Öffentliches Recht

VwGO

Fortsetzungsfeststellungsklage

Statthaftigkeit der FFK: Erledigung nach Klageerhebung (Zeitablauf Fall 2)

Statthaftigkeit der FFK: Erledigung nach Klageerhebung (Zeitablauf Fall 2)

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Anglerin A bekommt eine Sondernutzungserlaubnis, nach der sie bis zum 22.12.2021 ihren Fisch auf dem Bürgersteig vor ihrem Haus verkaufen darf. Nachbar N fühlt sich durch den Geruch belästigt und klagt. Der letzte Termin für die mündliche Verhandlung ist der 05.01.2022.

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Einordnung des Falls

Statthaftigkeit der FFK: Erledigung nach Klageerhebung (Zeitablauf Fall 2)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Statthaft ist die Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 S, 4 VwGO, wenn der Kläger die gerichtliche Feststellung begehrt, dass ein bereits erledigter Verwaltungsakt rechtswidrig war.

Ja, in der Tat!

Die Fortsetzungsfeststellungsklage kann als "verlängerte Anfechtungsklage" gesehen werden. Ihre Statthaftigkeit setzt voraus, dass der Kläger einen zunächst wirksamen Verwaltungsakt angefochten hat und dieser sich noch vor Schluss der mündlichen Verhandlung erledigt hat (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO). Mit Erledigung des Verwaltungsakts fällt grundsätzlich die Beschwer des Klägers weg. Allerdings kann es in manchen Fällen sinnvoll und gerechtfertigt sein, die Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Verwaltungsakts i.R.e. Fortsetzungsfeststellungsklage feststellen zu lassen. Ob der Kläger ein "berechtigtes Interesse" an der Feststellung hat, musst Du erst i.R.d. Rechtsschutzbedürfnisses diskutieren.
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2. N wollte durch seine Klage erreichen, dass As Sondergenehmigung aufgehoben wird. Statthaft war zunächst die Anfechtungsklage.

Ja!

Die Anfechtungsklage ist statthaft, wenn das Klagebegehren auf die Aufhebung eines Verwaltungsakts gerichtet ist (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO). N will, dass A nicht mehr ihren Fisch vor dem Haus verkaufen kann. Der Verkauf wird A durch die Sondernutzungserlaubnis gestattet. N muss also gegen die Sondernutzungserlaubnis (= Verwaltungsakt) vorgehen. Wird diese aufgehoben, darf A nicht mehr vor dem Haus verkaufen. Es ist immer erstmal davon auszugehen, dass der Adressat einer Erlaubnis die erlaubte Handlung unterlässt, sobald die Erlaubnis wegfällt. Erst, wenn er das im zweiten Schritt nicht tut, ist an weitere Maßnahmen zu denken.

3. Die Sondernutzungserlaubnis ist auch am 05.01.2022 noch wirksam.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Verwaltungsakt kann sich durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigen (vgl. § 43 Abs. 2 VwVfG). Eine Erledigung durch Zeitablauf kann aufgrund spezialgesetzlicher Regelungen eintreten (siehe z.B. § 20 Abs. 3 S. 5 LuftVG) oder sich aus dem Regelungsgehalt des Verwaltungsakts selbst ergeben. Wenn ein Verwaltungsakt befristet (§ 36 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG) oder auflösend bedingt (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG) ist, erledigt sich dieser, wenn die Frist abgelaufen oder die auflösende Bedingung eingetreten ist. Die Sondernutzungserlaubnis war befristet bis zum 22.12.2021. Sie hat sich mit Ablauf des 22.12.2021 erledigt, entfaltet am 05.01.2022 also keine Rechtswirkung mehr.

4. N kann einen Antrag auf Aufrechterhaltung der Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage stellen.

Ja, in der Tat!

Hat sich ein angefochtener Verwaltungsakt vor Schluss der mündlichen Verhandlung erledigt, kann das Gericht auf Antrag des Klägers die Rechtswidrigkeit des ursprünglich wirksamen Verwaltungsakts feststellen (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO). Die von N angefochtene Sondernutzungserlaubnis der A hat sich durch Zeitablauf erledigt bevor die mündliche Verhandlung abgeschlossen war. N kann einen Antrag darauf stellen, die ursprünglich statthafte Anfechtungsklage als Fortsetzungsfeststellungsklage fortzusetzen. Ist bereits bei Klageerhebung vorhersehbar, dass sich der Verwaltungsakt erledigen wird, kann auch direkt ein Hilfsantrag auf Fortsetzungsfeststellungsklage gestellt werden.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

EVA

evanici

4.9.2023, 11:29:16

Ist es für die FFK wirklich erforderlich, dass der Kläger einen wirksamen VA vorher angefochten hat? An früherer Stelle hießt es, glaube ich, dass die FFK (auch) statthaft ist, wenn sich ein belastender VA erledigt hat, bevor der Kläger gegen diesen AK erheben konnte.

BEEPB

BeepBoop

21.9.2023, 16:41:43

Genau, in letzterem Fall (= Erledigung vor Klageerhebung) ist es nach h.M. dann die FFK analog.


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