Öffentliches Recht

Grundrechte

Allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG)

Recht auf Selbstbestimmung: Recht, den eigenen Namen zu bestimmen bzw. zu behalten

Recht auf Selbstbestimmung: Recht, den eigenen Namen zu bestimmen bzw. zu behalten

14. Juli 2025

17 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

F will heiraten. Als Ehenamen wählen sie und ihr Partner den bisherigen Namen der F. Diesen hat F durch eine frühere Ehe erworben. Eine zivilrechtliche Regelung besagt jedoch, dass der Ehename einen Bezug zum Geburtsnamen eines der Ehepartner aufweisen müsse.

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Einordnung des Falls

Recht auf Selbstbestimmung: Recht, den eigenen Namen zu bestimmen bzw. zu behalten

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Geburtsname des Einzelnen ist durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt.

Genau, so ist das!

Der Geburtsname eines Menschen dient nicht nur als Unterscheidungs- und Zuordnungsmerkmal, sondern ist darüber hinaus Ausdruck der Identität und Individualität. Er wird deshalb vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht umfaßt.Der Schutz des Rechts am eigenen Namen durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) steht auch im Zusammenhang mit der Schutzdimension des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, die das Recht des Einzelnen auf Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit schützt.
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2. Auch ein nicht durch Geburt erlangter, sondern durch eine frühere Ehe erworbener Name ist durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt.

Ja, in der Tat!

Ausdruck der Persönlichkeit eines Menschen wird ein Name dadurch, dass er nach Erwerb vom Namensträger geführt wird, so eine Identität von Name und Person entsteht und sich dadurch der Mensch in diesem Namen wiederfindet und von anderen erkannt wird. Diese identitätsstiftende Wirkung des Namens wird von Anlass und Grund des Namenserwerbs nicht beeinflusst. Anlass und Grund des Namenserwerbs können deshalb dem verfassungsrechtlichen Schutz des Namens keine Grenzen setzen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt somit auch den durch Ehenamenswahl erworbenen Namen.

3. Die zivilrechtliche Regelung beeinträchtigt F in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.

Ja!

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt den Namensträger vor Entzug oder auferlegter Änderung seines geführten Namens. Durch die zivilrechtliche Regelung wird es F verwehrt, ihren geführten Namen zum Ehenamen zu bestimmen, da er nicht ihr Geburtsname ist. Im Regelfall wollen Eheleute einen gemeinsamen Ehenamen bestimmen. Dabei wird die F jedoch gezwungen, ihren geführten Namen aufzugeben und einen neuen anzunehmen. Ihr wird somit ihr geführter Name entzogen. Sie ist somit durch die Regelung in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt.

4. Einem Eingriff in den durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geforderten Namensschutz steht jedoch entgegen, dass F als Ehename auch ihren Geburtsnamen festlegen kann.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Geburtsname nimmt ab Erwerb des geführten Namens an der Persönlichkeitsentwicklung des Grundrechtsträgers nicht mehr teil. Er ist insofern nicht Ausdruck der jetzigen Identität. Der Namensschutz durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht erfasst deshalb vorrangig den Namen, den eine Person sich zu Eigen gemacht hat und den sie führt, und nicht den, den sie abgelegt hat und der damit nur noch an die Herkunft der Person erinnert. Ihren Geburtsnamen hat F abgelegt. Anders als ihr geführter Name ist er nicht mehr Ausdruck ihrer jetzigen Identität. Der durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 geforderte Namensschutz ist damit nicht durch die Regelung gewährleistet. Ein Eingriff liegt vor.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Hanna

Hanna

7.1.2024, 11:56:57

Habe ich das jetzt richtig verstanden, dass man bei einer neuen Ehe den Namen des Ex-Partners an den neuen Partner weitergeben kann? Kommt da nicht eine Verletzung des APR des Ex Partners in Betracht?

Hanna

Hanna

13.1.2024, 15:12:32

Beim zweiten Bearbeiten der Aufgabe fällt mir auf, dass das eher eine Frage der Verhältnismäßigkeit und nicht des Schutzbereichs ist - Frage bleibt aber trotzdem :)

Juraganter

Juraganter

3.8.2024, 15:02:31

Mit der Voraussetzung könnte man sich auch fragen, ob das APR der Eltern beeinträchtigt wäre, wenn die Namen durch Heirat der Kinder "weitergegeben" werden ...

LEO

leon.

