Gutgläubiger Zweiterwerb der Briefgrundschuld
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
E überträgt G formwirksam eine tatsächlich nicht bestehende Briefgrundschuld. Im Grundbuch bleibt E als Gläubiger eingetragen. G weiß, dass die Briefgrundschuld nicht besteht. Trotzdem überträgt G die Grundschuld an I und übergibt den Grundschuldbrief. G ist durch öffentlich beglaubigte Abtretungserklärungen als Grundschuldgläubiger legitimiert.
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Einordnung des Falls
Gutgläubiger Zweiterwerb der Briefgrundschuld
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. I hat die Grundschuld nach § 1192 Abs. 1, 1154 Abs. 1, 398ff. BGB erworben.
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. Das BGB kennt die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs der Briefgrundschuld.
Genau, so ist das!
3. I Hat die Briefgrundschuld nach §§ 1192 Abs. 1, 1155, 398ff. BGB erworben.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Ben
1.8.2022, 09:38:07
Lukas_Mengestu
1.8.2022, 09:58:03
Hallo Ben, herzlich willkommen im Forum und vielen Dank für Deine Nachfrage. Im vorliegenden Fall spielt § 1154 Abs. 3 BGB keine Rolle, da sich dieser allein auf die Situation bezieht, dass es keinen Hypotheken/Grundschuldbrief gibt, sondern eine reine Buchhypothek/-grundschuld besteht. Dass § 1154 BGB aber insgesamt auch auf die Grundschuld anwendbar ist, obwohl die Norm nur von der Abtretung der Forderung spricht, ergibt sich aus dem Verweis in § 1192 Abs. 1 BGB. Trotz des Wortlauts setzt § 1154 BGB keine Akzessorietät voraus (anders als zB §§ 1137-1139) und ist damit nicht hypothekentypisch. Aus diesem Grund wird die Norm auch auf die Grundschuld angewandt. Statt der Forderung wird indes die Grundschuld abgetreten (vgl. MüKoBGB/Lieder, 8. Aufl. 2020, BGB § 1154 Rn. 51; § 1192 RdNr. 3f.). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Ben
1.8.2022, 12:50:34
Ich finde wirklich den gesamten Abschnitt 7 über Grundschulden sehr gekünstelt. Kann mir die strikte Anwendung in der Praxis nur sehr schwer vorstellen, wenn es z.B. um einen "senilen Opa" geht (der geschäftsunfähig ist), der sich irgendeine Grundschuld oder Hypothek hat aufdrücken lassen, die dann gutgläubig weiterveräußert wird. Mich interessiert die Rechtsprechung dazu, habe aber momentan keine Zeit mich dazu zu belesen, weil ich diese Woche 4 Klausuren schreibe. Jedenfalls vielen Dank für die Antwort.
Ben
1.8.2022, 12:52:17
Verstehe natürlich dass es hier nur um die sachenrechtliche Ebene geht, aber eventuelle Ansprüche, die einen dann gegen den finanziellen Ruin verteidigen könnten, sind ja unter Umständen auch schwer durchsetzbar wenn es um die Beweislast usw. geht.
Nils
13.7.2023, 14:17:12
Juratiopharm
9.11.2023, 15:06:10
Er kann die
Duldungder Zwangsvollstreckung verlangen, wobei dem Eigentümer ein Anspruch aus § 280 I gegen G zusteht.
Nocebo
21.7.2024, 14:52:45
In der §§-Kette fehlt § 892 BGB, auf den § 1
155 BGBja lediglich verweist. Erst dieser regelt selbst den gutgläubigen Erwerb.
LS2024
28.8.2024, 11:24:18
Und müsste nicht auch noch § 1154 BGB genannt werden? Die Form des § 1154 BGB muss ja auch beim gutgläubigen Erwerb eingehalten werden. Genauso bedarf es auch einer Übergabe des
Hypothekenbriefs, was im Schema in der Aufgabe glaube ich gar nicht angesprochen wird.
Megx
19.11.2024, 11:47:59
Wie ist der erste Satz dieses Sachverhalts zu verstehen? Ich dachte durch formwirksame Übertragung der eigentlich nicht bestehenden GS erwirbt G gutgläubig die GS, aber im folgenden wird er als Nichtberechtigter bezeichnet. Was ist also genau passiert, als E die GS formwirksam an G übertragen hat? Hat er ihm nur den Brief gegeben? Ich verstehe das nicht 😭
Paulah
19.11.2024, 14:04:02
Formwirksam bedeutet nicht unbedingt rechtswirksam. G weiß, dass die
Briefgrundschuldnicht besteht und kann damit nicht gutgläubig erwerben.
Megx
19.11.2024, 17:23:36
Aber inwiefern wurde die GS denn dann übertragen? Wenn der gutgläubige Erwerb ausscheidet, dann wurde ja nichts übertragen. 🙈
Paulah
19.11.2024, 22:49:22
Die
Briefgrundschulderlischt, wenn sie nur eine Forderung gesichert hat, die getilgt ist. E muss also jemandem einen Kredit gewährt haben, der abbezahlt wurde, trotzdem hat E hier noch den Brief gehabt. Er ist auch noch im Grundbuch als Gläubiger eingetragen. Der Schulder hat es also versäumt, eine Löschungsbewilligung vorzunehmen. Diesen Brief hat E dann an G übertragen. G ist aber dann Nichtberechtigter, weil er weiß, dass die Grundschuld nicht besteht und nicht gutgläubig erwerben konnte. Deshalb überträgt er die Grundschuld dann als Nichtberechtigter an den gutgläubigen I. Ich hoffe, das ist jetzt nicht strubbelig erklärt.
Megx
20.11.2024, 09:11:24
Ok also geht es im Kern erstmal um die Übertragung des Briefs. Ich glaube jetzt habe ich es kapiert, Dankeschön! :)