Einführung: Grundsätzlicher Beurteilungszeitpunkt (str.)
15. Juli 2025
5 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Behörde B erteilt K im Dezember 2024 eine Baugenehmigung, obwohl Ks Bauvorhaben nicht mit dem Bebauungsplan im Einklang steht. Nachbar N klagt fristgemäß dagegen. Im April 2025, noch bevor das Gericht entschieden hat, wird der Bebauungsplan so geändert, dass das Bauvorhaben nun rechtmäßig ist.
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Einordnung des Falls
Einführung: Grundsätzlicher Beurteilungszeitpunkt (str.)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. N fragt sich, ob seine zulässige Anfechtungsklage Erfolg haben wird. Kann es dafür entscheidend sein, auf welchen Zeitpunkt zwischen Dezember 2024 und April 2025 das Gericht abstellt?
Ja, in der Tat!
2. Der Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts ist strittig. Ist ein möglicher Anknüpfungspunkt der Zeitpunkt der letzten behördlichen Handlung (hier: Dezember 2024)?
Ja!
3. Stellt man hier auf den Zeitpunkt der letzten behördlichen Handlung ab, ist die Baugenehmigung rechtmäßig und die Klage unbegründet.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Stellt man den Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung ab, würde das Gericht die Baugenehmigung aufheben. Müsste die Behörde einen erneuten Antrag des K positiv bescheiden?
Ja, in der Tat!
5. Nach der wohl h.M. kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht an. War die Baugenehmigung zu diesem Zeitpunkt rechtswidrig?
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Leo123!
21.5.2025, 00:03:20
Wo ist die hiesige Problematik in einer Klausur zu verorten? Im Prüfungspunkt “
statthafte Klageart“?
Linder
26.5.2025, 21:52:50
Ich glaube es wäre im Rahmen der
Begründetheitvorab anzusprechen, auf welchen Zeitpunkt man abstellt, um dann die
Begründetheitam danach geltenden Recht zu messen. Die Klageart bestimmt natürlich, ob man diesen Streit eröffnet, aber erheblich ist der Streit mE nur für die
Begründetheit😊

Scofield
25.6.2025, 11:41:52
Welche Argumente sprechen für die h.M.? Ich kam auf das Argument der Heilungsmöglichkeit, die nicht umgangen werden darf.

Major Tom(as)
25.6.2025, 14:21:21
Vielleicht Art. 20 III GG? Das Gericht ist „an Gesetz und Recht gebunden“, wenn es entscheidet. „Gesetz und Recht“ ist dabei nach allgemeinem Verständnis das aktuell geltende „Gesetz und Recht“ – mithin muss es, damit die Richter ihrer Pflicht nachkommen können, auf die Geltung bei der Entscheidung ankommen. (Sonst würde die Entscheidung in unserem Fall ja auch in Art. 14 I GG des Bauherren eingreifen, es liegt gerade keine Schranke vor, die den Eingriff rechtfertigt) Außerdem als bisschen "special Baurecht“- Argument § 214 IV BauGB, der anordnet, dass für die Rechtmäßigkei eines FNPs/ einer BauGB-Satzung gerade die "Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung" maßgeblich ist. (ist natürlich primär im Rahmen des
§ 47 VwGOrelevant, aber trotzdem gilt) Damit es sinnvoll ist, das als Ausnahme zu normieren, muss grds. eine andere Rechtslage maßgeblich sein. Waren jetzt nur meine Ideen - aber vllt überzeugt dich ja was😊 (Außerdem finde ich das Argument im Hinweiskasten zum Sinn und Zweck des Verfahrens eigentlich stark)
leon.
25.6.2025, 22:12:04
Wie wäre es im umgekehrten Fall?: Zum Zeitpunkt des Erlasses des VA ist dieser noch rechtmäßig. Nun ändert sich die Rechtslage, sodass der VA bei einer Neubescheidung nicht mehr rechtmäßig ist und der Nachbar erhebt Klage. Müsste nicht dann aber auf den Zeitpunkt der letzten behördlichen Handlung abgestellt werden?