Strafrecht
Strafrecht Allgemeiner Teil
Täterschaft und Teilnahme
Strafmodifizierende besondere persönlichen Merkmale
Strafmodifizierende besondere persönlichen Merkmale
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Der todkranke O will sein Leben beenden und bittet ernsthaft und ausdrücklich um Sterbehilfe. Seine Schwester S wollte ihn sowieso töten, um ihn nicht mehr besuchen zu müssen. Sie bittet Ärztin A vergeblich, das Leben des O nach dessen Wunsch zu beenden. A lehnt entschieden ab.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Strafmodifizierende besondere persönlichen Merkmale
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 9 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Hat S sich der Anstiftung zum Totschlag strafbar gemacht, indem sie versuchte, A zu überreden, O zu töten (§§ 212 Abs. 1, 26 StGB)?
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. O hat ernsthaft und ausdrücklich um aktive Sterbehilfe gebeten. Wäre die Anstiftung erfolgreich gewesen, so wäre S deswegen nur nach §§ 216 Abs. 1, 26 StGB zu bestrafen gewesen.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Hätte A sich nach § 216 Abs. 1 StGB strafbar gemacht, wenn sie O auf seinen Wunsch hin getötet hätte?
Ja, in der Tat!
4. Eine versuchte Anstiftung ist nur zu einem Verbrechen möglich (§ 30 Abs. 1 StGB).
Ja!
5. Sowohl Totschlag (§ 212 Abs. 1 StGB) als auch Tötung auf Verlangen (§ 216 Abs. 1 StGB) stellen Verbrechen dar.
Nein, das ist nicht der Fall!
6. Bei einer Anstiftung zu einem Verbrechen nach § 30 Abs. 1 StGB kommt es unstrittig darauf an, dass sich die Tat für den Anstiftenden als Verbrechen darstellt.
Nein, das trifft nicht zu!
7. Nach der Rechtsprechung hat sich S wegen versuchter Anstiftung zum Totschlag strafbar gemacht (§§ 212 Abs. 1, 30 Abs. 1 StGB).
Nein!
8. Nach der herrschenden Lehre hat sich S wegen versuchter Anstiftung zum Totschlag strafbar gemacht (§§ 212 Abs. 1, 30 Abs. 1 StGB).
Genau, so ist das!
9. Die beiden Ansichten kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Ein Streitentscheid ist damit nötig.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
FalkTG
6.4.2024, 11:27:33
Wie dargestellt setzt 216 ein sub. Element voraus, wie z.B. auch die inhaltlich sehr vergleichbare Einwilligung. Stellt sich bei 216 auch der Streit, ob a) Absicht oder nur
Vorsatznotwendig ist und b) bei fehlendem
Vorsatz/Absicht nur eine Strafbarkeit wegen Versuches im Raum steht?
jura🐈
6.10.2024, 21:09:04
Großes Lob an euch, dass ihr das Problem hier aufgenommen habt. Ich hatte davor in meiner ganzen "Jura-Karriere" nicht nicht davon gehört 😅
Linne_Karlotta_
11.10.2024, 08:17:42
Hallo jura🐈, vielen Dank für dein Lob! Deine positive Rückmeldung motiviert uns, weiterhin unser Bestes zu geben. Beste Grüße, Linne_Karlotta_, für das Jurafuchs-Team
G0d0fMischief
29.10.2024, 16:29:06
Hallo, Ihr habt geschrieben, dass wenn A durch O zur Tötung bestimmt worden wäre dies einen § 216 StGB darstellen würde. Das sehe ich genauso. Hier war es doch aber so, dass A allenfalls „mittelbar“ durch O bestimmt worden wäre. Ist denn eine mittelbare Bestimmung überhaupt ausreichend für § 216 StGB? Ich finde das etwas schwierig, weil der Wortlaut das m.E. nicht hergibt. Und verstehe ich es richtig, dass der BGH § 28 II StGB gar nicht auf § 30 I StGB anwendet?
GS99
13.11.2024, 15:22:05
Im Sachverhalt steht, dass Os Schwester (S) ihn töten wollte um ihn nicht mehr besuchen zu müssen und sie deshalb nicht durch seine Bitten zur Tat bestimmt worden ist. Es ist aber durchaus möglich, jemanden töten zu wollen, ohne fest dazu entschlossen zu sein, die Person tatsächlich umzubringen. Nur weil man abstrakt etwas möchte, heißt es nicht direkt, das man es tatsächlich machen wird. Verstehe ich etwas falsch oder müsste der Sachverhalt geändert werden?