Strafrecht
BT 4: Brandstiftungsdelikte
Brandstiftung, § 306 StGB
Brandstifung bei einem Buswartehäuschen (§ 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB)
Brandstifung bei einem Buswartehäuschen (§ 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB)
18. April 2025
21 Kommentare
4,7 ★ (16.513 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T zündet aus Langeweile im Buswartehäuschen an der B308 das dort in einem Mülleimer befindliche Papier an, um das Wartehäuschen abbrennen zu lassen. Zügig breiten sich die Flammen auf das gesamte Häuschen (geschlossene Holzbalkenkonstruktion mit Pultdach und breiter Türöffnung) aus.
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Einordnung des Falls
Brandstifung bei einem Buswartehäuschen (§ 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat sich wegen Brandstiftung (§ 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB) strafbar gemacht, wenn sie ein "fremdes Gebäude" oder eine "fremde Hütte" in Brand gesetzt hat.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Das Buswartehäuschen ist nach Auffassung des BayObLG eine "Hütte" (§ 306 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 StGB).
Nein, das trifft nicht zu!
3. Sieht man das Buswartehäuschen als Hütte an, ist es für T auch "fremd" (§ 306 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 StGB).
Ja!
4. Sieht man das Buswartehäuschen als Hütte an, hat T es auch "in Brand gesetzt" (§ 306 Abs. 1 StGB).
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Anna kowalewska
5.3.2020, 09:54:41
In der Antwort zu der Frage „stellt das Wartehäuschen eine Hütte dar“ werden auf einmal Informationen verarbeitet, die aus dem Sachverhalt nicht hervorgehen. Zum Beispiel dass die Hütte zu allen Seiten mit Holz verbaut ist und nur die Türöffnung frei ist.

Marilena
5.3.2020, 10:00:37
Hallo Anna, vielen Dank für den Hinweis! Ja, da gebe ich Dir recht. Auf der Illustration, die erscheinen wird, ist es zwar gut zu sehen, aber aus dem Sachverhalt geht das nicht hervor. Ich werde das ergänzen.

Vincent
10.12.2021, 12:47:00
Ich habe jetzt nicht ganz verstanden ob es eine Hütte ist. Nach hM nicht, aber dann kommen danach noch fragen zur Fremdheit oder dem
Inbrandsetzen- also doch fremd?

Lukas_Mengestu
10.12.2021, 13:19:13
Hallo Vincent, in der Tat kannst Du nach der herrschenden Meinung bereits bei der Prüfung des Tatbestandsmerkmals Hütte aussteigen. Stellst Du dagegen mit Radtke darauf ab, dass es sich bei dem Häuschen durchaus um eine Hütte handelt, so müsste man den Tatbestand natürlich weiterprüfen. Da auch die übrigen Merkmale des objektiven Tatbestandes erfüllt sind und sich bezgl. des
Vorsatzes,
Rechtswidrigkeitund Schuld auch keine Probleme ergeben, wäre somit hier die Strafbarkeit zu bejahen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Hugo
18.4.2023, 09:38:41
Ich bin ein wenig verwirrt: ABbschließen ist für mich ein Synonym zu VERschließen. Ist hier nicht eher das "UMschließen" gemeint?

Lukas_Mengestu
25.4.2023, 13:41:30
Hallo Hugo, das ist in der Tat eine Bedeutung. "Abgeschlossen" bedeutet allerdings auch, dass etwas in sich geschlossen ist und eine Einheit bildet. Diese Bedeutungsvariante ist hier gemeint. Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team
Hugo
8.5.2023, 07:07:15
Vielen Dank Lukas, jetzt ist es klar :-)

