Öffentlich-rechtlicher Vollzugsbeseitigungsanspruch

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Stadt B erlässt gegenüber Immobilienhai H einen Bescheid, wonach die Geflüchtete G für 90 Tage in einer seiner Wohnungen untergebracht wird. Nach 90 Tagen hat B keine neue Unterbringung organisiert, sodass G in der Wohnung bleibt. H will, dass G auszieht.

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Einordnung des Falls

Öffentlich-rechtlicher Vollzugsbeseitigungsanspruch

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. H könnte einen öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch geltend machen.

Genau, so ist das!

Der öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch ist auf die Beseitigung der unmittelbaren rechtswidrigen Folgen öffentlich-rechtlichen Handelns gerichtet und damit auf die Wiederherstellung des ursprünglichen oder eines vergleichbaren Zustands. H möchte, dass die tatsächlichen Folgen der Unterbringung der G durch B in seiner Wohnung beseitigt werden. Sein Begehren richtet sich darauf, dass B den ursprünglichen Zustand dadurch wiederherstellt, dass sie für den Auszug der G sorgt. In der Praxis käme auch ein zivilrechtliches Vorgehen gegen G (Räumungsklage) in Betracht.
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2. In Betracht kommt hier der öffentlich-rechtliche Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch.

Ja, in der Tat!

Es wird zwischen dem allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruch und dem Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch unterschieden. Der Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch ist einschlägig, wenn es um die Beseitigung der Folgen des Vollzugs eines Verwaltungsakts geht. Der allgemeine Folgenbeseitigungsanspruch richtet sich auf die Beseitigung der Folgen von öffentlich-rechtlichem Handeln, das nicht in einem Verwaltungsakt besteht. Der Umstand, dass G in der Wohnung des H wohnt, ist durch den Vollzug eines Einweisungsbescheid gegenüber H entstanden. Es handelt sich um einen Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch.

3. Die materielle Herleitung des Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch unterscheidet sich von der des allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruchs.

Nein!

Der Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch ist lediglich ein spezieller öffentlich-rechtlicher Folgenbeseitigunsanspruch für die Fälle, in denen das hoheitliche Handeln in dem Vollzug eines Verwaltungsakts besteht. Als „Unterfall“ des allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruchs teilt der Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch die Herleitung des allgemeinen Anspruchs. Dieser wird mit dem Rechtsstatsprinzip, den Grundrechten oder aber einer analogen Anwendung der §§ 12, 862, 1004 BGB begründet. Die Unterscheidung zwischen Vollzugsfolgenbeseitigung und allgemeiner Folgenbeseitigung hat kaum Auswirkungen auf die Klausur. Du musst den Unterscheid deswegen auch nicht breit erklären, es reicht, wenn Du die Begrifflichkeiten richtig unterscheidest. Damit beweist Du Detailwissen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SAUFE

Saufen_Fetzt

20.2.2023, 10:39:52

Die Herleitung des (Vollzugs-)FBA unterscheidet sich also auch nicht von der des ör Abwehr- und Unterlassungsanspruchs?

SHE

Sherwien

20.9.2023, 18:26:46

Genau

CH

Christopher

2.4.2023, 15:16:20

Hallo, mir ist es hier gerade erst aufgefallen aber eigentlich gilt das für alle Bereiche. Statt zu fragen „ob“ dieser oder jener Anspruch (hier

Vollzugs FBA

) besteht, wo man nur mit Ja oder Nein antworten kann, wäre es glaub ich didaktisch zum lernen effektiver zu fragen welcher Anspruch in Frage kommt und dann halt eine Auswahl von verschiedenen Ansprüchen stellen. Das dürfte auch bei straftatbeständen und zivilrechtlichen Ansprüchen gehen. Nur mal so als Idee

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

3.4.2023, 09:33:40

Lieben Dank für die interessante Anregung! Die Einstiegsfrage dient häufig dazu, noch einmal die grundlegende Struktur und den Aufbau des Anspruchs zu erläutern. Wir überlegen aber gerne einmal, inwieweit wir dies noch in abgewandelter Form (zB MC) einleiten können :-) Beste Grüße, Lukas

kokapidis

kokapidis

11.9.2023, 11:59:04

Warum ist die Rechtsgrundlage nicht § 113 I 2 VwGO?

MAS

Max S

19.10.2023, 17:33:42

Hi Kokapidis, In § 113 I 2 VwGO ist nur die Art und Weise geregelt, wie der FBA durchgesetzt wird. Es wird zwar vorausgesetzt, dass es einen solchen gibt, um beschrieben, wie dieser geltend gemacht werden kann, allerdings fehlt es an den für RGL typischen Voraussetzungen/Tatbestandsmerkmalen. Daher eignet er sich dogmatisch nicht selbst als Grundlage.


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