9.8.2024, 11:35:20

Eine Verletzung des APR des Ex-Partners (und seiner Familie) kann tatsächlich in Betracht kommen. Vor allem kann dies bei Adelsbezeichnungen relevant sein. Im Urteil vom 18. Februar 2004 - 1 BvR 193/97 Rn. 5 wird deutlich, dass der Adel eine sog. "Titel-Inflation" befürchtete. Allerdings hat das BVerfG entschieden, dass es mit Art. 2 I i.V.m. Art 1 I GG nicht vereinbar ist, dass nach § 1355 II BGB der durch frühere Eheschließung erworbene (z.B. Adelstitel) und geführte Name eines Ehegatten in dessen neuer Ehe nicht zum Ehenamen bestimmt werden kann. Es ließe sich argumentieren, dass der neue Name mit fortschreitender Zeit immer mehr zum Teil der eigenen Persönlichkeit geworden ist.

Tim Gottschalk

Tim Gottschalk

28.6.2025, 10:18:41

Hallo @[Hanna](227552), mit der Bestimmung des gemeinsamen Ehenamens ist der Name eben nicht mehr nur der Name des (späteren Ex-)Partners, sondern auch der eigene Name. Man gibt deswegen nicht den Namen des Ex-Partners an den neuen Partner weiter, sondern seinen eigenen. Ich sehe nicht, inwiefern das den Ex-Partner in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt. Das Persönlichkeitsrecht schützt meines Erachtens nicht davor, dass andere den gleichen Nachnamen haben. Jedenfalls überwiegt jedoch das Interesse desjenigen Partners, der seinen durch die Ehe erworbenen Namen behalten möchte. So auch das BVerfG: "Das

Recht am eigenen Namen

, das auch dem geschiedenen Ehegatten zukommt, erwächst aus dem Schutz der Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, die die eigene Identität und Lebenssphäre umfasst und im Namen zum Ausdruck bringt. Daraus folgt aber kein Recht, über den Namen eines anderen zu bestimmen (vgl. BVerfGE 104, 373 <392>). Deshalb kann weder ein Recht auf Namenswahl für einen anderen noch ein Recht, einem anderen zu versagen, den gleichen Namen wie man selbst zu tragen, aus dem Persönlichkeitsrecht hergeleitet werden: ein Recht auf Namensexklusivität enthält die Verfassung nicht. Der Wunsch eines früheren Ehegatten, dass der eigene Name nicht als Ehename einer neuen Verbindung seines geschiedenen Ehegatten bestimmt und so auch Name des neuen Partners wird, ist zwar verständlich. Dem Gewicht des grundrechtlichen Namensschutzes, in den mit § 1355 Abs. 2 BGB eingegriffen wird, kommt er jedoch nicht gleich." Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team

HANDE

HanDerenoglu

4.12.2024, 12:23:01

Bei der vorletzten Frage wird gesagt, dass das APR der F verletzt wird, da sie ihren Namen aufgeben und den Namen des Partners aufnehmen muss. Das stimmt nicht, sie kann doch ihren eigenen Namen auch einfach fortführen Könnte jemand vom JuraFuchsTeam bitte antworten

geraumezeit

geraumezeit

5.3.2025, 13:59:37

Diese Frage hat mich ebenfalls beschäftigt. Der Maßstab besagt: Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt den Namensträger vor Entzug oder auferlegter Änderung seines geführten Namens. Subsumiert wird: Durch die zivilrechtliche Regelung wird es F verwehrt, ihren geführten Namen zum Ehenamen zu bestimmen, da er nicht ihr Geburtsname ist. Dadurch wird sie gezwungen, ihren geführten Namen aufzugeben und einen neuen anzunehmen. Ihr wird somit ihr geführter Name entzogen. F kann ihren Namen aus erster Ehe für sich beibehalten. Mir verwehrt sich hier die Auffassung, dass ein Entzug des Ehenamens aus erster Ehe vorliegt. Insoweit läge kein Eingriff in das APR vor. F wird lediglich verwehrt, ihren Ehenamen aus erster Ehe (der für sie identitätsstiftend ist) aufgrund der Voraussetzung des Bezuges zum Geburtsnamen, mit ihrem neuen Partner als „gemeinsamen“ Namen festzulegen. Alternativ könnte sie den Namen des neuen Partners annehmen oder einen Doppelnamen verwenden. Wie seht ihr das?

Tim Gottschalk

Tim Gottschalk

28.6.2025, 10:00:24

Hallo @[HanDerenoglu](278097) und @[geraumezeit](266806), ihr habt Recht, dass auch andere Möglichkeiten bestehen und die F nicht zwingend einen neuen Namen annehmen muss. Allerdings ist die Bestimmung eines gemeinsamen Ehenamens der Regelfall und auch die F möchte das tun. Dabei wird sie in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht beschränkt, da sie nur zwischen dem Namen des Partners und ihrem Geburtsnamen wählen kann, ihren aktuellen Namen jedoch aufgeben muss. Darin liegt für das BVerfG der Eingriff. Wir haben die Lösung jetzt angepasst, um das besser darzustellen. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team

geraumezeit

geraumezeit

30.6.2025, 12:19:08

@[Tim Gottschalk](287974) Danke für die Präzisierung! Das hilft.

