Strafrecht
BT 1: Totschlag, Mord, Körperverletzung u.a.
Tötung auf Verlangen, § 216 StGB
Tatherrschaft über den unmittelbar lebensbeendenden Akt (1)
Tatherrschaft über den unmittelbar lebensbeendenden Akt (1)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
O ist ab dem Hals abwärts völlig gelähmt und leidet an einer schmerzvollen chronischen Krankheit. Er will sich das Leben nehmen und bittet deshalb den T, ihn zu töten. T baut dem O eine Trinkvorrichtung mit Gift und verlässt dessen Wohnung. O nimmt das tödliche Gift aus der Vorrichtung eigenständig zu sich und stirbt.
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Einordnung des Falls
Tatherrschaft über den unmittelbar lebensbeendenden Akt (1)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat sich der "Tötung auf Verlangen" (§ 216 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht.
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. T hat sich der Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB) zu der Tötung des O strafbar gemacht.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Machegenga
27.5.2021, 17:37:52
Ist dann also als erstes die Strafbarkeit des T gem. § 216, 25 I Alt.2 zu prüfen, da er die Tat ja offensichtlich nicht eigenhändig begeht?
Lukas_Mengestu
1.12.2021, 10:36:57
Hallo Machegenga, der Aufbau beim § 216 StGB ist etwas tricky. Dass O das Gift indes selbst einnimmt ist indes das entscheidende Abgrenzungskriterium zwischen der straflosen Beihilfe zum Suizid und der strafbaren Sterbehilfe. Auch wenn es soweit "offensichtlich" ist, dass die Tat nicht eigenhändig durch T erfolgt, ist es insoweit nicht zwingend notwendig § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB zu prüfen. Vielmehr genügt es bei der Tathandlung festzustellen, dass O hier noch die freie Entscheidung hatte und dann § 216 StGB abzulehnen (vgl. auch die Klausurlösung von Paul/Schubert, Medizinstrafrecht und AT - Gefahr im Spital, JuS 2013, 1007 - dort allerdings im Rahmen eines Versuchs.) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
ri
9.8.2021, 00:41:41
Wo prüfe ich hier die Tatherrschaft? Unter Tathandlung „töten“ oder bei der objektiven Zurechnung unter eigenverantwortlicher Selbstgefährdung?
Lukas_Mengestu
1.12.2021, 10:40:44
Hallo Ri, bereits bei der Tathandlung "töten" kannst Du hier die Abgrenzung zwischen der straflosen Beihilfe zur Selbsttötung und der strafbaren Fremdtötung ziehen und im Ergebnis dann § 216 StGB ablehnen (vgl. auch Paul/Schubert, Medizinstrafrecht und AT - Gefahr im Spital (Klausur), JuS 2013, 1007). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team