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Schadensersatzansprüche zwischen Ehegatten - Ehe als sonst. gesch. Rechtsgut (Fall)

Schadensersatzansprüche zwischen Ehegatten - Ehe als sonst. gesch. Rechtsgut (Fall)

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

F und M sind schon seit über 20 Jahren miteinander verheiratet. Seit kurzem hat M eine Affäre mit der Nachbarin N. Die beiden treffen sich immer in Ms Ehewohnung, während die F arbeitet. Als F davon erfährt, erleidet sie einen Nervenzusammenbruch und muss ärztlich behandelt werden.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Schadensersatzansprüche zwischen Ehegatten - Ehe als sonst. gesch. Rechtsgut (Fall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Stellt die Ehe als solche ein von § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Rechtsgut dar?

Nein, das trifft nicht zu!

Der BGH und die herrschende Meinung lehnen eine Anerkennung der Ehe als Rechtsgut im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB ab. Der innereheliche höchstpersönliche Bereich müsse demnach von der staatlichen Kontrolle und staatlichem Zwang unberührt bleiben. Dies entspreche auch der Wertung des § 120 Abs. 3 FamFG. Die Ehe stehe daher außerhalb der Rechtsverhältnisse, deren Verletzung allgemeine Schadensersatzansprüche für Vermögensschaden begründen können. Die Ehe als solche stellt somit kein von § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Rechtsgut dar.
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2. Stellt der räumlich gegenständliche Bereich der Ehe ein von § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Rechtsgut dar?

Ja!

Auch wenn die Ehe als solche nicht deliktsrechtlich geschützt ist, stellt zumindest der räumlich-gegenständlichen Bereich der Ehe ein von § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Rechtsgut dar. Dieser Schutz lasse nach dem BGH aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der jeweiligen Ehegatten ableiten, welches sich auch auf die eheliche Wohnung als Grundlage des Ehe- und Familienlebens und Ort zur Entfaltung der Persönlichkeit bezieht. Der räumlich-gegenständliche Bereich der Ehe stellt somit ein von § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Rechtsgut dar.

3. Hat F gegen M einen Anspruch auf Unterlassung Ausübung der Affäre in der ehelichen Wohnung gemäß § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. § 1004 BGB?

Genau, so ist das!

Aus § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. § 1004 BGB lassen sich bei Verletzung des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche gegen den untreuen Ehegatten sowie auch den Dritten entnehmen. M hat somit einen Anspruch auf F auf Unterlassung der Ausübung der Affäre in der ehelichen Wohnung. Dieser Anspruch ist auch vollstreckbar, da sich § 120 Abs. 3 FamFG allein auf den Schutz der höchstpersönlichen Ehebeziehung, nicht aber auf den räumlich-gegenständlichen Bereich der Ehe bezieht.

4. Hat F gegen M einen Anspruch auf Ersatz der Behandlungskosten gemäß § 823 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe?

Nein, das trifft nicht zu!

Der BGH lehnt trotz der Anerkennung des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe als absolutes Recht nach § 823 Abs. 1 BGB einen Schadensersatzanspruch wegen deren Verletzung grundsätzlich ab. Andernfalls würde der allgemeine Grundsatz des § 120 Abs. 3 FamFG, dass bei Verletzung personaler Ehepflichten keine Schadensersatzpflichten bestehen, wieder unterlaufen. F hat somit keinen Anspruch gegen M auf Ersatz der Behandlungskosten wegen Verletzung des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe. In Betracht kommt jedoch ein Schadensersatz wegen der Verletzung anderer absoluter Rechte und Rechtsgüter, wie beispielsweise die Verletzung der körperlichen Unversehrtheit aufgrund des Nervenzusammenbruchs.
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