Zivilrechtliche Nebengebiete

Erbrecht

Gewillkürte Erbfolge

Anfechtung von Testamenten – Motivirrtum 1 (Fall)

Anfechtung von Testamenten – Motivirrtum 1 (Fall)

12. November 2024

4,7(2.799 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Erblasser E hat drei Söhne, von denen lediglich der S studiert hat. Da er auf seinen Sohn S aufgrund des bestanden Juraexamens besonders stolz ist, setzt er ihn als alleinigen Erben im Testament ein und enterbt die beiden Söhne M und N. Tatsächlich hatte S das Studium schon nach 3 Semestern abgebrochen und das Examen nie angetreten.

Diesen Fall lösen 0,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Anfechtung von Testamenten – Motivirrtum 1 (Fall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Liegt ein Anfechtungsgrund vor?

Ja, in der Tat!

Gemäß § 2078 Abs. 2 BGB sind letztwillige Verfügungen anfechtbar, wenn der Erblasser bei der Errichtung des Testaments von irrigen Annahmen im Hinblick auf gegenwärtige, vergangene oder zukünftige Umstände ausging. E ging bei der Testamentserrichtung von der irrigen Annahme aus, dass S das Examen bestanden hat. Da er ihn nur deshalb als Alleinerben einsetzte, liegt der Anfechtungsgrund des § 2078 Abs. 2 BGB vor. Selbst wenn man hier von einer arglistigen Täuschung durch S ausgehen würde, ist § 2078 Abs. 2 BGB einschlägig, da es sich dabei um einen Unterfall des Motivirrtums handelt.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Tritt durch die Anfechtung die gesetzliche Erbfolge ein?

Ja!

Wird eine Verfügung des Erblassers angefochten, so ist sie nach § 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen. Die Einsetzung des S ist somit nichtig, sodass das gesetzliche Erbrecht eintritt.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Martin

Martin

8.8.2023, 08:44:01

Grundsätzlich bleibt die Enterbung doch wirksam, oder? Nur dadurch, dass er besonders stolz ist, ist anzunehmen, hätte er keine Akademiker, er die gesetzliche Erbfolge gelassen hätte und man so über § 2085 zur Nichtigkeit der Enterbung kommt, oder?

LELEE

Leo Lee

9.8.2023, 15:51:17

Hallo Martin, die Enterbung passierte hier durch die alleinige Einsetzung des S, womit die beiden anderen Söhne in

testament

arischer Weise erstmal "enterbt" wurden. Da jedoch aufgrund der Anfechtung diese

testament

arische Entscheidung nunmehr aufgrund § 142 I BGB rückwirkend nichtig ist, ist die Enterbung nunmehr ebenfalls nichtig, womit die gesetzliche Erbfolge nach den §§ 1924 ff. BGB eintritt :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo

L.G

L.Goldstyn

9.8.2024, 14:40:02

Der Sachverhalt ist hier zwar relativ dünn. Der Vollständigkeit halber ist es aber vielleicht gut, darauf hinzuweisen, dass die Rechtsfolge der Anfechtung im Erbrecht zwar grundsätzlich die Nichtigkeit der Verfügung gem. § 142 Abs. 1 BGB und damit die gesetzliche Erbfolge ist (sog. Kassationswirkung der Anfechtung). Allerdings besteht davon eine wichtige Ausnahme: Wäre der Erblasser mit dieser Rechtsfolge (d.h. mit der gesetzlichen Erbfolge) nicht einverstanden, hat die Anfechtung keine Kassations-, sondern eine Modifikationswirkung. Es ist danach zu fragen, was der Erblasser ohne Irrtum testiert hätte, und das

Testament

ist nicht nichtig, sondern dem Willen des Erblassers entsprechend zu modifizieren. Denkbar wäre hier, dass E aufgrund der Täuschung durch S so von ihm enttäuscht gewesen wäre, dass er nicht mit der gesetzlichen Erbfolge einverstanden wäre, wonach S 1/3 seines Nachlasses erhalten würde. Dann könnte über eine Modifikation des

Testament

s dergestalt nachgedacht werden, dass S von der Erbfolge ausgeschlossen und die anderen Söhne alleinige Erben sein sollten. Wie gesagt: Dafür bräuchte es aber deutlichere Anhaltspunkte im Sachverhalt.

AS

as.mzkw

22.10.2024, 15:41:17

Würde man den Obersatz also wie folgt formulieren: „Das

Testament

könnte gem. § 142 I BGB als von Anfang an nichtig anzusehen sein.“ ? und dann würde man die §§ 2078 ff. BGB prüfen?

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

23.10.2024, 17:44:41

Hallo @[as.mzkw](244917), Du formulierst Deinen Obersatz völlig richtig von der Rechtsfolge des § 142 I BGB her. Angefochten wird nach § 2078 I BGB auch ausdrücklich "das

Testament

", deswegen ist Dein Vorschlag so völlig in Ordnung und enthält alle wesentlichen Elemente. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community

Weitere für Dich ausgwählte Fälle

Jurafuchs

Anfechtung von Testamenten – Motivirrtum 2 (Fall)

E ist vor kurzem verstorben. Sie hatte vor über 20 Jahren ihre damalige Geliebte G als Alleinerbin im Testament eingesetzt. Als die Beziehung zerbrochen ist, hat E jedoch vergessen das Testament zu ändern. Sie äußerte mehrmals gegenüber ihrer Schwester S, dass nach ihrem Tod die gesetzliche Erbfolge eintreten werde.

Fall lesen

Jurafuchs

Anfechtung von Testamenten – Übergehen eines Pflichtteilberechtigten 1 (Fall)

Der alleinstehende E hatte zu Studienzeiten seinen Freund S als Alleinerben in seinem Testament eingesetzt. Nach dem Erbfall stellt sich heraus, dass E der Vater von K ist. Als E das Testament errichtete, war K noch nicht auf der Welt. K der von E nichts wissen wollte, hat mittlerweile selbst eine erwachsene Tochter T.

Fall lesen

Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen