Strafrecht
Strafrecht Allgemeiner Teil
Täterschaft und Teilnahme
Verbrechensverabredung auch ohne Haupttäter?
Verbrechensverabredung auch ohne Haupttäter?
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
L will seinen verhassten Nachbarn N töten oder so schwer verletzen lassen, dass er pflegebedürftig wird und aus seinem Haus ausziehen muss. L bittet H darum, ihm hierfür Kontakt zu einer Person zu vermitteln, die dies erledigen könne. L selbst soll aber letztlich den Auftrag erteilen. H macht sich auf die Suche.
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Einordnung des Falls
Verbrechensverabredung auch ohne Haupttäter?
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 9 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. L könnte sich wegen versuchter Anstiftung zum Totschlag strafbar gemacht haben, indem er H auf die Suche nach einem geeigneten Auftragstäter schickte, §§ 212 Abs. 1, 30 Abs. 1 StGB.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. L wäre auch mit einer schweren Verletzung des N einverstanden gewesen. Entfällt deshalb der Tatentschluss bezüglich des Totschlags?
Nein!
3. Hat L unmittelbar zur Tatausführung angesetzt?
Nein, das ist nicht der Fall!
4. L könnte sich aber wegen der Verabredung zur Anstiftung zum Totschlag strafbar gemacht haben, indem er H bat, mit ihm gemeinsam nach einem möglichen Täter zu suchen (§§ 212 Abs. 1, 30 Abs. 2 Var. 3 Alt. 2 StGB).
Ja, in der Tat!
5. L und H könnten sich zur Anstiftung zum Totschlag verabredet haben, als sie ausmachten, sich auf die Suche nach einem potenziellen Täter zu begeben.
Ja!
6. Muss die Tat, auf die sich die Verabredung bezieht, bereits in allen Einzelheiten bestimmt sein?
Nein, das ist nicht der Fall!
7. H und L hatten noch keinen mutmaßlichen Täter gefunden. Steht dies nach Ansicht des BGH einer Verbrechensverabredung entgegen?
Nein, das trifft nicht zu!
8. L hat sich auch wegen Verabredung zur Anstiftung zur schweren Körperverletzung strafbar gemacht, §§ 226 Abs. 1 Nr. 3 Var. 3, 30 Abs. 2 Var. 3 Alt. 2 StGB.
Ja!
9. Hat auch H sich wegen Verabredung zur Anstiftung zum Totschlag strafbar gemacht, § 212 Abs. 1, 30 Abs. 2 Var. 3 Alt. 2 StGB?
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Juju9
7.5.2024, 14:32:03
Ich finde den Sachverhalt etwas dünn, um bei H einen Anstiftungs- und Erfolgswillen anzunehmen und wäre hier eher von einer Beihilfe ausgegangen. Kann dazu jemand Stellung beziehen?
brrrap
15.6.2024, 12:01:54
Das war auch eigentlich mein erster Gedanke und das hat das LG Magdeburg in der Vorinstanz auch so gesehen. Der BGH hat die Annahme von geplantem mittäterschaftlichem Vorgehen mitunter darauf gestützt, dass sich der H das Anliegen von L "zu eigen" machte indem er aktiv die Vermittlung übernahm. Unter dem Gesichtspunkt, dass L selbst nicht wirklich geeignete Kontakte hat und die Vermittlungsrolle des H dadurch ziemlich entscheidend ist (auch wenn L natürlich selbst suchen konnte), finde ich dass dann auch schon vertretbar. Wenn man also darauf abstellt, dass es für L ohne den Beitrag von H wesentlich erschwert wäre, sein Vorhaben umzusetzen, dass also die Tat praktisch schon von diesem Beitrag abhängig ist, kann man eine funktionale Tatherrschaft des H und damit auch Mittäterschaft nach der Verabredung schon vertreten. Da der H halt auch über alles im Bilde war und trotzdem aktiv seinen Beitrag geleistet hat, finde ich dann auch jedenfalls dolus eventualis auch gut vertretbar.