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A ist beim Elektrohandel Uranus seit sieben Jahren als Verkäufer beschäftigt. Von Anfang an war er in der Computerspielabteilung eingesetzt. Aufgrund einiger Abgänge teilt Direktorin D dem A mit, dass er fortan in der Abteilung für Waschmaschinen eingesetzt werde.

Einordnung des Falls

Art der Tätigkeit - Konkretisierung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers ist vollständig im BGB geregelt.

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Nein, das trifft nicht zu!

Das Weisungsrecht des Arbeitgebers zählt zu den Rechtsquellen des Arbeitsrechts. Früher wurde es allein aus dem Arbeitsvertrag abgeleitet, bis mit § 106 GewO erstmalig eine gesetzliche Regelung geschaffen wurde. Der Arbeitgeber kann danach unter anderem Art, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen bestimmen, soweit nicht höherrangige Vorschriften, Beteiligungsrechte des Betriebsrates oder arbeitsvertragliche Vereinbarungen entgegenstehen.Zum 1.4.2017 wurde das Weisungsrecht zusätzlich in den neu geschaffenen § 611a Abs. 1 S. 1-4 BGB aufgenommen. Allerdings ist es hier nur unvollständig beschrieben. Es fehlt der Verweis, dass sich das Weisungsrecht auch auf die „Ordnung“ und das „Verhalten der Arbeitnehmer“ beziehen kann (§ 106 S. 2 GewO) sowie die Ausübungsschranke des „billigen Ermessens“.Aufgrund der unvollständigen Normierung solltest Du auch weiterhin auf § 106 GewO abstellen und § 611a Abs. 1 S. 2 BGB allenfalls ergänzend zitieren.

2. Verstößt die Weisung der D gegen den Arbeitsvertrag?

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Nein!

Das Weisungsrecht des Arbeitgebers (§ 106 GewO) findet dort seine Grenze, wo höherrangige Vorschriften, Beteiligungsrechte des Betriebsrates oder arbeitsvertragliche Vereinbarungen der Weisung entgegenstehen.Ausweislich des Arbeitsvertrages ist A als Verkäufer eingestellt worden. Eine Beschränkung auf den Einsatz in der Computerspielabteilung ist nicht erfolgt.Der Arbeitsvertrag ist regelmäßig das wichtigste Instrument zur Bestimmung der geschuldeten Tätigkeit. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Tätigkeit hier kurz zu charakterisieren und zu beschreiben (§ 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 NachwG).

3. Da A sieben Jahre lang in der Computerspielabteilung eingesetzt war, hat sich seine Leistungspflicht dahingehend konkretisiert, dass er nur noch dort eingesetzt werden darf.

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Nein, das ist nicht der Fall!

Bei weit gefassten arbeitsvertraglichen Festlegungen kann im Laufe der Zeit eine Konkretisierung der Leistungspflicht eintreten, wenn (1) dem Arbeitnehmer für längere Zeit nur eine bestimmte Tätigkeit zugewiesen wurde und (2) der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, sein Pflichtenkreis begrenze sich auch künftig auf Täitgkeiten dieser Art.Zwar war A längere Zeit bei den Computerspielen eingesetzt worden. Dies allein begründet indes noch kein schutzwürdiges Vertrauen. Eine Konkretisierung liegt nicht vor.Im Ergebnis handelt es sich bei der Konkretisierung um eine konkludente Vertragsänderung. Bei der Annahme einer solchen ist die Rechtsprechung sehr zurückhaltend.

4. Überschreitet die Weisung nun Waschmaschinen zu verkaufen die Grenzen des billigen Ermessens?

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Nein, das trifft nicht zu!

Die arbeitsvertragliche Weisung darf nur nach billigem Ermessen (§ 106 GewO) ausgeübt werden. Der Arbeitgeber muss dabei alle Umstände des Einzelfalls und die Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigen.Vorliegend erfolgt die Zuweisung der Aufgabe der Kompensation von Abgängen. Mit Ausnahme der Mühe, sich in die neue Produktpalette einzuarbeiten, erleidet A hierdurch keine wesentlichen Nachteile. Somit hält sich die Weisung innerhalb der Grenzen des billigen Ermessens.Bei dem Begriff des billigen Ermessens handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Den Arbeitsgerichten steht hier bei der Auslegung ein Beurteilungsspielraum zu.

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