Strafrecht

BT 1: Totschlag, Mord, Körperverletzung u.a.

Tötung auf Verlangen, § 216 StGB

Tatherrschaft über den unmittelbar lebensbeendenden Akt (1)

Tatherrschaft über den unmittelbar lebensbeendenden Akt (1)

13. Juli 2025

7 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

O ist ab dem Hals abwärts völlig gelähmt und leidet an einer schmerzvollen chronischen Krankheit. Er will sich das Leben nehmen und bittet deshalb den T, ihn zu töten. T baut dem O eine Trinkvorrichtung mit Gift und verlässt dessen Wohnung. O nimmt das tödliche Gift aus der Vorrichtung eigenständig zu sich und stirbt.

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Einordnung des Falls

Tatherrschaft über den unmittelbar lebensbeendenden Akt (1)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat sich der "Tötung auf Verlangen" (§ 216 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der objektive Tatbestand des § 216 Abs. 1 StGB setzt voraus: Es muss (1) ein anderer Menschen getötet worden sein, (2) der Getötete muss ausdrücklich und ernstlich die Tötung verlangt haben und zudem muss (3) der Getötete den Täter zur Tötung bestimmt haben. (Mittelbarer) Täter kann nur sein, wer täterschaftlich handelt, d.h. wer die Tatherrschaft innehat. Zur Abgrenzung zwischen täterschaftlicher Tötungshandlung und (strafloser) Beihilfe zum Suizid kommt es maßgeblich darauf an, wer die Tatherrschaft über den unmittelbar lebensbeendenden Akt hatte. O nahm das tödliche Gift selbst zu sich und hatte zu diesem Zeitpunkt die freie Entscheidung über sein Schicksal bzw. das "Ob" des Todes. O hat sich freiverantwortlich selbst getötet, wenn auch mit fremder Hilfe. Eine täterschaftliche Tötungshandlung des T liegt demnach nicht vor.
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2. T hat sich der Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB) zu der Tötung des O strafbar gemacht.

Nein, das trifft nicht zu!

Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB) setzt (1) eine vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat, (2) eine taugliche Teilnehmerhandlung (Hilfeleistung) und (3) den "doppelten Teilnehmervorsatz" (bezüglich der Haupttat und der Hilfeleistung) voraus, sowie (4) rechtswidriges und schuldhaftes Handeln des Hilfeleistenden. Hier fehlt es bereits an der Haupttat. § 212 Abs. 1 StGB stellt nach h.M. die Tötung eines "anderen" Menschen unter Strafe. Suizid ist nicht strafbar. Eine Teilnehmerstrafbarkeit des T scheidet ebenfalls aus. Es handelt sich lediglich um eine sogenannte "straflose Beihilfe zum Suizid".
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