Öffentliches Recht

Grundrechte

Allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG)

Recht auf Selbstbestimmung: Recht, den eigenen Namen zu bestimmen bzw. zu behalten

Recht auf Selbstbestimmung: Recht, den eigenen Namen zu bestimmen bzw. zu behalten

[...Wird geladen]

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

F will heiraten. Als Ehenamen wählen sie und ihr Partner den bisherigen Namen der F. Diesen hat F durch eine frühere Ehe erworben. Eine zivilrechtliche Regelung besagt jedoch, dass der Ehename einen Bezug zum Geburtsnamen eines der Ehepartner aufweisen müsse.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen

Einordnung des Falls

Recht auf Selbstbestimmung: Recht, den eigenen Namen zu bestimmen bzw. zu behalten

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Geburtsname des Einzelnen ist durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt.

Genau, so ist das!

Der Geburtsname eines Menschen dient nicht nur als Unterscheidungs- und Zuordnungsmerkmal, sondern ist darüber hinaus Ausdruck der Identität und Individualität. Er wird deshalb vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht umfaßt.Der Schutz des Rechts am eigenen Namen durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) steht auch im Zusammenhang mit der Schutzdimension des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, die das Recht des Einzelnen auf Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit schützt.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Auch ein nicht durch Geburt erlangter, sondern durch eine frühere Ehe erworbener Name ist durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt.

Ja, in der Tat!

Ausdruck der Persönlichkeit eines Menschen wird ein Name dadurch, dass er nach Erwerb vom Namensträger geführt wird, so eine Identität von Name und Person entsteht und sich dadurch der Mensch in diesem Namen wiederfindet und von anderen erkannt wird. Diese identitätsstiftende Wirkung des Namens wird von Anlass und Grund des Namenserwerbs nicht beeinflusst. Anlass und Grund des Namenserwerbs können deshalb dem verfassungsrechtlichen Schutz des Namens keine Grenzen setzen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt somit auch den durch Ehenamenswahl erworbenen Namen.

3. Die zivilrechtliche Regelung beeinträchtigt F in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.

Ja!

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt den Namensträger vor Entzug oder auferlegter Änderung seines geführten Namens. Durch die zivilrechtliche Regelung wird es F verwehrt, ihren geführten Namen zum Ehenamen zu bestimmen, da er nicht ihr Geburtsname ist. Dadurch wird sie gezwungen, ihren geführten Namen aufzugeben und einen neuen anzunehmen. Ihr wird somit ihr geführter Name entzogen. Sie ist somit durch die Regelung in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt.

4. Der durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geforderte Namensschutz wird dennoch durch die Regelung gewährleistet, da F als Ehename auch ihren Geburtsnamen festlegen kann.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Geburtsname nimmt ab Erwerb des geführten Namens an der Persönlichkeitsentwicklung des Grundrechtsträgers nicht mehr teil. Er ist insofern nicht Ausdruck der jetzigen Identität. Der Namensschutz durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht erfasst deshalb vorrangig den Namen, den eine Person sich zu Eigen gemacht hat und den sie führt, und nicht den, den sie abgelegt hat und der damit nur noch an die Herkunft der Person erinnert. Ihren Geburtsnamen hat F abgelegt. Anders als ihr geführter Name ist er nicht mehr Ausdruck ihrer jetzigen Identität. Der durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 geforderte Namensschutz ist damit nicht durch die Regelung gewährleistet.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

Jurafuchs kostenlos testen


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Hanna

Hanna

7.1.2024, 11:56:57

Habe ich das jetzt richtig verstanden, dass man bei einer neuen Ehe den Namen des Ex-Partners an den neuen Partner weitergeben kann? Kommt da nicht eine Verletzung des

APR

des Ex Partners in Betracht?

Hanna

Hanna

13.1.2024, 15:12:32

Beim zweiten Bearbeiten der Aufgabe fällt mir auf, dass das eher eine Frage der Verhältnismäßigkeit und nicht des Schutzbereichs ist - Frage bleibt aber trotzdem :)

Juraganter

Juraganter

3.8.2024, 15:02:31

Mit der Voraussetzung könnte man sich auch fragen, ob das

APR

der Eltern beeinträchtigt wäre, wenn die Namen durch Heirat der Kinder "weitergegeben" werden ...

LEO

leon.

9.8.2024, 11:35:20

Eine Verletzung des

APR

des Ex-Partners (und seiner Familie) kann tatsächlich in Betracht kommen. Vor allem kann dies bei Adelsbezeichnungen relevant sein. Im Urteil vom 18. Februar 2004 - 1 BvR 193/97 Rn. 5 wird deutlich, dass der Adel eine sog. "Titel-Inflation" befürchtete. Allerdings hat das BVerfG entschieden, dass es mit Art. 2 I i.V.m. Art 1 I GG nicht vereinbar ist, dass nach § 1355 II BGB der durch frühere Eheschließung erworbene (z.B. Adelstitel) und geführte Name eines Ehegatten in dessen neuer Ehe nicht zum Ehenamen bestimmt werden kann. Es ließe sich argumentieren, dass der neue Name mit fortschreitender Zeit immer mehr zum Teil der eigenen Persönlichkeit geworden ist.


© Jurafuchs 2024