sondern des L. Dies ist der Fall, weil er ausdrücklich sagt im "Auftrag von K" zu handeln? Denn wenn er nur sagen würde "ich biete, aber für K", dann würde man ein Handeln im fremden Namen doch bejahen? Ich glaube der Unterschied ist mir nicht vollends bewusst geworden - wer weiß wo es bei mir harkt, darf gerne nachhelfen!
Victor
2.12.2021, 09:38:51
Hier muss man ganz genau sein. Es liegt
mittelbare Stellvertretungvor. Schuldrechtlich liegt erstmal gar keine Stellvertretung iSv §§ 164ff BGB vor. Der L gibt eine eigene WE im eigenen Namen ab. Er schließt den KaufV. Für die StellV bedarf es ja einer eigenen WE im fremden Namen. Unabhängig davon besteht im Hintergrund das Auftragsverhältnis. Woraus sich dann auch der
Anspruch auf Übergabe und Übereignungergeben kann. Aufgrund der Konstruktion wird es dann „mittelbare StellV“ genannt
GingerCharme
2.12.2021, 09:46:20
Aber genau dieser Punkt "im eigenen Namen" ist mir nicht ganz klar geworden, denn L sagt doch ausdrücklich "im Auftrag des K", also sprachlich gerade nicht im eigenen Namen, sondern für K. Hätte er nur die Hand gehoben und nichts gesagt, dann wäre mir völlig klar, dass eine mittelbare StellV. vorläge, da gar nicht ersichtlich wäre, dass L nicht in eigenem Namen handelt und auch keine Ausnahme greifen würde (
Geschäft für den, den es angehtoder ähnliches). Vielleicht stehe ich stark auf dem Schlauch, aber der Punkt "L handelt im eigenen Namen" erscheint mir nicht völlig unproblematisch.
Lukas_Mengestu
2.12.2021, 11:04:19
Hallo GingerCharme, entschuldige bitte, wenn wir Dich mit der Aufgabe etwas verwirrt haben. Des Rätsels Lösung liegt hier in den unterschiedlichen Bedeutungen der Sprech-/Gedankenblasen. Die Worte "Aber im Auftrag des K" sind hier als Gedankenblase dargestellt. Sie symbolisieren also lediglich, was sich Lakai L denkt, während er sein Gebot abgibt. Die Worte "Ich biete €500.000" sind dagegen als Sprechblase dargestellt, entsprechen also dem, was nach außen kundgetan wird. Wie Du also schon richtig ausgeführt hast, hat L für die Außenstehenden nur die Hand gehoben und nichts gesagt. Ich hoffe, damit hat sich der gedankliche Knoten gelöst :-) Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team
GingerCharme
2.12.2021, 12:16:53
Ahhh! Ja jetzt sehe ich den Unterschied zwischen der "scharfen" Sprechblase und der "Schäfchen-Gedankenblase" - dann ergibt es auch alles wieder Sinn und ich bin knotenfrei :D vielen Dank für die schnelle gedankliche Abhilfe!
QuiGonTim
6.4.2022, 08:43:39
Der Auftrag begründet aber schon eine Vertretungsmacht. Sie ist hier bloß nicht relevant, weil L nicht offenkundig im fremden Namen handelt. Sehe ich das richtig?
Lukas_Mengestu
6.4.2022, 14:24:14
Genau QuiGonTim, auf die Vertretungsmacht kommt es nicht an, sofern der Vertreter nicht nach außen hin als Vertreter auftritt. Vielmehr kommt dann grundsätzlich ein Vertrag nur unmittelbar mit ihm zustande. Im Hinblick auf das gewünschte vedeckte Agieren wäre hier aber auch fraglich, ob K hier eine Vollmacht erteilt hatte, ihn unmittelbar zu verpflichten. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team