Zivilrechtliche Nebengebiete

Erbrecht

Ausschluss von der Erbfolge

Ausschlagung und Annahme – Ausschlagung der testamentarischen Erbeinsetzung (Fall)

Ausschlagung und Annahme – Ausschlagung der testamentarischen Erbeinsetzung (Fall)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Erblasserin E ist vor drei Wochen verstorben. In ihrem Testament hatte sie ihren einzigen Sohn S als Alleinerben eingesetzt. Außerdem hatte E ihrem Geliebten G ihr teures Ferienhaus auf Mallorca vermacht.

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Einordnung des Falls

Ausschlagung und Annahme – Ausschlagung der testamentarischen Erbeinsetzung (Fall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ist S als testamentarische Erbe ausschlagungsberechtigt?

Ja!

Grundsätzlich kann jeder Erbe den Anfall der Erbschaft durch Ausschlagung mit Rückwirkung auf den Erbfall wieder beseitigen, §§ 1942 Abs. 1, 1953 Abs. 1 BGB. Dies gilt unabhängig davon, ob die Berufung des Erben aufgrund der gesetzlichen Erbfolge, wegen testamentarischer Erbeinsetzung oder durch Erbvertrag erfolgt. S als testamentarischer Erbe ist somit grundsätzlich ausschlagungsberechtigt.
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2. Mit Ausschlagung der testamentarischen Erbeinsetzung, wird S zum gesetzlichen Alleinerben.

Genau, so ist das!

Ein gesetzlicher Erbe der durch Verfügung von Todes wegen als Erbe berufen ist, kann die Erbschaft als testamentarischer Erbe ausschlagen und als gesetzlicher Erbe annehmen, § 1948 Abs. 1 BGB. Da keine weiteren gesetzlichen Erben der E bestehen, wird S mit der Ausschlagung der testamentarischen Erbeinsetzung somit zum gesetzlichen Alleinerben der S. § 1948 Abs. 1 BGB greift jedoch nicht ein, wenn der Erblasser in seinem Testament die gesetzliche Erbfolge ausgeschlossen hat, beispielsweise durch Einsetzung eines Ersatzerben.

3. Durch die Ausschlagung der testamentarischen Erbeinsetzung kann S das Vermächtnis zugunsten des G umgehen.

Nein, das trifft nicht zu!

Gemäß § 2085 BGB hat die Unwirksamkeit einer von mehreren in einem Testament enthaltenen Verfügungen die Unwirksamkeit der übrigen Verfügungen nur dann zur Folge, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser diese ohne die unwirksame Verfügung nicht getroffen hätte. Nach der herrschenden Meinung gehören hierzu auch Fälle der Ausschlagung, des Eintritts einer auflösenden Bedingung oder des endgültigen Ausfalls einer aufschiebenden Bedingung. Durch die Ausschlagung der testamentarischen Erbeinsetzung bleibt die Beschwerung durch das Vermächtnis zugunsten des G somit bestehen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

JOA

Joana

27.5.2023, 15:18:24

Wie ist denn dann § 1953 II zu verstehen? „Wie wenn der Ausschlagende im ZP des Erbfalls nicht gelebt hätte“ Bzgl. des testamentarischen Erballs lebt er nicht, aber bzgl. Des gesetzlichen Erbfalls schon?

GEI

Geithombre

21.11.2023, 19:11:03

@[Joana](127509) Ich würde das Ganze entlang des Wortlauts der Norm in einem Zweischritt prüfen. Es ist also herauszufinden, wer als Erbe berufen war, wenn der Ausschlagende zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht (mehr) gelebt hätte. (1) enthält eine mglw. vorhandene letztwillige Verfügung eine Regelung hinsichtlich Ersatzerbenschaft? Wenn ja, wird der Ersatzerbe durch die Ausschlagung Erbe. Wenn nein, (2) greift die gesetzliche Erbfolge. Hier kann der sowohl testamentarisch wie auch gesetzlich berufene Erbe wegen § 1948 I BGB nach der Ausschlagung der testamentarischen Erbeinsetzung die Erbenstellung aus Gesetz annehmen.

FW

FW

26.8.2024, 15:12:23

Muss ich dann also sowohl das testamentarische Erbe als auch die gesetzliche Erbfolge ausdrücklich ausschlagen, also quasi doppelt? Wenn ja ist das doch irgendwie sinnlos, da ich ja schon mit der Ausschlagung der Erbschaft Kraft Testament ausdrücklich gezeigt habe, dass ich nicht Erbe sein will.


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