Zivilrechtliche Nebengebiete
Arbeitsrecht
Störungen des Arbeitsverhältnisses
Zurückbehaltungsrecht bei schleppende Zahlung
Zurückbehaltungsrecht bei schleppende Zahlung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die Hakuna Matata-GmbH (H) zahlt nur schleppend die Löhne ihrer Arbeitnehmer. Mitarbeiterin M hat das immer wieder beanstandet. Als erneut ein fälliger Lohnrückstand iHv zwei Monatsgehältern aufgelaufen ist, verkündet sie, dass sie erst wieder arbeiten werde, wenn sie ihr Geld erhalte.
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Einordnung des Falls
Zurückbehaltungsrecht bei schleppende Zahlung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Hat M einen fälligen Anspruch auf die Auszahlung der €1.000?
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. M kann die Arbeit verweigern, wenn ihr ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht (§ 320 Abs. 1 BGB).
Ja, in der Tat!
3. Darf H die M wegen ihrer Arbeitsverweigerung (außer-)ordentlich kündigen?
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Skra8
21.2.2024, 16:55:17
Liebes Jurafuchs-Team, ich finde, die erste Frage in dieser Aufgabe ist ein wenig irreführend. Hier wird gefragt, ob M einen fälligen Anspruch auf die Auszahlung von 1000 Euro hat, obwohl im Text nur angegeben wird, dass zwei Monatsgehälter aufgelaufen sind. Ein Hinweis auf die Höhe des Monatsgehalts wäre in diesem Zusammenhang möglicherweise wichtig, sodass man die erste Frage nicht als Fangfrage deuten könnte.
Matschegenga
12.3.2024, 11:06:10
Wenn der Arbeitgeber für die letzten Monate noch nicht gezahlt hat, kann man die Arbeit verweigern - das leuchtet ein. Dogmatisch betrachtet wirft das aber für mich Fragen auf: Sieht man die geschuldete Arbeitsleistung als absolute Fixschuld, müsste man in der Konsequenz jede für einen bestimmten Zeitpunkt geschuldete Arbeitsleistung im Hinblick auf die Vergütung für sich genommen betrachten. Somit wird zB der Vergütungsanspruch für am 5.10. geleistete Arbeit aufgrund der Vor
leistungspflichtdes Arbeitnehmers (§
614 BGB) mit Ablauf des 31.10. fällig. Dieser stellt dann aber meines Verständnisses nicht die Gegenleistung für die am 1.11. zu leistende Arbeit dar. Verweigere ich also am 1.11. die Arbeit, kann ich mich doch noch nicht darauf berufen, dass mir diesbezüglich eine fällige Gegenleistung nicht angeboten wird? Der Arbeitgeber enthält mir schließlich nur die Gegenleistung der letzten Monate vor? Anderer Vorschlag: Der Arbeitgeber hat einen Anspruch auf meine Arbeitsleistung, obwohl er mir das Gehalt vorenthält. Aber dieser Anspruch ist nicht durchsetzbar weil die Durchsetzung rechtsmissbräuchlich wäre (§ 242 BGB).
P K
15.3.2024, 22:09:42
Kann man so sehen, aber jedenfalls würde
§ 273BGB greifen, weil der Lohn für eine vergangene Zeit mit der jetzigen Dienst
leistungspflichtkonnex ist, da beide Ansprüche aus dem gleichen Vertragsverhältnis herrühren.
Lord Denning
8.7.2024, 14:34:21
Aber warum wird jetzt nicht § 614 als Ausschluss für § 320 angewendet? Der würde doch eigentlich § 614 ausschließen 🤔?
Quarklo
28.8.2024, 14:07:18
Ich würde mir noch eine Aufgabe wünschen, in der detailliert auf die Abgrenzung zwischen § 326 II und § 615 eingegangen wird und die verschiedenen Meinungen dargestellt werden Zudem wäre eine Aufgabe zur Problematik der Voraussetzung des Annahmeverzugs trotz Unmöglichkeit wünschenswert
Foxxy
31.8.2024, 11:15:27
Hallo Quarklo, vielen Dank für Deinen Vorschlag! Wir haben ihn notiert und werden in einer der nächsten Redaktionssitzungen prüfen, inwiefern wir hierzu unsere Lerninhalte entsprechend anpassen bzw. noch weitere Aufgaben mit aufnehmen können. Beste Grüße, Foxxy, für das Jurafuchs-Team
moee44
14.10.2024, 21:00:46
Für die Referendare hier wäre es eventuell hilfreich kurz anzusprechen, dass das BAG das
Zurückbehaltungsrechtin Fällen wie hier nicht auf § 320 Abs. 1 BGB stützt, sondern auf
§ 273Abs. 1 BGB (BAG NJW 1985, 2494; BAG NZA 1996, 1085; so auch ErfK/Preis, 24. Aufl. 2024, BGB § 611a Rn. 575). Mit dem BAG liegt nämlich ein
Synallagmanur zwischen der Arbeitsleistung für einen Monat und dem Lohn für diesen bestimmten Monat vor (bspw. Arbeitsleistung für
April 2024 und Lohn für
April 2024). Da der Arbeitnehmer aber nach §
614 BGBvor
leistungspflichtig ist kann er sich nicht auf
§ 320 BGBberufen. Stattdessen kann der AN wegen ausbleibenden Lohns nur die Arbeitsleistung für die nachfolgenden Monate zurückhalten (bspw. ein Zurückhalten der Arbeit im Mai 2024, weil der Lohn für
April und März nicht gezahlt wurde). Dabei handelt es sich dann aber nicht mehr um synallgmatische Leistungen, sondern "nur" um konnexe Leistungen nach
§ 273Abs. 1 BGB. Macht im Ergebnis natürlich keinen großen Unterschied, sieht aber bei Korrektoren aus der Praxis etwas schief aus, wenn man hier anders vorgeht.