consul
31.8.2023, 18:05:38
Ich bin mir unsicher, ob die Tathandlungsvariante "durch eine
Brandlegungganz oder teilweise" nicht vielleicht sogar besser passt. Für das
Inbrandsetzenist erforderlich, dass ein für den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Objekts wesentlicher Teil brennen muss. Als solchen würde ich das Papier in dem Mülleimer des Wartehäuschens nicht qualifizieren. Ist hier einfach beides möglich?
Leo Lee
3.9.2023, 20:05:31
Hallo Consul, da
Inbrandsetzenund Zerstören durch „oder“ in einem Alternativverhältnis stehen, kannst du hier auch in der Tat argumentieren, dass (auch) die zweite Variante vorliegt. Beachte allerdings, dass die zweite Var. (die später hinzugefügt wurde, weil heutzutage ein lichterlohes Brennen aufgrund technologischer Fortschritte immer weniger vorkommen) vornehmlich diejenigen Fälle meint, wo ein Brandsatz OHNE ein Feuer zu verursachen, immer noch eine zerstörerische Wirkung entfaltet (Rauch, Gas, Verrußung usw.). Weil im vorliegenden Fall zwar erstmal nur der Mülleimer angezündet wurden, diese sich jedoch auf die Hütte ausgebreitet hat (die dann lichterloh gebrannt hat), wäre hier eher die erste Variante passender. Hierzu kann ich die Lektüre von Fischer StGB 69. Auflage, § 306 Rn. 14 f. empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

Amelie
4.6.2024, 16:52:30
Obwohl ich diese Beschreibung verstehe, leuchtet es mir nicht ein weshalb dieser Fall anders als der Gardinenfall in der Villa (eine vorherige Aufgabe von euch) behandelt wird?
Liese
5.6.2024, 17:21:06
Hey Amelie, der Unterschied liegt denke ich darin, dass im Fall mit der Gardine das Feuer nicht auf das Gebäude übergegriffen hat und deshalb keinen wesentlichen Teil des Gebäudes betroffen hat. Im vorliegenden Fall hat das Feuer jedoch vom Mülleimer auf das Bushäuschen übergegriffen und damit einen wesentlichen Teil der "Hütte" erfasst.
Viktoria6
13.7.2024, 15:41:11
Ich verstehe nicht ganz, wieso in der vorherigen Aufgabe der Jagdhochsitz als Hütte i.S.v. § 306 I Nr.1 Alt.2 StGB angenommen wird und ein Bushäuschen in diesem Fall hingegen nicht?
Leo Lee
14.7.2024, 11:16:26
Hallo Viktoria6, vielen Dank für die sehr gute Frage! Voran: Das Gegenteil ist sehr gut vertretbar (dies wird z.B. auch im MüKo vertreten, wie im Vertiefungshinweis erwähnt). Das BayObLG störte sich im hi
esigen Fall allen voran daran, dass die Hütte „offen“ war und nicht hinreichend abgeschlossen; dies dürfte bei einer Jagdhütte anders sein. Abgesehen davon: Beachte i.Ü. auch, dass ein „Widerspruch“ i.R.d. Rechtsprechung in DE nicht selten anzutreffen ist, da bei uns der Grundsatz „stare decisis“ (bedeutet, dass ein Fall immer gleich entschieden werden muss) wie bei den Amerikanern nicht existiert. Dies ist der Grund, weshalb „untere“ Gerichte (wie das BayObLG im Verhältnis zum BGH) Entscheidungen treffen können, die den Ansichten des BGHs z.B. entgegenstehen können. Ansonsten kann ich dir noch die Lektüre vom MüKo-StGB 4. Auflage, Radtke § 306 Rn. 26 sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
as.mzkw
8.1.2025, 11:41:36
Man hat lediglich eine 50/50-Chance die zweite Frage richtig zu beantworten, wenn man - wie ich bis dahin - die Rspr. des BayObLG nicht kennt. Welchen Lerneffekt soll eine solche Frage haben? Das ist doch dann bloßes Raten.

Linne_Karlotta_
8.1.2025, 18:01:34
Hey @[as.mzkw](244917), danke für den Hinweis. Wir sind ständig dabei, die Qualität unserer Aufgaben zu überprüfen und zu verbessern. Gerade bei älteren Aufgaben kann es einmal sein, dass die Didaktik noch nicht ganz ausgereift ist. Eure Hinweise sind für uns sehr wertvoll und helfen uns dabei, Jurafuchs noch besser zu machen! Wir schauen uns die Aufgabe hier gerne noch einmal an. Danke für Deine Geduld. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team

Kathi
9.4.2025, 18:10:28
Wie ist der Unterschied zu den Laubfall, wo die Tathandlung das Unterlassen des Übergreifens darstellte? Ist dieser Fall nicht ähnlich gelagert und sie hätte aus Ingerenz ein Übergreifen aufs Häuschen verhindern müssen?