Öffentliches Recht
Examensrelevante Rechtsprechung ÖR
Staatsorganisationsrecht
Wahl–O–Mat verfassungswidrig
Wahl–O–Mat verfassungswidrig
30. Mai 2025
8 Kommentare
4,6 ★ (23.230 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Der Wahl-O-Mat dient als Entscheidungshilfe für die anstehende Europawahl, indem er Antworten zu politischen Thesen auswertet. Dessen Mechanismus setzt voraus, dass Nutzer selbst maximal 8 (von 41) Parteien auswählen, mit denen sie ihre politischen Ansichten abgleichen wollen.
Diesen Fall lösen 65,7 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Wahl–O–Mat verfassungswidrig
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die neu gegründete V-Partei will sich noch vor der Europawahl dagegen wehren. Statthafte Antragsart ist die einstweilige Anordnung (§ 123 Abs. 1 S. 2 VwGO).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Anordnungsanspruch ergibt sich aus § 5 Abs. 1 PartG.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Art. 21 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG beinhaltet ein Recht der Parteien auf Chancengleichheit.
Ja, in der Tat!
4. Die Bundeszentrale für politische Bildung (BPB), eine nicht rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, ist als Betreiberin des Wahl-O-Mat an die Grundrechte sowie an Art. 21 GG gebunden.
Ja!
5. Der Anzeigemechanismus des Wahl-O-Mats beeinträchtigt das Recht der V-Partei auf Chancengleichheit, da er von vornherein kleinere und unbekanntere Parteien faktisch benachteiligt.
Genau, so ist das!
6. Die BPB kann sich im Rahmen der Rechtfertigung auf die sog. abgestufte Chancengleichheit berufen.
Nein, das trifft nicht zu!
7. Die Beeinträchtigung der Chancengleichheit ist gerechtfertigt, da die Nutzer sich nur „spielerisch“ informieren sollen und gerade nicht zu einer Entscheidung gezwungen werden.
Nein!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Phillip2005
22.10.2019, 07:45:50
Was wäre wenn der Angeklagte Einspruch erhebt mit der Begründung unzulässige beweis Vorführung

Wendelin Neubert
15.11.2019, 22:24:20
Hallo Phillip2005, ich verstehe deinen Kommentar nicht. Kann es sein, dass der zu einer anderen Aufgabe gemeint war? BG - Wendelin vom Jurafuchs Team
Philipp Paasch
8.8.2022, 23:54:54
Wahrscheinlich ja, wüsste ich aber auch gern.^^

Molesley
22.12.2019, 14:57:06
Hallo! Könnte mir jemand erklären, wie Art. 65 GG hier hineinspielt?

Vanessa io
30.12.2019, 17:55:29
Laut Urteil: Art. 65 GG normiert die Aufgabe der Bundesregierung zur Staatsleitung, mithin auch die Legitimation staatlichen Informationshandelns. Danach darf die Bundesregierung die Bürger mit Informationen zur Mitwirkung an der staatlichen Willensbildung versorgen und sich dazu die BPB unterhalten, die dann in den Bildungsauftrag eingebunden ist. Finde das ist Art. 65 GG ziemlich schwer zu entnehmen.

Molesley
30.12.2019, 18:07:17
Ich auch :) Vielen Dank für die Antwort!

Wendelin Neubert
3.1.2020, 17:50:38
Hallo Advovado und Philipp2005, vielen Dank für Eure Fragen und Anmerkungen. Das Bundesverfassungsgericht leitet aus Art. 65 GG in ständiger Rechtsprechung die sog. "Aufgabe der Staatsleitung" her. Nach der Rechtsprechung des BVerfG folgt daraus für staatliche Einrichtungen die Befugnis, sich im Rahmen ihrer Aufgaben informatorisch zu betätigen (sog.
staatliches Informationshandeln). Genau darauf bezieht sich das VG Köln, wenn es schreibt, dass die BPB ihren verfassungsrechtlichen Informationsauftrag aus Art. 65 GG erfüllt. Hoffe das hilft fürs Verständnis! Beste Grüße - Wendelin vom Jurafuchs-Team
Dogu
21.11.2024, 19:38:11
Mir wurde es in einer Klausur als falsch angestrichen, die Chancengleichheit in Wahlkampfzeiten aus Art. 21 iVm 3 GG herzuleiten. Vielmehr sei im Wahlkampf Art. 21 Abs. 1 i.V.m. dem Grundsatz der
Gleichheit der Wahldes Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG heranzuziehen. Ist hier trotzdem Art. 21 iVm 3 GG einschlägig, weil es sich um das Europaparlament und nicht den Bundestag handelt?