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Schadensersatzansprüche zwischen Ehegatten - Vertiefung § 826 BGB (Fall)

Schadensersatzansprüche zwischen Ehegatten - Vertiefung § 826 BGB (Fall)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Während der Ehe mit M beginnt F eine Affäre mit ihrem Arbeitskollegen A. F wird von A schwanger. Um ihre Ehe nicht zu gefährdend, lässt sie M in dem Glauben, dass es sich bei K um seinen Sohn handelt. Fünf Jahre später erfährt M, dass K nicht sein leibliches Kind ist und ficht die Vaterschaft erfolgreich an.

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Einordnung des Falls

Schadensersatzansprüche zwischen Ehegatten - Vertiefung § 826 BGB (Fall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Kann M von F die Rückzahlung des für K gezahlten Unterhalts wegen der Verletzung der ehelichen Treue gemäß §§ 1353 Abs. 1 S. 2, 280 Abs. 1 BGB verlangen?

Nein, das ist nicht der Fall!

Um die Wertung des § 120 Abs. 3 FamFG nicht zu unterlaufen, besteht nach h.M. bei Verletzung oder Nichterfüllung der personalen Ehepflichten kein durchsetzbarer Schadensersatzanspruch. Zudem stellen die personalen Ehepflichten auch nicht Gegenstand eine Schuldverhältnisses nach § 241 Abs. 1 BGB dar. M hat somit keinen Schadensersatzanspruch gegen F wegen der Verletzung der ehelichen Treue gemäß §§ 1353 Abs. 1 S. 2, 280 Abs. 1 BGB.
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2. Kann M von F die Rückzahlung des für K gezahlten Unterhalts wegen der Verletzung der Ehe gemäß § 823 Abs. 1 BGB verlangen?

Nein, das trifft nicht zu!

Rspr. und h.L. lehnen eine Anerkennung der Ehe als Rechtsgut im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB ab. Der innereheliche höchstpersönliche Bereich müsse demnach von der staatlichen Kontrolle und staatlichem Zwang unberührt bleiben. Dies entspreche auch der Wertung des § 120 Abs. 3 FamFG. Die Ehe stehe daher außerhalb der Rechtsverhältnisse, deren Verletzung allgemeine Schadensersatzansprüche für Vermögensschaden begründen können. M hat somit keinen Schadensersatzanspruch gegen F wegen der Verletzung der ehelichen Treue gemäß § 823 Abs. 1 BGB.

3. Kann M von F die Rückzahlung des Unterhalts wegen der Verletzung der Ehe gemäß § 826 BGB verlangen?

Nein!

§ 826 BGB lässt sich ausnahmsweise auch bei innerehelichen, geschlechtlichen Störungen der Beziehung der Ehegatten anwenden, wenn ein weiteres schädigendes Verhalten des einen Ehegatten hinzutritt, welches auf eine vorsätzliche Schadenszufügung gerichtet ist. Die Sittenwidrigkeit darf sich dabei nicht aus den Werten der ehelichen Lebensgemeinschaft ergeben, sondern muss einer eigenständigen Wertung entspringen. Die Tatsache, dass F den Treuebruch verschwiegen hat, stellt kein über die Wertungen der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehendes sittenwidriges Verhalten dar, da F dies tat, um die Ehe nicht zu gefährden. Bei der Prüfung des § 826 BGB ist stets Zurückhaltung geboten. Die Anforderungen an die Sittenwidrigkeit sind streng auszulegen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Im🍑nderabilie

Im🍑nderabilie

9.11.2022, 10:56:44

Die letzte Aufgabe bringt mich etwas zum nachdenken, hat die F den M nicht – unabhängig von der Untreue – über seine Pflicht getäuscht, unterhaltspflichtig zu sein? Ich sehe da den Schwerpunkt eher die Täuschung in dem Bereich, als in dem der eherechtlich relevanten Untreue.. Es müsste dann ja eigentlich irrelevant sein, ob sie es macht um die Ehe zu retten.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

10.11.2022, 12:04:37

Hallo imponderabilie, bei wertungsbedürftigen Konstellationen ist immer genau auf den Sachverhalt zu achten. Vorliegend gibt dieser vor, dass F die Untreue verschweigt um die Ehe nicht zu gefährden. Wenn du darüber hinaus Motive unterstellst, können die zwar naheliegend sein, stellen aber eine unzulässige Sachverhaltsquetsche dar. Insofern ist das finanzielle an dieser Stelle ausser Acht zu lassen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Im🍑nderabilie

Im🍑nderabilie

11.11.2022, 14:59:11

Hoppla, da hast du Recht! Das habe ich da glaub wegen der Fälle davor reingelesen 😅

Haughty Onion

Haughty Onion

18.10.2023, 13:23:54

Ist es nicht allgemein so, dass Kindesunterhalt von jeglichen Rückzahlungsansprüchen ausgenommen ist, da es sonst das Wohl des Kindes gefährdet? Oder ist diese Problematik begrenzt auf Ausschlussvereinbarungen bezüglich Kindesunterhalt? Vermisse hier ein Fazit, ob überhaupt irgendein Rückzahlungsanspruch gegeben sein kann in dieser Konstellation, bin jetzt etwas verwirrt

HAN

hannabuma

12.1.2024, 16:38:17

Kommt ein Anspruch des M gem. § 823 I BGB wegen Verletzung elterlicher Sorge durch F gem. § 1626 BGB in Betracht? Mit der Begründung, dass sie das Geld von einer Person verlangt, die eben kein Elternteil gem. § 1226 BGB ist und gleichzeitig das Verlangen von dem tatsächlichen Vater unterlässt? Oder hat der M hier wirklich gar keine Möglichkeit sein Geld zurückzubekommen?

Lord Denning

Lord Denning

13.1.2024, 18:14:20

Hätte M gegen A einen bereicherungsrechtlichen Anspruch?

JulianF

JulianF

3.8.2024, 14:31:03

Eine NLK würde in Betracht kommen, wenn nicht schon zu diesem Zweck eine cessio legis in § 1607 III 2 BGB angeordnet wäre. M kriegt Ks den Anspruch gegen den biologischen Vater A.


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