Zivilrechtliche Nebengebiete
Erbrecht
Gewillkürte Erbfolge
Anfechtung von Testamenten – Motivirrtum 1 (Fall)
Anfechtung von Testamenten – Motivirrtum 1 (Fall)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Erblasser E hat drei Söhne, von denen lediglich der S studiert hat. Da er auf seinen Sohn S aufgrund des bestanden Juraexamens besonders stolz ist, setzt er ihn als alleinigen Erben im Testament ein und enterbt die beiden Söhne M und N. Tatsächlich hatte S das Studium schon nach 3 Semestern abgebrochen und das Examen nie angetreten.
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Einordnung des Falls
Anfechtung von Testamenten – Motivirrtum 1 (Fall)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Liegt ein Anfechtungsgrund vor?
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Tritt durch die Anfechtung die gesetzliche Erbfolge ein?
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Martin
8.8.2023, 08:44:01
Grundsätzlich bleibt die Enterbung doch wirksam, oder? Nur dadurch, dass er besonders stolz ist, ist anzunehmen, hätte er keine Akademiker, er die gesetzliche Erbfolge gelassen hätte und man so über § 2085 zur Nichtigkeit der Enterbung kommt, oder?
Leo Lee
9.8.2023, 15:51:17
Hallo Martin, die Enterbung passierte hier durch die alleinige Einsetzung des S, womit die beiden anderen Söhne in
testamentarischer Weise erstmal "enterbt" wurden. Da jedoch aufgrund der Anfechtung diese
testamentarische Entscheidung nunmehr aufgrund § 142 I BGB rückwirkend nichtig ist, ist die Enterbung nunmehr ebenfalls nichtig, womit die gesetzliche Erbfolge nach den §§ 1924 ff. BGB eintritt :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo
L.Goldstyn
9.8.2024, 14:40:02
Der Sachverhalt ist hier zwar relativ dünn. Der Vollständigkeit halber ist es aber vielleicht gut, darauf hinzuweisen, dass die Rechtsfolge der Anfechtung im Erbrecht zwar grundsätzlich die Nichtigkeit der Verfügung gem. § 142 Abs. 1 BGB und damit die gesetzliche Erbfolge ist (sog. Kassationswirkung der Anfechtung). Allerdings besteht davon eine wichtige Ausnahme: Wäre der Erblasser mit dieser Rechtsfolge (d.h. mit der gesetzlichen Erbfolge) nicht einverstanden, hat die Anfechtung keine Kassations-, sondern eine Modifikationswirkung. Es ist danach zu fragen, was der Erblasser ohne Irrtum testiert hätte, und das
Testamentist nicht nichtig, sondern dem Willen des Erblassers entsprechend zu modifizieren. Denkbar wäre hier, dass E aufgrund der Täuschung durch S so von ihm enttäuscht gewesen wäre, dass er nicht mit der gesetzlichen Erbfolge einverstanden wäre, wonach S 1/3 seines Nachlasses erhalten würde. Dann könnte über eine Modifikation des
Testaments dergestalt nachgedacht werden, dass S von der Erbfolge ausgeschlossen und die anderen Söhne alleinige Erben sein sollten. Wie gesagt: Dafür bräuchte es aber deutlichere Anhaltspunkte im Sachverhalt.
as.mzkw
22.10.2024, 15:41:17
Würde man den Obersatz also wie folgt formulieren: „Das
Testamentkönnte gem. § 142 I BGB als von Anfang an nichtig anzusehen sein.“ ? und dann würde man die §§ 2078 ff. BGB prüfen?
Sebastian Schmitt
23.10.2024, 17:44:41
Hallo @[as.mzkw](244917), Du formulierst Deinen Obersatz völlig richtig von der Rechtsfolge des § 142 I BGB her. Angefochten wird nach § 2078 I BGB auch ausdrücklich "das
Testament", deswegen ist Dein Vorschlag so völlig in Ordnung und enthält alle wesentlichen Elemente. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team