+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
D veräußert ein Grundstück an A, welches mit einer Eigentümergrundschuld zugunsten von D belastet ist. Dann tritt D die Grundschuld unentgeltlich an Z ab. Z verlangt von A Zahlung des Grundschuldbetrags. A erklärt gegenüber Z die Aufrechnung mit einer Forderung, die er gegen D hat.
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Einordnung des Falls
Abtretung einer Grundschuld durch Grundschuldgläubiger keine Verfügung eines Nichtberechtigten (§ 816 Abs. 1 S. 2 BGB)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Z kann von A Zahlung aus §§ 1192 Abs. 1, 1147 BGB verlangen, wenn die Aufrechnung nicht durchgreift.
Nein!
Die über § 1192 Abs. 1 BGB anwendbare Anspruchsgrundlage des § 1147 BGB gewährt dem Gläubiger der Grundschuld ein Recht, die Duldung der Zwangsvollstreckung in das belastete Grundstück zu verlangen. Sie gewährt aber keinen unmittelbaren Zahlungsanspruch!
Möglicher Obersatz in der Klausur: Z könnte gegen A einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus §§ 1192 Abs. 1, 1147 BGB haben.
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2. A ist als Eigentümer des Grundstücks berechtigt, den Gläubiger des Grundpfandrechts Z zu befriedigen, um eine Vollstreckung in sein Grundstück abzuwehren.
Genau, so ist das!
Das Befriedigungsrecht des Eigentümers ergibt sich aus § 1142 BGB. Dessen Absatz 1 ermöglicht die unmittelbare Ablösung, während Abs. 2 die Ablösung durch Hinterlegung oder Aufrechnung normiert. Hintergrund: In der Regel besichern Grundpfandrechte schuldrechtliche Verbindlichkeiten. Wenn der Grundstückseigentümer einem Dritten eine Grundschuld bestellt, um die Verbindlichkeit eines Dritten zu besichern, soll ihm mit diesem Befriedigungsrecht eine Möglichkeit gewährt werden, den Gläubiger aus seinem Vermögen zu befriedigen und die Zwangsvollstreckung abzuwenden. Die Norm ist lex specialis zu § 267 BGB (Rohe, in: BeckOK BGB, 48 Ed. § 1142, RdNr. 1).
3. Der Schuldner kann eine Forderung auch gegenüber dem neuen Gläubiger aufrechnen, wenn dieser die Forderung abgetreten bekommen hat vom ursprünglichen Gläubiger.
Ja, in der Tat!
Dies stellt eine Ausnahme von der Tatbestandsvoraussetzung der Gegenseitigkeit dar, deren Voraussetzungen in § 406 BGB normiert sind. Ratio der Vorschrift ist es, dem Schuldner die einmal gegenüber dem Gläubiger eingetretene Aufrechnungslage zu erhalten (Rohe, in: BeckOK BGB, 48. Ed, § 406 RdNr. 1). Deshalb sieht § 406 BGB auch zwei Ausnahmen vor: (1) Der Schuldner kann nicht aufrechnen, wenn er beim Erwerb seiner Forderung (= Haupt- oder Passivforderung) von der Abtretung Kenntnis hatte. Dann war ihm ja bekannt, dass eine Aufrechnung nicht in Betracht kommt. (2) Wenn die eigene Forderung nach Kenntnis von der Abtretung und später als die abgetretene Forderung fällig wurde. Auch dann besteht kein vertrauenswürdiger Schutz, weil eine Aufrechnung nur gegen eine fällige Gegenforderung möglich ist. Weil die Gegenforderung nicht fällig war, musste der Schuldner mit einer Inanspruchnahme ohne Möglichkeit der Verteidigung durch Aufrechnung rechnen.
4. Kann der Schuldner einer Forderung auch dann gegenüber dem neuen Gläubiger aufrechnen, wenn auf eine Grundschuld geleistet wird?
Nein!
Im Hypothekenrecht schließt § 1156 S. 1 BGB die Anwendung der §§ 406ff. auf die Hypothek(!) (nicht aber auf die Forderung!) aus (vgl. Wortlaut „(...)in Ansehung der Hypothek“). Über §1192 Abs. 1 BGB ist diese Norm auch auf die Grundschuld anwendbar. Denn § 1156 S. 1 BGB setze nicht zwangsläufig das Bestehen einer Forderung voraus (BGH, RdNr. 9). Daher kommt eine Aufrechnung des Grundstückseigentümers nicht in Betracht.
5. Ist vorliegend aufgrund der Wertung des § 816 Abs. 1 S. 2 BGB von der Anwendbarkeit des § 1156 S. 1 BGB eine Ausnahme zu machen, weil die Grundschuld ohne Gegenleistung abgetreten wurde?
Nein, das ist nicht der Fall!
Zwar wird in der Literatur vertreten, § 816 Abs. 1 S. 2 BGB schließe im Falle der unentgeltlichen Übertragung der Grundschuld die Anwendung des § 1156 S. 1 BGB aus und ermögliche die Aufrechnung gemäß § 406 BGB gegenüber dem ursprünglichen Gläubiger. BGH: Dagegen sprächen folgende Gründe: § 816 Abs. 1 S. 2 BGB schütze den Rechteinhaber vor Verlust durch Verfügung eines Dritten. §§ 1156 S. 1 BGB hingegen schütze das Vertrauen des Zessionars (Z) der Grundschuld, diese durch Rechtsgeschäfte zwischen Zedent und Schuldner zu verlieren. § 1156 S. 1 BGB enthalte die Wertung, wonach der Schutz des Zessionars dem Schutz des Schuldners vorgeht. Der Schuldner erleide dadurch – anders als im Fall des § 816 Abs. 1 S. 2 BGB – auch keinen Nachteil, weil ihm seine Rechte gegenüber dem Zedenten (D) erhalten bleiben (BGH, RdNr. 14).