Öffentliches Recht

VwGO

Vorläufiger Rechtsschutz (§ 123 VwGO)

Unterschied der Begründetheit des Eilrechtsschutzes von Hauptsache

Unterschied der Begründetheit des Eilrechtsschutzes von Hauptsache

4. Juli 2025

9 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Es ist wichtig, dass Du in der Klausur die Unterschiede zwischen der Prüfung des Hauptsacheverfahrens und dem Eilrechtsschutz beachtest und deutlich machst, dass du sie kennst. Welche Aussagen stimmen?

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Einordnung des Falls

Unterschied der Begründetheit des Eilrechtsschutzes von Hauptsache

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Eilrechtsschutz nach § 123 Abs. 1 VwGO bietet grundsätzlich einen weiteren Rechtsschutz als das Hauptsacheverfahren.

Nein!

Das Gericht kann durch eine einstweilige Anordnung dem Antragsteller nicht mehr zusprechen, als er mit einer Hauptsacheklage erreichen könnte. Es ist daher z.B. prinzipiell ausgeschlossen, dem Betroffenen die begehrte Begünstigung zuzubilligen, wenn er nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung besitzt, insbesondere wenn hierdurch vollendete Tatsachen geschaffen werden. Vorläufige Maßnahmen, die später wieder rückgängig gemacht werden können, sind grundsätzlich nicht zu beanstanden. Stelle Dir immer die Kontrollfragen: Was könnte im Hauptsacheverfahren entschieden werden? Geht das konkrete Begehren im einstweiligen Rechtsschutz darüber hinaus?Sofern eine Grundsrechtsposition des Antragstellers irreversibel vereitelt werden würde bzw. ihm ein äußerst schwerwiegender Rechtsnachteil droht, darf das Gericht ausnahmsweise auch mehr zubilligen, als in der Hauptsache möglich wäre. Das temporäre Überschreiten der Hauptsache ist im Interesse effektiven Rechtsschutzes hinzunehmen.
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2. Der Antragsteller muss die für den Eilrechtsschutz nach § 123 Abs. 1 VwGO erforderlichen Merkmale lediglich glaubhaft machen.

Genau, so ist das!

Das Merkmal der Glaubhaftmachung ist sehr praxisrelevant und daher vor allem im 2. Staatsexamen von Bedeutung. Im Gegensatz zum Hauptsacheverfahren, in dem das Gericht den Sachverhalt bis zur Erlangung seiner vollen Überzeugung aufzuklären hat (§ 108 Abs. 1 S. 1 VwGO), genügt im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes die Glaubhaftmachung der Tatsachen, aus denen sich Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund ergeben (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Grund dafür ist, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig zeitnah erfolgen muss, um einen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten. Müsste das Gericht erst zur vollen Überzeugung kommen, wäre eine schnelle Entscheidung nicht gewährleistet. Auch der vorläufige Charakter des einstweiligen Rechtsschutzes rechtfertigt die gesenkten Anforderungen an die gerichtliche Überzeugung.

3. Im Rahmen des Eilrechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO werden die Erfolgsaussichten der Hauptsache summarisch geprüft.

Ja, in der Tat!

Aufgrund der Eilbedürftigkeit eines Antrags nach § 123 Abs. 1 VwGO, kann das Gericht den Sachverhalt nicht vollumfänglich ermitteln, um sich eine Entscheidungsgrundlage zu schaffen. Dies ist vielmehr gerade Sache des Hauptsacheverfahrens. Im Rahmen eines Antrags nach § 123 Abs. 1 VwGO prüft das Gericht daher "nur" summarisch. D.h., dass das Gericht nur das zugrunde legt, was der Antragsteller glaubhaft vorgebracht hat. Eine darüber hinausgehende Ermittlung der Details des Sachverhalts durch das Gericht findet nicht statt. Im Rahmen des 1. Staatsexamen hat dies in der Regel keine Bedeutung, da der Sachverhalt sowieso von vornherein komplett feststeht. Du prüfst also letztlich die Begründetheit des Hauptsacheverfahrens (- nennst das aber bitte nicht so!). Es ist wichtig, aufzuzeigen, dass es sich um eine summarische Prüfung handelt. So machst Du deutlich, dass Du die Besonderheiten des Eilrechtsschutzes kennst!