LS2024

LS2024

17.1.2025, 12:28:15

Ich finde diesen Teil nicht sonderlich gelungen, irreführend, wenn nicht sogar falsch: “Der Geburtsname nimmt ab Erwerb des geführten Namens an der Persönlichkeitsentwicklung des

Grundrechtsträger

s nicht mehr teil. Er ist insofern nicht Ausdruck der jetzigen Identität. Der Namensschutz durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht erfasst deshalb vorrangig den Namen, den eine Person sich zu Eigen gemacht hat und den sie führt, und nicht den, den sie abgelegt hat und der damit nur noch an die Herkunft der Person erinnert.” Natürlich ist der Geburtsname auch nach der Annahme eines anderen Namens weiteren Ausdruck der jetzigen Identität. Genauso wie die Herkunft und damit die Identität der Eltern Ausdruck der eigenen Identität ist, ist auch der Name, der diese Herkunft in sich birgt, Teil der eigenen jetzigen Identität. Deshalb schütz das APR auch nicht vorrangig den Ehenamen, sondern Ehenamen und Geburtsnamen gleichermaßen. Mit den Worten des BVerfG: “...obwohl der Persönlichkeitsschutz den durch Ehe und den durch Geburt erworbenen und geführten Namen gleichermaßen erfasst.”

SM2206

SM2206

4.2.2025, 22:58:45

Die Ausführungen sind hier teilweise allgemein nicht sonderlich gut gelungen, insbes. kaum geeignet für eine Klausur, weil gar keine dogmatische Verortung erfolgt, v.a. die Ebenen Schutzbereich, Eingriff und Rechtfertigung vermischt werden. Daher dürfte auch die von dir kritisierte Formulierung herrühren. Gemeint ist mit diesem Satz wohl, dass die Möglichkeit, den Geburtsnamen als Ehenamen zu erwählen, auf Ebene der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung, namentlich der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs durch die Regelung, nicht ausreicht, um das Ganze insgesamt noch verhältnismäßig i.e.S. erscheinen zu lassen. Und das eben weil dem jetzigen Namen eine überragend hohe Bedeutung zukommt. Mit dem Schutzbereich hat das also nichts zu tun.

dolo agitation

dolo agitation

2.6.2025, 17:05:43

(Reminder) Es wäre super, wenn sich jemand aus dem Jurafuchs-Team dieser Aufgabe und der daraus hervorgehenden Kritik annimmt.

Tim Gottschalk

Tim Gottschalk

28.6.2025, 10:13:04

Hallo @[LS2024](144077), @[SM2206](200598) und @[

dolo agit

ation](299940), die von @[LS2024](144077) zitierte Stelle entspricht inhaltlich genau dem, was das BVerfG sagt. Hier das entsprechende Zitat: "Er kann nur entweder den Namen seines Ehegatten erwerben oder mit diesem auf seinen nicht mehr geführten Geburtsnamen zurückgreifen, der aber seit Erwerb des geführten Namens an seiner Persönlichkeitsentwicklung nicht mehr teilgenommen hat und insofern nicht Ausdruck seiner jetzigen Identität ist. Dies kommt einem Entzug des Namensschutzes gleich, wird von diesem doch vorrangig der Name erfasst, den eine Person sich zu Eigen gemacht hat und den sie führt, und nicht der, den sie abgelegt hat und der damit nur noch an die Herkunft der Person erinnert." Man kann sich mit Sicherheit darüber streiten, ob man das für richtig hält. Vertretbar ist es damit aber auf jeden Fall und wir stellen die Entscheidung richtig dar. Zur Kritik von @[SM2206](200598): Ich finde nicht, dass die Aufgabe die verschiedenen Ebenen vermischt. Frage 1 und 2 beziehen sich klar auf den Schutzbereich und fragen danach, ob X geschützt ist. Frage 3 bezieht sich klar auf den Eingriff. Einzig bei Frage 4 ist etwas unklar, ob diese sich ebenfalls auf den Eingriff bezieht oder eine mögliche Rechtfertigung ansprechen will. Ein Vermischen in dem Sinne liegt darin jedoch nicht. Wir haben jetzt jedoch etwas klarer gemacht, dass es sich auf den Eingriff in den Schutzbereich bezieht. Auf dieser Ebene hat auch das BVerfG die genannten Ausführungen gemacht. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team


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