Zivilrechtliche Nebengebiete

Erbrecht

Ausschluss von der Erbfolge

Ausschlagung und Annahme – Ausschlagung der testamentarischen Erbeinsetzung (Fall)

Ausschlagung und Annahme – Ausschlagung der testamentarischen Erbeinsetzung (Fall)

6. Dezember 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Erblasserin E ist vor drei Wochen verstorben. In ihrem Testament hatte sie ihren einzigen Sohn S als Alleinerben eingesetzt. Außerdem hatte E ihrem Geliebten G ihr teures Ferienhaus auf Mallorca vermacht.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Ausschlagung und Annahme – Ausschlagung der testamentarischen Erbeinsetzung (Fall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ist S als testamentarische Erbe ausschlagungsberechtigt?

Ja!

Grundsätzlich kann jeder Erbe den Anfall der Erbschaft durch Ausschlagung mit Rückwirkung auf den Erbfall wieder beseitigen, §§ 1942 Abs. 1, 1953 Abs. 1 BGB. Dies gilt unabhängig davon, ob die Berufung des Erben aufgrund der gesetzlichen Erbfolge, wegen testamentarischer Erbeinsetzung oder durch Erbvertrag erfolgt. S als testamentarischer Erbe ist somit grundsätzlich ausschlagungsberechtigt.
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2. Mit Ausschlagung der testamentarischen Erbeinsetzung, wird S zum gesetzlichen Alleinerben.

Genau, so ist das!

Ein gesetzlicher Erbe der durch Verfügung von Todes wegen als Erbe berufen ist, kann die Erbschaft als testamentarischer Erbe ausschlagen und als gesetzlicher Erbe annehmen, § 1948 Abs. 1 BGB. Da keine weiteren gesetzlichen Erben der E bestehen, wird S mit der Ausschlagung der testamentarischen Erbeinsetzung somit zum gesetzlichen Alleinerben der S. § 1948 Abs. 1 BGB greift jedoch nicht ein, wenn der Erblasser in seinem Testament die gesetzliche Erbfolge ausgeschlossen hat, beispielsweise durch Einsetzung eines Ersatzerben.

3. Durch die Ausschlagung der testamentarischen Erbeinsetzung kann S das Vermächtnis zugunsten des G umgehen.

Nein, das trifft nicht zu!

Gemäß § 2085 BGB hat die Unwirksamkeit einer von mehreren in einem Testament enthaltenen Verfügungen die Unwirksamkeit der übrigen Verfügungen nur dann zur Folge, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser diese ohne die unwirksame Verfügung nicht getroffen hätte. Nach der herrschenden Meinung gehören hierzu auch Fälle der Ausschlagung, des Eintritts einer auflösenden Bedingung oder des endgültigen Ausfalls einer aufschiebenden Bedingung. Durch die Ausschlagung der testamentarischen Erbeinsetzung bleibt die Beschwerung durch das Vermächtnis zugunsten des G somit bestehen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

JOA

Joana

27.5.2023, 15:18:24

Wie ist denn dann § 1953 II zu verstehen? „Wie wenn der Ausschlagende im ZP des Erbfalls nicht gelebt hätte“ Bzgl. des testamentarischen Erballs lebt er nicht, aber bzgl. Des gesetzlichen Erbfalls schon?

GEI

Geithombre

21.11.2023, 19:11:03

@[Joana](127509) Ich würde das Ganze entlang des Wortlauts der Norm in einem Zweischritt prüfen. Es ist also herauszufinden, wer als Erbe berufen war, wenn der Ausschlagende zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht (mehr) gelebt hätte. (1) enthält eine mglw. vorhandene letztwillige Verfügung eine Regelung hinsichtlich Ersatzerbenschaft? Wenn ja, wird der Ersatzerbe durch die Ausschlagung Erbe. Wenn nein, (2) greift die gesetzliche Erbfolge. Hier kann der sowohl testamentarisch wie auch gesetzlich berufene Erbe wegen § 1948 I BGB nach der Ausschlagung der testamentarischen Erbeinsetzung die Erbenstellung aus Gesetz annehmen.

FW

FW

26.8.2024, 15:12:23

Muss ich dann also sowohl das testamentarische Erbe als auch die gesetzliche Erbfolge ausdrücklich ausschlagen, also quasi doppelt? Wenn ja ist das doch irgendwie sinnlos, da ich ja schon mit der Ausschlagung der Erbschaft Kraft Testament ausdrücklich gezeigt habe, dass ich nicht Erbe sein will.

EI

Eike-Christian

14.10.2024, 03:23:38

Ja, du kannst „aus allen Berufungsgründen“ ausschlagen oder auch nur aus einem. In der Praxis spielt das z.B. eine Rolle, wenn ein gesetzlicher Alleinerbe ein

beschwer

tes testamentarisches Erbe ausschlägt, also wenn er „nur“ Vorerbe ist oder mit einer Testamentsvollstreckung

beschwer

t. Das lässt sich dann so beseitigen. Ein weiterer Fall wäre der

beschwer

te testamentarische Miterbe, der ausschlägt, um anschließend seinen Pflichtteil als von der Erbfolge ausgeschlossener gesetzlicher Erbe geltend zu machen. So wird verhindert, dass bei z.B. zwei gesetzlichen Erben der eine auf den Pflichtteil gesetzt, und zusätzlich noch als Nacherbe oder mit Testamentsvollstreckung

beschwer

t eingesetzt wird. Das wäre im Ergebnis nämlich wie eine völlige Enterbung ohne Möglichkeit, den Pflichtteil zu erlangen.

G0D0FM

G0d0fMischief

29.10.2024, 09:59:25

Wie wäre der Fall zu beurteilen, wenn das Erbe mit Vermächtnissen derart

beschwer

t ist, dass der Erbteil des Erben niedriger ausfällt, als er wäre, wenn er nur den Pflichtteil geltend machen würde? Würde § 2085 BGB hier nicht die Wertungen des § 2303 BGB unterlaufen? Mir erscheint es unbillig, wenn derjenige, der aus der Erbfolge ausgeschlossen wird bessergestellt wird, als derjenige, der als Erbe eingesetzt wird.


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