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Klassisches Klausurproblem

Studentin A hat in einer StPO-Klausur unter ihrer Matrikelnummer eine Klausur geschrieben, aber etwas Wichtiges vergessen. Da sie am Lehrstuhl des Professors als Hilfskraft tätig ist, gelangt sie an ihre Klausur und ergänzt diese. Staatsanwältin S ist mit einer Literaturansicht der Überzeugung, dass die nachträgliche Verfälschung einer Urkunde durch ihren Aussteller entgegen der ständigen Rechtsprechung des BGH (BGHSt 13, 382) nicht strafbar ist.

Einordnung des Falls

Bindung der StA an Rspr 1

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S muss entgegen ihrer Rechtsauffassung wegen Urkundenfälschung anklagen.

Ja!

Nach hM ist die Staatsanwaltschaft grundsätzlich an eine feste höchstrichterliche Rechtsprechung gebunden. Denn anderenfalls sind die Einheitlichkeit der Rechtsanwendung (vgl. § 121 Abs. 2 GVG) und die Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 3 Abs. 1 GG) gefährdet. Zudem würde die Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG) beeinträchtigt, da die Frage, ob ein Verhalten strafbar ist, dann nicht mehr von der Rechtsprechung (Art. 92 GG, Judikative), sondern von der Rechtsansicht der jeweiligen Anklagebehörde (Exekutive) abhinge. Im Übrigen kann die Staatsanwaltschaft auch bei Bejahung der Bindungswirkung in der Hauptverhandlung ohne Weiteres Freispruch beantragen oder über die Rechtsmitteleinlegung eine Rechtsprechungsänderung versuchen zu bewirken. S hat daher aufgrund des Legalitätsprinzips Anklage zu erheben.

2. S macht sich strafbar, wenn sie A nicht anklagt

Genau, so ist das!

Verstößt die Staatsanwältin gegen ihre Verfolgungspflicht, kann sie sich wegen Strafvereitelung im Amt durch Unterlassen strafbar machen (§§ 258a, 13 StGB). So wird die prozessuale Legalitätspflicht materiellrechtlich durch § 258a StGB abgesichert.

3. Der Leitende Oberstaatsanwalt O könnte S zur Anklageerhebung anweisen.

Ja, in der Tat!

Die Staatsanwaltschaft ist eine Behörde und untersteht dem Landesjustizminister. Justizminister und die Behördenleiter sind berechtigt, ihren Beamten dienstliche Anweisungen zu geben, denen diese nachkommen müssen, sofern die Weisung nicht das Legalitätsprinzip verletzt (§§ 146, 147 GVG, Weisungsrecht). Behördenleiter ist am OLG der Generalstaatsanwalt, am LG der leitende Oberstaatsanwalt. Als Leitender Oberstaatsanwalt hat O ein Weisungsrecht.

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Im🍑nderabilie

Im🍑nderabilie

4.1.2023, 15:17:28

Wann ist der maßgebliche Zeitpunkt für eine Strafvereitelung im Amt durch Unterlassen? Bei Kenntnisnahme wäre ja eigentlich zu früh, dann würde ja auch eine etwaige Weisung zu spät kommen..

PAT

Patrick4219

12.7.2024, 23:10:56

Ich hab mir etwas schwer getan mit der Antwort auf die Frage, ob sich S strafbar macht, wenn er keine Klage erhebt. S hätte ja durchaus die Möglichkeit je nach Einzelfall eine Opportunitätsentscheidung zu treffen und nach § 153 StPO das Verfahren einzustellen.


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