Öffentliches Recht
Examensrelevante Rechtsprechung ÖR
Entscheidungen von 2019
Kunstfreiheit bei Bildern zu Kindesmissbrauch – quasi-negatorischer Unterlassungsanspruch
Kunstfreiheit bei Bildern zu Kindesmissbrauch – quasi-negatorischer Unterlassungsanspruch
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Künstlerin K porträtiert die minderjährige M, deren Eltern mit der Anfertigung einverstanden waren. Das Bild wird Jahre später im Zusammenhang mit dem Thema Kindesmissbrauch ausgestellt. Auf die Klage von M’s Eltern wird K jegliche Ausstellung des Porträts gerichtlich verboten.
Diesen Fall lösen 81,6 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Kunstfreiheit bei Bildern zu Kindesmissbrauch – quasi-negatorischer Unterlassungsanspruch
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Das fachgerichtliche Ausstellungsverbot beruht auf einem sog. quasi-negatorischen Unterlassungsanspruch der M (§ 823 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog, §§ 22f. KUG).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die öffentliche Ausstellung des Gemäldes der K ist vom Schutzbereich der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG) umfasst.
Genau, so ist das!
3. Durch das fachgerichtliche Ausstellungsverbot wird in den Schutzbereich der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG) eingegriffen.
Ja, in der Tat!
4. Die Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG) ist schrankenlos gewährleistet.
Nein!
5. Vorliegend stehen sich die Kunstfreiheit der K und das allgemeine Persönlichkeitsrecht der M gegenüber. Diese Grundrechtskollision ist nach dem Prinzip der praktischen Konkordanz aufzulösen.
Genau, so ist das!
6. Die Ausstellung des Gemäldes im Zusammenhang mit den Themen Missbrauch und Gewalt beeinträchtigt das Persönlichkeitsrecht der M so schwerwiegend, dass die Kunstfreiheit der K zurücktreten muss.
Ja, in der Tat!
7. Auch hinsichtlich des Umfangs des Unterlassungsanspruchs sind die Grundrechte der Beteiligten gegeneinander abzuwägen.
Ja!
8. Zum Schutz des Persönlichkeitsrechts der M ist das umfassende Ausstellungsverbot eine verhältnismäßige und somit zulässige Sanktion.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
kerberos 🦦
1.3.2024, 16:10:53
Hatten die Eltern hier nur einer Anfertigung oder auch einer Verbreitung des Bildes zugestimmt?
Nora Mommsen
4.3.2024, 16:45:14
Hallo kerberos, danke für deine Frage. Ausweislich des Sachverhalts haben sich die Eltern mit der Anfertigung einverstanden erklärt. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
kerberos 🦦
5.3.2024, 17:48:04
Hallo Nora, vielen Dank für die Antwort. Müsste man dann im Rahmen der Grundrechtserwägung nicht noch mit einbeziehen, dass das Foto bei Fertigung zumindest nicht explizit zum Zweck der Veröffentlichung bzw. Verbreitung gemacht wurde und insofern eine Veröffentlichung von Anfang an nicht von der Zustimmung der Eltern abgedeckt war oder gehe ich da zu zivilrechtlich heran?
kerberos 🦦
5.3.2024, 17:48:42
*Grundrechtsabwägung
Dogu
15.11.2024, 18:01:39
@kerberos Sehe ich eher kritisch, denn es handelt sich bei der Kunstfreiheit um ein Grundrecht, dass nur durch verfassungsimmanente Schranken begrenzt wird. Eine Einschränkung auf die vorherige Einwilligung durch die jeweilige Inspirationsquelle wäre ja das komplette Gegenteil. Umgekehrt wäre natürlich bei einer wirksamen Einwilligung eine Grundrechtsverletzung regelmäßig ausgeschlossen. Übrigens handelt es sich im Echtfall nicht um ein Foto, sondern ein Gemälde.