4. Eine einstweilige Anordnung darf grundsätzlich nicht zur Vorwegnahme der Hauptsache führen.

Ja!

Aus dem Charakter des einstweiligen Rechtsschutzes ergibt sich, dass die getroffenen Anordnungen grundsätzlich nur vorläufiger Natur sein können, das heißt, dass die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen werden darf. Für die Regelungsanordnung ergibt sich dies auch aus dem Wortlaut von § 123 Abs. 1 S. 2 ("Regelung eines vorläufigen Zustands"). Gleiches muss auch für die Sicherungsanordnung gelten, das gebietet bereits der Begriff der einstweiligen Anordnung. Das Gericht darf daher im Eilrechtsschutzverfahren keine endgültige Entscheidung bezüglich des geltend gemachten Rechtsanspruchs treffen. Dies ist Sache des Hauptsacheverfahrens. Kein Grundsatz ohne Ausnahme! Im Interesse des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) kann es geboten sein, die Hauptsache vorwegzunehmen, sofern eine Versagung vorläufigen Rechtsschutzes den Antragsteller schwer und unzumutbar oder irreparabel belasten würde.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

BL

Blotgrim

6.12.2023, 20:51:41

Zur

Vorwegnahme der Hauptsache

haben wir in der Vorlesung zwei Dinge anders gelernt. Erstens kann die Hauptsache vorweggenommen werden, wenn sonst erhebliche Nachteile drohen (bspw. massive finanzielle Einbußen, weil

Neubescheidung

über Zulassung zum Weihnachtsmarkt erst am 17. Dezember oder später erfolgen würde) um effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten (dazu auch Buchheister in "Wysk VwGO 3.Auflage §123 Rn.34). Zweitens kann in engen Ausnahmefällen mehr gewährt werden (so zumindest eine Meinung), als in der Hauptsache möglich wäre, wenn zumindest erhebliche und irreversible Schäden für Grundrechte drohen und wahrscheinlich ist das die

Behörde

eine bestimmte Maßnahme trifft (hierzu Rn. 35 bei Wysk). Ihr deutet es zwar mit dem Wort "grundsätzlich" an es wäre aber schön wenn ihr ergänzt, dass es Ausnahmen gibt. Lg

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

8.12.2023, 13:40:53

Hallo Blotgrim, vielen Dank für Dein Feedback. Insbesondere werden hier im Hinblick auf die Gewährleistung effektiven Rechtsschutz vom Grundsatz Ausnahmen gemacht! Wir haben diesbezüglich noch Vertiefungshinweise aufgenommen :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

FUCH

Fuchsfrauchen

18.5.2025, 15:08:28

Hallo, ich habe eine ganz praktische Frage: Durch was wird das Hauptsacheverfahren eingeleitet? Wenn ich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stelle, wird dadurch auch ein Hauptsacheverfahren eingeleitet - oder müsste ich nochmal separat Klage erheben, um endgültige Rechtssicherheit zu erlangen?

iudexaquo

iudexaquo

3.6.2025, 12:03:20

In Kopp/Schenke steht unter § 123 Rn. 38 folgendes: "Ist die Hauptsache noch nicht anhängig, so kann der Antragsgegner bzw. ein sonstiger Betroffener beantragen, dass das Gericht dem Ast, der die einstw. Anordnung erwirkt hat, aufgibt, Hauptsacheklage zu erheben, § 123 III VwGO iVm § 926 I ZPO. (...) In Verpflichtungssachen tritt in diesem Fall an die Stelle der Klageerhebung ggf. die Antragstellung bei der zuständigen

Behörde

bzw. die Einlegung eines Widerspruchs." Der Antragsteller müsste also eine separate Klage erheben.

Sege

Sege

27.5.2025, 18:15:05

Die Art von allgemeiner Abfrage gefällt mir sehr und ist sehr gut zum Wiederholen! :)

Linne Hempel

Linne Hempel

11.6.2025, 10:05:05

Hallo Sege, vielen Dank für dein Lob! Deine positive Rückmeldung motiviert uns, weiterhin unser Bestes zu geben. Beste Grüße, Linne Hempel, für das Jurafuchs-Team


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