Strafrecht
Examensrelevante Rechtsprechung SR
Allgemeiner Teil
Einflussnahme auf Strafunmündigen – Anstiftung und mittelbare Täterschaft
Einflussnahme auf Strafunmündigen – Anstiftung und mittelbare Täterschaft
24. Mai 2025
23 Kommentare
4,8 ★ (37.662 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T fordert seinen 13-jährigen Neffen N auf, Ns Mutter M mit einem Messer im Schlaf zu töten. T sagt zu N: „Ich würde dafür ins Gefängnis kommen, du nicht.“ T lässt offen, wann N die Tat begehen soll. T weiß, dass N erst in einigen Tagen wieder bei M sein wird. N tut nur so, als wolle er Ts Aufforderung nachkommen.
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Einordnung des Falls
Einflussnahme auf Strafunmündigen – Anstiftung und mittelbare Täterschaft
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 11 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T könnte sich wegen versuchten Totschlags in mittelbarer Täterschaft strafbar gemacht haben (§§ 212, 22 Abs. 1, 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB). Liegen die Voraussetzungen der Vorprüfung des Versuchs vor?
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Um eine mittelbare Täterschaft zu bejahen, müsste sich Ts Tatentschluss darauf beziehen, N als Tatmittler einzusetzen.
Genau, so ist das!
3. Man muss die (mittelbare) Täterschaft (§ 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB) regelmäßig von der Teilnahme an einer Straftat (§§ 26, 27 StGB) abgrenzen. Gibt es hierzu nur eine einzige Theorie?
Nein, das trifft nicht zu!
4. Nach einer Ansicht in der Lit. führt das bewusste Ausnutzen der Schuldunfähigkeit des Vordermanns immer zu einer rechtlichen Tatherrschaft des Hintermanns und damit stets zu mittelbarer Täterschaft.
Ja!
5. Auch nach der Rspr. führt ein Strafbarkeitsmangel des Vordermannes automatisch zur mittelbaren Täterschaft des Hintermannes.
Nein, das ist nicht der Fall!
6. Nach einem anderen Teil der Literatur begründe aber der Normzweck des § 19 StGB, dass jedenfalls dann, wenn der Vordermann ein Kind ist, stets mittelbare Täterschaft vorliege.
Ja, in der Tat!
7. Auch nach Auffassung des BGH spricht die Gesetzessystematik und der gesetzgeberische Wille dafür, jedenfalls bei strafunmündigen Kindern stets von einer mittelbaren Täterschaft auszugehen.
Nein!
8. Weil T gegenüber N deutlich machte, dass er ihn zu einer Straftat aufforderte und N das Unrecht begriff, hatte T nach Auffassung des BGH keinen Tatentschluss bezüglich der mittelbaren Täterschaft.
Genau, so ist das!
9. Als T auf N einwirkte, wusste T nicht, wann N wieder zu seiner Mutter kommen würde. Hat T trotzdem unmittelbar zur Tat angesetzt (§ 22 StGB)?
Nein, das trifft nicht zu!
10. Hat sich T des versuchten Totschlags in mittelbarer Täterschaft strafbar gemacht (§§ 212, 22 Abs. 1, 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB)?
Nein!
11. Nach der Wertung des BGH hat sich T aber der versuchten Anstiftung zum Totschlag strafbar gemacht (§§ 212, 30 Abs.1 StGB).
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Nedjem
19.4.2024, 15:28:16
Tolle Aufgabe! Kam heute in Berlin-Brandenburg in der S 1 Klausur dran

Lukas_Mengestu
22.4.2024, 13:16:31
Top, danke für die Meldung!
Blackiel
16.10.2024, 15:24:15
@[Lukas_Mengestu](136780) Hier fehlt noch die Kennzeichnung als Examenstreffer, oder? Dies wäre nicht nur bei den Übungsaufgaben, sondern auch bei der aktuellen Rechtsprechung zur Übersicht hilfreich. LG :)
Madmen
19.4.2024, 18:26:20
Seit wann gibt es den Fall hier?

Charliefux
19.4.2024, 22:51:28
Der wurde neu hinzugefügt. Seit heute erst.

Gigachad1
20.4.2024, 01:09:11
Kam fast genauso in Berlin heute im Examen. Schade

Nedjem
20.4.2024, 09:57:53
Ja, das wäre hilfreich gewesen; die Aufmachung hier ist schon gut. Ich kann dir juraexamen.info empfehlen; die haben gute Beiträge. Dieser Fall wurde dort Anfang Januar besprochen.

Lukas_Mengestu
22.4.2024, 13:16:18
Ah, too bad! Nächstes Mal sind wir einen Tick schneller! Hoffe, euch ist die Klausur dennoch gut geglückt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Gigachad1
22.4.2024, 18:45:14
brrrap
15.6.2024, 11:11:57
Die Frage zum unmittelbaren Ansetzen ist etwas irritierend, weil nicht hervorgeht um welchen Zeitpunkt es geht. Ich wäre auf Basis des Sachverhalts davon ausgegangen, dass das Kind schon wieder zur Mutter gelangt ist und hätte da ein
unmittelbares Ansetzendurchaus für vertretbar gehalten. In der Antwort wird dann aber klar, dass es um die Frage geht, ob mit der Einwirkung auf das Kind schon unmittelbar angesetzt wurde. Das sollte mMn in der Frage ein bisschen deutlicher gemacht werden.

Linne_Karlotta_
29.7.2024, 14:49:42
Hallo @[brrrap](243770), danke für deinen Input. Ich habe die entsprechende Antwort etwas verändert, sodass man besser versteht, welcher Zeitpunkt gemeint ist. Viele Grüße - Linne, für das Jurafuchs-Team

IudexNonCalculat
1.8.2024, 16:47:40
@[Linne_Karlotta_](243622) Ist hierbei evtl. die korrekte Antwort vertauscht worden? Bei Frage 9 (... "Hätte T trotzdem unmittelbar zur Tat angesetzt?") ist bei mir aktuell die korrekte Antwort: Ja, diese Aussage stimmt. Allerdings wird dann auch in dem Klausurhinweis und der Subsumtion richtiger Weise festgestellt, dass T hier gerade noch NICHT unmittelbar zur Tat angesetzt hat. Dies ja deswegen, weil T sich gerade nicht vorstellt, dass N die Tötungshandlung in einem engen zeitlichen Zusammenhang vornehmen wird. Stattdessen war es ihm ungewiss, wann N zurück zur M kommt und die Tat somit (potentiell) begehen würde.

Linne_Karlotta_
1.8.2024, 18:19:10
@[Iudex non calculat](160073) Danke für den Hinweis, das war in der Tat ein technischer Fehler, der jetzt behoben ist. :) Viele Grüße - Linne
Erik_1995
5.5.2025, 15:15:29
@[Linne_Karlotta_](243622) War hier der Erfolgseintritt nicht innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes (vier Tage) Gewiss? Oder ist die modifizierte Entlassungsformel der Rechtsprechung objektiv zu beurteilen und da N nur vorgab M töten zu wollen sagt man T hat mangels zu erwartenden Erfolgseintritts nicht unmittelbar angesetzt?
Vanilla Latte
20.4.2025, 20:37:26
Wo spreche ich die 3 neuen Theorien an? 1. Die normalen Theorien zur Abgrenzung: subj. Theorie, Tatherrschaftslehre usw 2. Und dann im Rahmen der tatherrschaftslehre? oder als neuer eigener Abschnitt? subsumiere ich vorher unter die anderen Theorien?