Handeln unter fremdem Namen: Namenstäuschung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Politiker P möchte mit seiner Geliebten für ein Wochenende in ein edles Hotel am Starnberger See fahren. Damit seine Frau und die Presse davon nichts mitbekommen, bucht er das Zimmer unter dem Namen M.
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Einordnung des Falls
Handeln unter fremdem Namen: Namenstäuschung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. P hat eine eigene Willenserklärung abgegeben.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. P hat die Willenserklärung in fremdem Namen abgegeben.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Es liegt eine bloße Namenstäuschung vor.
Ja!
4. P und das Hotel haben einen Vertrag geschlossen.
Genau, so ist das!
5. Jemand, der den von P benutzten Namen M hat, kann das Rechtsgeschäft nach § 177 BGB an sich ziehen.
Nein, das trifft nicht zu!
6. Wer beim Handeln unter fremden Namen aus dem Geschäft berechtigt und verpflichtet wird, richtet sich danach, wer aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers Vertragspartner wird.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
QuiGonTim
20.3.2022, 16:30:03
Könnte mir jemand nochmal ein paar Fallbeispiele zur Namens-/
Identitätstäuschungoder die Abgrenzungskriterien nennen? Im vorliegenden Fall wäre ich schon davon ausgegangen, dass die Identität des Hotelgastes von Bedeutung ist, um beispielsweise Schadenersatzforderungen wegen Beschädigungen der Einrichtung des Hotelzimmers geltend machen zu können.
Lukas_Mengestu
22.3.2022, 09:01:33
Hallo QuiGonTIm, im Laufe der Session kommen noch einige weitere Abgrenzungsfälle - ich hoffe, dadurch wird es etwas klarer. Grundsätzlich gilt, dass bei Bargeschäften oder Verträgen, wo die Bonität keine/wenig Bedeutung hat, von einer reinen
Namenstäuschunggesprochen wird. Als typisches Beispiel wird dhier die Hotelbuchung, Tisch- oder Taxireservierung herangezogen (vgl. Schubert, in: MüKo-BGB, 9.A. 2021, § 164 RdNr. 151). Die Möglichkeit, dass es im Nachgang noch zu weiteren Schadensersatzforderungen kommen könnte, spielt insoweit hier nur eine untergeordnete Rolle. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Philipp M.
12.1.2024, 12:59:00
kann der/die "richtige" M im Falle einer
Identitätstäuschunggem. § 177 I BGB genehmigen und - wie ihr es nennt - an sich ziehen? also geht das nur im Falle einer
Namenstäuschungnicht oder schließen beide Variationen (Namens- sowie
Identitätstäuschung) den § 177 I BGB aus?
Leo Lee
14.1.2024, 16:00:05
Hallo Philipp M., vielen Dank für die gute Frage! Bei der sogenannten
Namenstäuschung(also der Erklärende handelt unter einem „falschen Namen“), kommt es etwas darauf an, wie die Konstellation genau gelagert ist. Wenn die „falsche“ Identität dem Gegenüber (also Hotel) egal ist, dann kommt der Vertrag zustande. D.h., wenn der Erklärende (der Mayer heißt) behauptet, er sei Horst Müller und es dem Hotelier egal ist welcher Horst Müller vor ihm steht, dann kommt ein Vertrag mit dem Mayer zustande, eben nur unter dem Namen „Horst Müller“. D.h., wenn eine reine
Namenstäuschungvorliegt (wo die Identität egal ist für den andere Teil), dann kann derjenige, der wirklich so heißt, sich den Vertrag nicht an sich ziehen gem. 177 I. Bei der
Identitätstäuschunghingegen kommt es gerade dem anderen Teil auf diese genaue Identität an, weshalb eine solche Genehmigungsmöglichkeit noch besteht. Wenn also unser Mayer diesmal erklärt, er sei Boris Becker und die Identität dem Hotelier wichtig ist, dann liegt ein Fall der ID-Täuschung vor, womit die Möglichkeit der Genehmigung greift. Summa summarum: Nur der Fall der
Namenstäuschungschließt die Genehmigungsmöglichkeit aus. Hierzu kann ich vertiefend die Lektüre von MüKo-BGB 9. Auflage, Schubert § 164 Rn. 151 ff. sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo