Knebelung (+)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Schreiner S nimmt bei Bank B Darlehen auf. Da er sonst keine Sicherheiten oder Vermögenswerte hat, tritt er alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen aus dem Verkauf seiner hergestellten Möbelstücke an B ab. Zusätzlich verpflichtet sich S gegenüber B, alle künftigen Käufe und Verkäufe mit B abzustimmen. B will sich dabei möglichst umfangreiche Sicherheiten verschaffen, wirtschaftliche Belange des B oder seiner anderen Gläubiger sind ihr egal.
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Einordnung des Falls
Knebelung (+)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Unwirksamkeit einer Globalzession kann auch auf einer Knebelung beruhen (§ 138 Abs. 1 BGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Globalzession ist hier wegen Vorliegens eines Knebelungsvertrags sittenwidrig (§ 138 Abs. 1 BGB) und damit unwirksam.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Kai
14.1.2024, 10:15:43
In der Antwort auf die erste Frage heißt es noch, dass neben den objektiven Voraussetzungen der Knebelung der Sicherungsnehmer auch sittenwidrige eigennützige Ziele verfolgen muss. Dieses subjektive Element ist im SV nicht angedeutet und wird auch nicht im Fall abgefragt. Entfaltet das Vorliegen des obj. Elements Indizwirkung hinsichtlich des subjektiven Elements und es wird deshalb nicht mehr geprüft? Oder wieso wird darauf in der letzten Frage nicht mehr eingegangen? Könntet ihr das vielleicht noch erläutern/im SV ändern? Danke!
Sebastian Schmitt
4.11.2024, 10:16:40
Hallo @Kai, eine gute Frage! Interessanterweise ist nicht ganz klar und auch durchaus umstritten, ob und welche Bedeutung die subjektive Seite für die Frage der Sittenwidrigkeit hat. Zunächst gibt es nach der Rspr diejenigen Fälle, in denen sich die Sittenwidrigkeit bereits aus den objektiven Umständen ergibt. Ist das der Fall, stellt der BGH auf der subjektiven Seite keine weiteren Anforderungen (so im Fall von Schmiergeldzahlungen an ausländische Staatsbedienstete BGH NJW 1985, 2405). Jedenfalls dann, wenn wir einen solchen Fall nicht haben, verlangt der BGH aber tendenziell auf der subjektiven Ebene zusätzlich eine
verwerfliche Gesinnung (so zB BGH NJW 2019, 3635, 3637), wobei es dafür ausreichen soll, wenn die Beteiligten die objektiven Umstände gekannt haben, aus denen sich die Sittenwidrigkeit ergibt (ähnlich dem strafrechtlichen
Vorsatz) oder sich dieser Erkenntnis sogar nur bewusst verschlossen haben (was sogar in Richtung Fahrlässigkeit geht, BGH NJW 2004, 2671, 2673). Um den subjektiven Vorwurf zu begründen, zieht die Rspr allerdings teils Rückschlüsse aus den objektiven Umständen, was dann von einem TdL kritisiert wird (zB von BeckOGK-BGB/Jakl, Stand 1.8.2024, § 138 Rn 150 ff). Du siehst also, die Lage ist unübersichtlich. Für eine Prüfung würde ich eher empfehlen, im Aufbau (zumindest mit einem Absatz im Text) und inhaltlich möglichst klar zwischen objektivem und subjektivem Teil zu differenzieren. Das wirkt strukturierter und lenkt auch die eigene Prüfung besser, weil man dadurch automatisch nach zumindest einem objektiven Anhaltspunkt und einem subjektiven in der Sachverhaltsdarstellung suchen wird, ohne den jeweils anderen zu vergessen. Was unseren Fall hier angeht: Unsere Sachverhaltsdarstellung ist hier wie so oft bewusst knapp gehalten, wir haben aber jetzt einen Satz zur Klarstellung ergänzt. Und in der Subsumtion taucht das subjektive Merkmal sehr wohl auf, angedeutet durch das
rücksichtslose Hinwegsetzen. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
unvorsätzlicher Totschläger
8.11.2024, 12:37:45
Inwiefern besteht denn ein Unterschied zwischen Knebelung und der vorangegangenen Kredittäuschung? Auch bei der Knebelung wird die Globalzession doch höchstwahrscheinlich nicht offengelegt, sodass im Verhältnis zu den neuen Sicherungsgebern eine Liquidität vorgespielt wird, die ja eigentlich, wegen der fehlenden Möglichkeit aufgrund der Globalzession über Einnahmen zu verfügen, nicht besteht. Liegen die Fallgruppen insoweit einfach kumulativ vor und in welchem Fall ist eine Unterscheidung geboten?